Eine Frau fühlt sich von Boris Palmers Verhalten bedrängt und wirft ihm Nötigung vor. Der Oberbürgermeister von Tübingen dagegen sieht sich weiter im Recht.

Tübingen - Der Streit zwischen einem Studenten und Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) spitzt sich weiter zu. Am Mittwochabend zeigte eine Begleiterin des Studenten Palmer wegen Nötigung an. Das sagte ein Polizeisprecher in Reutlingen am Donnerstag. Demnach übernimmt nun die Kriminalpolizei die Ermittlungen. Dies sei ein normales Vorgehen, wenn ein Amtsträger involviert sei, sagte der Sprecher.

 

Mitte November war Palmer am späten Abend in der Tübinger Innenstadt mit dem Studenten aneinandergeraten. Dem Oberbürgermeister zufolge habe der Mann ihn beschimpft und sich zudem laut und aggressiv verhalten. Daraufhin habe er wegen Störung der Nachtruhe dessen Personalien aufnehmen wollen. Der 33-jährige Student gab an, dass Palmer ihm und seiner Begleiterin nachgelaufen sei und sie bedrängt habe. Nachdem er sich nicht habe ausweisen wollen, habe Palmer begonnen, sie zu fotografieren.

Boris Palmer reagiert gelassen

Die 32 Jahre alte Begleiterin sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag, sie habe sich mit dem Studenten vorab über die Anzeige abgestimmt. „Wenn das nicht Boris Palmer gewesen wäre, hätte ich schon an jenem Abend die Polizei gerufen.“ Für sie sei die Begegnung sehr aufwühlend und unangenehm gewesen. „Ich hätte ihn wegschubsen müssen, um mich der Situation zu entziehen.“

Palmer reagierte gelassen auf die Anzeige der Frau. Ihm zufolge beruhe sie auf einer falschen Einschätzung der Rechtslage. Anders als bei einer Privatperson hätten der Student und seine Begleiterin sich ihm gegenüber ausweisen müssen, denn er sei Chef des kommunalen Ordnungsdienstes, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Ich hätte sogar körperlichen Zwang einsetzen dürfen, worauf ich natürlich verzichtet habe.“

Jurist gibt Oberbürgermeister Recht

Jurist Jürgen Fleckenstein sieht Palmer im Recht. „Ein Bürgermeister ist Leiter der Ortspolizeibehörde“, sagte der Professor für Kommunalrecht von der Hochschule Kehl Anfang der Woche. Bei Verstößen gegen die Normen dürfe die Polizei die erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Identität von Beteiligten festzustellen. Auch Fotos zu machen sei in diesem Zusammenhang möglich, sagte Fleckenstein weiter. Palmer dafür wegen Nötigung zu belangen, halte er für extrem schwierig. Diese Stellungnahme kritisiert die Tübinger Studentenvertretung Asta. Die Äußerung des Studenten sei keine Schmähkritik und damit keine Beleidigung, daher hätte Palmer nicht dessen Ausweis verlangen dürfen.

Den Fall hat Palmer seinerseits ans Ordnungsamt übergeben. Wegen Ruhestörung und der Weigerung, sich auszuweisen, soll der Student ein Bußgeld bezahlen.