Präsident Hoeneß sähe Titan Kahn gerne wieder beim FC Bayern. Den früheren Kapitän lockt die Aussicht, Nachfolger von Vorstandschef Rummenigge zu werden und beim deutschen Branchenführer an einem „Riesenrad“ zu drehen. Aber es entscheidet nicht nur der Kopf.

München - Oliver Kahn steht beim FC Bayern München in den Startlöchern. Nach ersten Sondierungsgesprächen zwischen Präsident Uli Hoeneß und dem einstigen Torwart-Titan forcieren alle Beteiligten nun auch öffentlich die Pläne für eine Rückkehr des 49-Jährigen zum deutschen Rekordmeister. Überstürzen will Kahn nichts, aber die Nachfolge des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge (63) beim Branchenführer des deutschen Fußballs reizt den schon als Profi extrem ehrgeizigen Ex-Nationalspieler mit dem Bayern-Gewinner-Gen.

 

„So, wie das im Moment ausschaut, geht das in die richtige Richtung. Und jetzt muss man halt schauen, wenn es konkreter wird“, sagte Kahn am Samstagabend im ZDF-Sportstudio. Zuvor hatte er bereits in der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag) Interesse bekundet: „Ich kann mir das durchaus vorstellen.“ Das gilt auch für Hoeneß (67), der das Projekt Kahn im Aufsichtsrat, der den Vorstand beruft, gemeinsam mit seinem Stellvertreter und Ex-Adidas-Chef Herbert Hainer vorantreibt.

Kahn eilt es nicht

Und auch Rummenigge scheint mit Hoeneß’ Wunschkandidaten für seine Nachfolge sehr einverstanden. „Ich traue Olli das zu. Er war ein großer Spieler, hat Ahnung vom Fußball und hat sich auf seinem zweiten Bildungsweg mit Finanzen und der Wirtschaft seriös auseinandergesetzt. Warum sollte er das nicht schaffen?“, sagte der seit 2002 als Vorstandschef amtierende Rummenigge am Samstagabend im Borussia-Park nach dem 5:1 der Bayern gegen Mönchengladbach.

Überstürzen will aber insbesondere Kahn nichts. „Ich glaube, es ist sinnvoll, das langsam anzugehen.“ Der Job ist eine Herausforderung und würde sein Leben sehr verändern. „Ich habe dem Verein eine Menge zu verdanken. Es ist nicht so eine einfache Kopfentscheidung, sondern das ist auch eine emotionale Entscheidung“, betonte Kahn.

Rummenigge noch bis 2021 dabei

„Ich glaube, dass ist ein hochinteressanter Job“, sagte Rummenigge: „Vorstandsvorsitzender bei Bayern München zu werden ist das Beste, was dir im deutschen Profifußball passieren kann.“ Aber die Aufgabe sei auch immer fordernder geworden. „Das ist ein großer Betrieb mittlerweile geworden, das ist kein Fußballverein mehr mit über 700 Millionen Euro Umsatz. Das ist schon ein Riesenrad, dass beim FC Bayern gedreht wird“, sagte Rummenigge im ZDF.

Auf Wunsch von Hoeneß hatte der 63-Jährige seinen Ende dieses Jahres auslaufenden Vertrag noch einmal bis Ende 2021 verlängert. Das würde Kahn eine „Übergangszeit“ verschaffen, die nicht nur er für sinnvoll und unbedingt erforderlich erhält.

Probezeit für Kahn?

Hoeneß hatte vor einer Woche im TV-Sender Sport1 eine Probezeit des designierten Rummenigge-Nachfolgers angeregt. „Oliver Kahn würde ein Jahr bei uns normales Vorstandsmitglied. Da hat man Zeit, sich zwölf Monate zu beschnuppern.“ Der 67-jährige Hoeneß sprach von einer „guten Idee“ mit Kahn und versicherte, aktuell nur mit ihm zu reden und zu verhandeln: „Bei uns gibt es immer nur 1a-Lösungen.“

Die Probezeit könnte im Januar 2020 beginnen. Kahn würde das begrüßen, auch weil er aktuell anderweitig als Unternehmer tätig ist. Mit seiner jüngsten Firma „Goalplay“ verfolgt er das ehrgeizige Ziel, führender Anbieter für Torwartprodukte zu werden. Zudem arbeitet er als Fußballexperte für das ZDF. „Da kann ich nicht Hals über Kopf morgen sagen: So, hier bin ich jetzt weg und fange jetzt beim FC Bayern München an“, sagte Kahn zu seinen diversen Tätigkeiten.

Bilderbuch-Karriere

Der gebürtige Karlsruher, der seine ruhmreiche Profi-Karriere 2008 nach 14 erfolgreichen Jahren beim FC Bayern beendete, geht eine Rückkehr zum Rekordmeister durchaus selbstbewusst an. „Bei dem Wort Praktikum wäre ich ein bisschen vorsichtig“, bemerkte er etwa. Aber Kahn zeigt auch Respekt vor dem Job: „Das ist keine Position, die man von heute auf morgen einfach so bekleiden kann. Man kann nicht sagen: ‚Servus, hier bin ich, wo ist mein Schreibtisch? Und jetzt fange ich an.’“

Bei Rummenigge würde er nach eigenen Angaben gerne in die Lehre gehen. „Es ist auch absolut für mich super, dass Karl-Heinz nochmal verlängert hat. Es gibt ja nichts Besseres, als wenn man Stück für Stück in so einen Verein hineinwächst und von jemandem lernen kann, der diese Aufgabe viele Jahre macht.“ Rummenigge begrüßt Kahns Sichtweise. „Er muss schon eine gewisse Zeit da gewesen sein, bevor ich den Staffelstab übergebe“, sagte der noch nicht amtsmüde Boss.