Daneben ein Raum mit Besprechungstisch und Sofa – samt Decke, auf der es sich ein kleiner Hund bequem macht. Abgetrennt vom Rest des Raumes ist er nur durch eine Glas-Stahlwand. Werkstattcharakter in Schick. In fließend ineinander übergehenden Arbeitsbereichen sitzen Menschen, die konzentriert an Computern arbeiten.
Der Chef, der so nicht genannt werden will, setzt sich im hinteren Teil des Büros UnternehmenForm an einen Tisch mit einer Linoleumplatte. „Ich spreche lieber von Kollegen, nicht von Angestellten. Hier entsteht vieles in einem gemeinsamen Prozess“, sagt Alexander Seifried.
Architekturpreis für den Umbau durch Scope-Architekten
Gegründet hat aber doch er vor exakt 20 Jahren die Firma, die in der Stuttgarter Innenstadt in einem Neubau residiert. Weil der 43-jährige Gestalter zwar auch Möbel entwirft, aber mit seinem elfköpfigen Team vor allem Raumwelten für Firmen und Privatkunden entwirft, sollte sich das im 183-Quadratmeter-Büro zeigen. Jetzt sind hier leicht umbaubare Wohn- und Bürowelten inszeniert.
Eine Umgestaltung sei nötig geworden, weil alles „viel zu voll“ gewesen sei. „Wir wollten reduzieren“, sagt Alexander Seifried. Nachhaltigkeitsgedanken, ein Bewusstsein für Ökologie sind Teil der Firmen-DNA.
Bis auf die Neugestaltung des Firmenlogos ist das nun im eigenen Büro umgesetzt: viel Holz (Birke), ein Estrichboden, der von Farbschichten befreit und zurückgeschliffen wurde, Feinsteinzeug an einer Wand, das aussieht wie Zeichenpapier. „Müsli-Standard“, wie der Gestalter lächelnd sagt, ökologisch korrekt. Aber zeitgemäß, cool.
„Es geht nicht um Dogmatik. Wir konnten nicht komplett auf Kunststoff verzichten“, sagt Seifried. „Es geht darum, bewusst Entscheidungen zu fällen, zu wissen, wie Dinge produziert werden.“ Müsse man heute noch Plastikstühle herstellen? Kleidung oder Möbel kaufen, die billig und qualitativ minderwertig sind und nach zwei Jahren auf dem Müll landen? „Das können wir uns als Gesellschaft eigentlich nicht mehr leisten.“
Jurymitglied bei der Designmesse Blickfang in Stuttgart
Für den Umbau erhielten das Stuttgarter Architekturbüro Scope und UnternehmenForm einen Preis der Architektenkammer Baden-Württemberg für beispielhaftes Bauen. Und noch eine Urkunde steht gerahmt auf einem Sideboard: der renommierte German Design Award.
Wie wichtig ist so ein Preis? „Man muss ihn sich leisten wollen. Er bedeutet Werbung“, sagt Alexander Seifried. Pragmatisch – aber auch ein bisschen tiefstapelnd. Denn auch wenn die Teilnahme am Wettbewerb Geld kostet, kaufen kann man die Auszeichnung nicht. Eine Jury entscheidet unter zahlenreichen Bewerbern, wem sie die Auszeichnungen verleiht
An diesem Wochenende wechselt Alexander Seifried einmal die Seiten. Er wird gemeinsam mit Zoe Amor, Inhaberin des Milk Wood Concept Store, Stefan Rappold, Architekt bei Behnisch Architekten, und dem Architekten Peter Ippolito von dem Architektur- und Innenarchitekturbüro Ippolito Fleitz Group auf der Designmesse Blickfang in Stuttgart zwei Preise vergeben.
Aber was ist gutes Design? Kurze Pause. „Es muss nicht perfekt oder opulent sein. Die Story muss überzeugen.“ Sprich: Wie wird ein Möbel produziert, was ist die Idee dahinter, ist der Gestaltungsprozess originell, interessant? „Ein Beispiel“, sagt Alexander Seifried (nachdem er einige Zeit auf die Blumenvase auf dem Tisch geschaut hat): „Wenn einer einen Lampenschirm aus alten Sträußen macht, weil in der Floristik jede Woche soundso viele Blumen entsorgt werden müssen.“ Dinge müssten nicht im herkömmlichen Sinn schön sein, sondern Sehgewohnheiten herausfordern, „das macht ein Produkt schön“.
Designer müssen ihr Material gut kennen
Grundsätzlich rät Seifried jungen Designern, „einfach zu machen“, auf Messen zu schauen, was interessant sein könnte. Mindestens zweimal um die Ecke zu denken, Dinge zu hinterfragen. „Nur einen tollen Stuhl entwerfen reicht nicht. Design ist anstrengend und harte Arbeit. Man muss auch darüber nachdenken, ob man die Fertigungsmöglichkeiten an einem Ort gebündelt bekommt.“
Nicht von Schaden auch: mit den Händen arbeiten können, wissen, was welches Material kann. Alexander Seifried, in einem Dorf im Schwarzwald-Baar-Kreis aufgewachsen, hat selbst eine Schreinerausbildung gemacht und bei 3F-Design eine Ausbildung mit Schwerpunkt Interior Design und Möbelgestaltung absolviert. Er hat für Firmen wie Flötotto, Magazin und Richard Lampert gearbeitet – bei Lampert ist er inzwischen Artdirector, denkt da über die Messeauftritte nach, begutachtet Prototypen.
„Während der Schreinerausbildung begann mich Design zu interessieren“, sagt Alexander Seifried. Er sei in Wohnzeitschriften auf „exzentrische Möbel der 90er“ gestoßen: „Die faszinierten mich, ich dachte, wow, da gibt es noch etwas anderes als konventionelle Möbel.“ Seine ersten Entwürfe hat er auf der Blickfang-Designmesse in Stuttgart gezeigt.
Erste Entwürfe bei der Blickfang Messe
„Als ich mich im Jahr 1999 selbstständig gemacht habe, spürte ich, es reicht nicht, einfach eine Firma zu gründen. Das machen viele.“ Wichtig ist das Ganze, ein Konzept, das äußere Erscheinungsbild, Werbung, ein Eröffnungsfest. „Ich bin also zu dem Grafikbüro gegangen, das damals auch für die Hip-Hop-Band Die Fantastischen Vier gearbeitet hat, und habe gesagt: Ihr müsst mein Logo entwerfen.“
Den Firmennamen habe er gegen alle Ratschläge gewählt. „Ich habe mit einer Namensliste in der Hand in Cafés und Bars, Pauls Boutique und dem Switzerland Leute gefragt. UnternehmenForm schnitt mit Abstand am schlechtesten ab.“ Er fand ihn sinnig – „es ist ein Unternehmen und es geht um Gestaltung, also um Form“. Seinen Namen ins Zentrum rücken? „Das machen viele“, sagt Alexander Seifried, „aber ist dieser Fokus aufs Ich nicht langsam überholt? Es ist spannender, im Team zu arbeiten. Und ich mag den Kollektivgedanken.“
Auch ein Grund, weshalb er noch lieber für Firmen als für Privatpersonen arbeitet und sich auf die Gestaltung von Arbeitsräumen konzentriert. „Es geht mir nicht ums Geldverdienen, sondern um die Sinnhaftigkeit von Arbeit“, sagt Alexander Seifried. Ich finde es einen schönen Gedanken, eine Umgebung zu schaffen, in der die arbeitenden Menschen sich wohlfühlen.“