Die Stadt Esslingen will wegen einer Großbaustelle vorübergehend eine Buslinie über die Stadtgrenze nach Uhlbach umleiten. Gegen Schleichverkehr soll eine Schranke helfen, die dann bleiben soll.

Stuttgart - Walter Zinser muss seine Vorstellung von einem „freien Europa“ wohl oder übel überdenken. Der Obertürkheimer FDP-Ortspolitiker hatte kürzlich mit Verweis auf die Vorteile offener Grenzen in der Debatte um den berüchtigten Schleichweg zwischen Esslingen-Rüdern und Uhlbach eine Schranken-Lösung kategorisch abgelehnt. Nun bestätigte jedoch die Stadt Stuttgart gegenüber dieser Zeitung, dass im Zusammenhang mit einer temporären Hilfsaktion für die staugeplagte Nachbarstadt Esslingen tatsächlich das Aufstellen eines Schlagbaums an der Stadtgrenze ins Auge gefasst werde.

 

Eine solche permanente Sperre gibt es bereits in der Sillenbucher Buowaldstraße, die als Abkürzung in die City rege befahren worden war. Wegen der „aktuellen Beschwerdelage“ hat die Stadt eine Liste von 15 Straßenzügen erstellt, die „zur Umgehung von Verkehrsstauungen als Abkürzungen benutzt“, aber wegen Personalmangels nur selten kontrolliert werden. Dabei handelt es sich neben der Tiroler Straße in Uhlbach unter anderem um die Bachhalde zwischen den Stadtteilen Mühl- und Zazenhausen, den Cannstatter Zuckerleweg und den Feldweg zwischen Sillenbuch und Rohracker.

Bus soll den Umweg über Uhlbach nehmen

Esslingen hat es in der Vergangenheit versäumt, der massiven Aufsiedlung in Rüdern, Sulzgries und Krummenacker ausreichend dimensionierte Straßenverbindungen folgen zu lassen. Von Mitte 2018 an wird die Hauptschlagader dieses Gebiets, die Geiselbachstraße, mit einem Verkehrsaufkommen von 16 000 Fahrzeugen täglich über mehrere Monate wegen einer Sanierung gesperrt, zudem die Augustiner-Brücke auf Vordermann gebracht und ein Hauptentwässerungskanal auf einer Länge von 400 Meter erneuert. Um den Bergbewohnern für diese Zeit einen funktionierenden Öffentlichen Nahverkehr als Alternative zur Staufahrt anbieten zu können, soll die zwischen Rüdern und Esslinger Bahnhof verkehrende Buslinie 109 den neuralgischen Knoten meiden, in dem sie den Umweg über Uhlbach wählt und dort das seit 33 Jahren gesperrte Straßenstück an der Grenze zwischen Stuttgart und Rüdern passiert.

Die Straße war vom damaligen Oberbürgermeister Manfred Rommel nach erbitterter Auseinandersetzung zwischen Stuttgart und Esslingen zum Feldweg degradiert worden. 1984 hieß der Verwaltungsgerichtshof das Einziehungsverfahren mit dem Ziel eines Durchfahrverbots gut.

Es darf nicht zu unangemessenen Belastungen für Anwohner kommen

Nachbarkommunen sind bereits von Rechts wegen gezwungen, bei Straßenbaustellen die Umleitung des Verkehrs auf ihren Straßen zu dulden, teilt Peter Koch von der Verkehrsbehörde mit. Es dürfe allerdings nicht zu unangemessenen Belastungen für die Bürger in der schmalen Tiroler Straße kommen, die allerdings vor einigen Monaten ihrem Unmut über den regen Schleichverkehr Luft verschafft hatten. Nachdem die Stadt dann häufiger kontrollierte, kann von den damals angeblich 1500 Schleichverkehrnutzern pro Tag keine Rede sein – die StZ hat unlängst zwischen 5.30 und 8.30 Uhr nur 48 Fahrzeuge gezählt, die dort die Stadtgrenze passierten; auf den ganzen Tag gerechnet, dürften es etwa 200 sein. Damit sich nächsten Sommer hinter dem 109-er-Bus keine lange Fahrzeugschlange bildet, ist „zum Beispiel“ an eine Schrankenanlage gedacht, schreibt Koch. Und ganz im Sinne von Bezirksbeirat Christoph Hofrichter (SÖS/Linke-plus), der dies gefordert hat, kündigt die Stadt an: Die Schranke könnte „nach Beendigung der Bauzeit verbleiben und so zur Bekämpfung des Schleichverkehrs beitragen“. Im Esslinger Rathaus bezweifelt man die Praktikabilität wegen der vielen benötigten Ausnahmegenehmigungen. An der Stadtgrenze werden viele Streuobstwiesen und Gartengrundstücke bewirtschaftet. An deren Besitzer müssten Schlüssel oder Codekarten ausgegeben werden.

Anfang 2018 sollen die Details im Bezirksbeirat präsentiert werden. Bei dieser Gelegenheit kann dann auch über die Weigerung der Esslinger Verkehrsbetriebe gesprochen werden, ihrer Linie 101 am Obertürkheimer Bahnhof eine Minute zu schenken, damit er nicht regelmäßig den aus Uhlbach kommenden Fahrgästen vor der Nase wegfährt. Die Nachbarn könnten allerdings den Ball zurückspielen: Auch die SSB halten es für undenkbar, den Bus in Uhlbach eine Minute früher losfahren zu lassen.