Bei Tunnelbauten in ganz Europa gräbt sich der Salzburger Franz Exenberger seit fast vier Jahrzehnten durch den Untergrund. Jetzt ist er auf der Baustelle des Fildertunnels für Stuttgart 21 beschäftigt.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)
Stuttgart – - Seine Lehrzeit hat der Salzburger Franz Exenberger (55) als Schlosser verbracht – dann stieg er vom Eisenbiegen aufs Tunnelbohren um. Seit fast vier Jahrzehnten sitzt der Österreicher „auf dem Hefen“, wie die Bohrspezialisten den 2000-Tonnen-Maulwurf für den Fildertunnel nennen.
Herr Exenberger, als Tunnelbauer haben Sie reichlich Erfahrung. Was für ein Gefühl ist es, 5700 PS unter dem Gesäß zu haben?
Von der Leistung merkt man im Betrieb gar nicht so extrem viel – höchstens, man stößt auf knallhartes Gestein. Als Schildfahrer bin ich nicht direkt hinter dem Schneidrad, der Leitstand kommt erst 30 Meter weiter.
Wovor fürchtet sich ein Tunnelbauer mehr? Vor dem Einsturz der Röhre oder vor dem Ausbruch von Feuer auf dem Bohrschlitten?
Die Brandgefahr ist durch das Hydrauliköl natürlich nicht von der Hand zu weisen. Aber wenn wir die Stahlbetonringe in die Röhre einbauen, haben wir auch jeweils um die 16 Tonnen Material über dem Schädel.
Sie steuern die Tunnelbohrmaschine nur über vier Bildschirme und die Drehrädchen für den Pressdruck auf das Schneidrad. Wie schaffen Sie es, die Richtung zu halten?
Durch das Laser-Messnetz ist das viel einfacher geworden. Früher hat man nur ab und zu mal auf Messpunkte geschaut. Jetzt liegt die Toleranz im Millimeterbereich.
Die Bahn rechnet mit vier bis zehn Metern am Tag. Was passiert eigentlich, wenn sich das Schneidrad im Gestein festfrisst?
Dann müssen wir eben raus und das Schild händisch frei machen.
Auf der Maschine gibt’s sogar ein Dixi-Klo. Wie viele Leute sind auf S-738 im Einsatz?
In einer Schicht sind das sieben Kollegen, gearbeitet wird aber rund um die Uhr. Von zwei bis vier in der Nacht wird es halt zäh mit der Konzentration.
Stimmt das Gerücht, dass die Tunnelbauer privat bessere Autos fahren als die Ingenieure – weil sie sich durch den Verdienst unter Tage die nobleren Karossen leisten können?
Ach, sagen wir es so: die Bezahlung ist durchaus angemessen. Aber ich seh Frau und Kinder auch nur alle zehn Tage. Wir haben aber auch schon besser verdient – vor allem bei Tunneln in der Schweiz.
Bei der Tunneltaufe war viel vom Beistand der heiligen Barbara die Rede. Betet ein Tunnelbauer tatsächlich zur Schutzheiligen der Bergleute, wenn er ans Werk geht?
Ein Gebet spreche ich nicht, die heilige Barbara ist trotzdem immer dabei. Wir haben schon Ostern und Weihnachten durchgearbeitet. Aber am Barbaratag, dem 4. Dezember, noch nie. Das gäbe einen Aufstand.