Nachhaltig ist längst zum Modewort geworden. Jetzt hat das Collegium Wirtemberg über nachhaltigen Weinbau informiert – und dabei auch berichtet wie der Traubenwickler auf die falsche Sexfährte gelockt wird.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Zu den kuriosesten Dating-Trends in Großstädten gehören Pheromon-Partys. Findige Parfümhersteller behaupten ja, Liebe gehe durch die Nase und so manche chemischen Duftstoffe machten ihren Träger unwiderstehlich. Ob das bei Menschen funktioniert? Man weiß es nicht. Aber der Trick funktioniert in anderen Bereichen wohl recht gut. Nämlich bei der Bekämpfung von Schädlingen.

 

Sexualhormone im Einsatz

Sexualhormone gegen Schädlinge, das klingt ein bisschen komisch. Inzwischen ist die sogenannte Pheromonfalle aber ein probates Mittel im nachhaltigen Weinbau, um die Traubenwickler zu bekämpfen. Diese Schmetterlinge gelten als die bedeutendsten Schädlinge im Weinbau. „Früher hat man Insektizide eingesetzt, das geht heute ohne“, sagt Heinz Munder, seit 30 Jahren Zweiter Vorsitzender des Collegium Wirtemberg, bei der Veranstaltungsreihe „finissimo“ in der Kelter in Uhlbach. Er sprach über „Nachhaltigkeit im Weinberg und Keller“ in der Genossenschaft.

Eine „anregende Themenweinprobe“ soll die Reihe bieten, immer am dritten Freitag im Monat. Dabei stehen die unterschiedlichsten Vorträge rund um den Wein auf dem Programm.

Doch was hat es nun mit der „Verwirrmethode“ von männlichen Sexualpartnern auf sich? Eine Pheromonfalle besteht – also zumindest in der Schädlingsbekämpfung – aus einem Kunststoffgehäuse, in das eine Kapsel montiert wird, in der sich das künstlich hergestellte Sexualpheromon des Traubenwicklerweibchens befindet.

Das Sexualpheromon ist ein artspezifischer Duftstoff, der das Männchen zur Begattung anlockt. „Am Ende bewirkt die Falle einfach, dass die Männchen die Weibchen nicht mehr finden“, sagt Munder. Das sei aber nicht weiter schlimm: „Es gibt genügend Zufallsbegattungen.“

Trockenes Thema, aber mit Weinen garniert

Letztlich geht es bei einem nachhaltigeren Weinanbau darum, die Reben und Trauben möglichst ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gesund zu halten. Die beste Methode finde man eben oft in langwierigen Prozessen, die aus Informieren, Ausprobieren, Lernen und letztlich Korrigieren bestehen. „Wir haben da in jedem Anbaujahr nur eine Chance“, sagt Munder.

Das Thema Nachhaltigkeit könne etwas „trocken“ sein, hatte Munder zu Beginn gewarnt. Damit das nicht passierte, gab es für die zehn Besucher zwischendurch einen 2017er- Silvaner, den Riesling „Katharina“ oder den Trollinger „Jubiläumswein“ des Collegiums zum Probieren. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ werde in Politik, Kultur und Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten oft gebetsmühlenhaft, ja inflationär verwendet. Vielfach werde die Thematik gleichgesetzt mit Klimaschutz oder einer ökologischen Erzeugung, sagt Munder und beruft sich dabei auf Hermann Kolesch von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau.

Das alles sei aber, so Munder, viel zu kurz gedacht. Für ihn betreffe Nachhaltigkeit im Weinbau die Bereiche Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft. Ökonomisch nachhaltig zu wirtschaften, das bedeutet für Munder, so zu arbeiten, dass dem Weingärtner und seiner Familie ein ausreichendes Auskommen möglich ist. Zur Ökologie gehört für ihn neben dem Pflanzenschutz auch ein sparsamer Umgang mit Wasser und Energie.

Doch gerade auch der Punkt Gesellschaft sei für ihn ganz wichtig. So gelte es innerhalb der Genossenschaft Traditionen zu erhalten. Seit 60 Jahren feiere man zum Beispiel den Uhlbacher Herbst – der Trollinger wurde extra für das Jubiläumsjahr kreiert. Wichtig sei natürlich auch, den Nachwuchs zu fördern, Bewährtes gemeinsam weiterzuentwickeln, offen zu sein für Neues. „Diese anspruchsvollen Ziele im Weinbau können nur Jung und Alt gemeinsam bewältigen“, sagt Munder.