Eine Tagung im Rathaus geht der Frage nach, wie das Miteinander in Quartieren besser werden kann.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Irgendwie suchen wir doch alle das Glück“, sagte Veronika Kienzle, Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, zu Beginn der Tagung „Glück im Quartier – das gesellschaftliche Miteinander in lokalen Räumen gestalten“ der Stadt Stuttgart und der Rudolf und Hermann Schmid Stiftung. Klar ist für sie: „Die Keimzelle des Glücks ist das Quartier.“

 

Doch was genau macht Menschen in ihrem Quartier glücklich? Im Vorfeld der Tagung haben sich Carola Hägele und ihr Team vom Generationenhaus Heslach bei den Menschen im Viertel umgehört. Die Antworten: Die Nachbarn persönlich zu kennen, einfach mal klingeln können, Kinderlachen in der Nachbarschaft. Damit ein enges Netzwerk unter Nachbarn entstehen kann, müsse man Räume und Treffpunkte schaffen, wo die Menschen sich kennen lernen, wo sie Barrieren und ja auch Angst voreinander abbauen können. Das leisten bisher schon Einrichtungen wie die Generationenhäuser, in der jeder unabhängig von Alter, Geschlecht und Nationalität willkommen ist, wo sich Initiativen zusammenfinden und sich für eine Sache engagieren oder sich Menschen zwanglos treffen.

Die Stutttgarter Generationenhäuser leisten wertvolle Quartiersarbeit

Die Stuttgarter Brüder Rudolf und Herrmann Schmid hatten in etwa solche Orte im Sinne, als sie ihr komplettes Erbe an die Stadt Stuttgart vermacht haben. Fünf Generationenhäuser, teilweise mit Alten- und Pflegezentren, wurden dadurch in Stuttgarter Stadtteilen bereits realisiert. Dieses Vermögen der Stiftung zu haben, sei zum Beispiel „Glück für Stuttgart“, sagte Werner Wölfe, Bürgermeister für Soziales und gesellschaftliche Integration. Überzeugt ist er, dass die beiden Ideengeber mit ihren Vorstellungen goldrichtig lagen. Gerade derzeit hält er eine Tagung, die der Frage, wie Glück in den Stuttgarter Stadtquartieren geschaffen werden kann, auch für dringender denn je. „Wir erleben immer mehr Angriffe auf vieles, was in unserer demokratischen Gesellschaft selbstverständlich war.“ Und ergänzt: „Wir brauchen wieder Orte, wo das so ist.“ In einem der sieben Workshops ging es deshalb um „Fremdeln mit den Nachbarn“ und wie man in einem Quartier gut miteinander lebt, das von kultureller Vielfalt geprägt ist. Auch Andrea Laux, Geschäftsführerin des Mütterforums Baden-Württemberg und Mitveranstalterin, ist überzeugt, dass „wir in einer Zeit leben, in der viele wieder liebevoll reingeholt werden müssen“.

Die Frage war deshalb, wie eine Stadt, dazu beitragen kann, dass ihre Bürger glücklicher sind. Ideen dazu lieferte in der Auftaktrede im Rathaus vor mehreren hunderten Menschen der Glücksforscher Tho Ha Vinh. Er leitet das Zentrum für Bruttonationalglück in dem kleinen asiatischen Staat Bhutan. Er muss also wissen, wie das geht mit dem Glück. In dem kleinen Königreich im Himalaja ist das Staatsziel nämlich nicht das Wirtschaftswachstum, sondern das Wohlbefinden der Einwohner. Dort wird nicht das Bruttosozialprodukt gemessen, sondern das „Bruttonationalglück“, wie Tho sagt. Um Glück zu finden, muss man laut Tho aber erst die Quellen für Unglück ausfindig machen, das seien die Entfremdung der Menschen von der Natur und damit die Zerstörung der Umwelt. Auch eine zunehmende Entfremdung der Menschen zu sich selbst sowie untereinander habe in modernen Gesellschaften stattgefunden. „Wahres Glück sind echte Verbindung zwischen Menschen.“ Davon ist Tho überzeugt. Und wo kann dies besser stattfinden, als direkt vor der Haustür.

Eine gute Nachbarschaft und nicht anonyme macht Menschen glücklicher

Neun Faktoren nennt Tho, mit denen in Bhutan das Glück gemessen wird. Einer davon ist „Community vitality“. „Zu viele Menschen leben allein; das hat es noch nie gegeben, dabei brauchen wir einander“, sagt Tho. Für wichtig hält er es deshalb, dass Stuttgart die Tagung „Glück im Quartier“ veranstalte und damit eine länger andauernde Initiative ins Leben rufe. Eine Stadt habe eine ideale Größe, um Ideen des Bruttonationalglücks aufzugreifen, auch weil sich eine unmittelbare Rückwirkung durch die Bürger ergebe. Allerdings: „Es darf keine einmalige Sache mit schönen Reden sein. Was geschieht am Montag?“

Darüber sind sich die Organisatoren bereits einig: In einem Jahr etwa will man Bilanz ziehen und schauen, was sich entwickelt hat in Stuttgarts Quartieren, kündigt Andrea Laux an in Richtung Wölfle an.