Spielzeughersteller wie Schleich, Playmobil oder Lego setzen zunehmend mehr auf Nachhaltigkeit. Doch für die Eltern und Großeltern, die die Produkte kaufen, sind andere Kriterien wichtiger.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Kaum ein Gegenstand wird so schnell ausgemistet wie ein Spielzeug. Ist ein Kind dafür zu groß geworden, sind das Tier, die Puppe oder der Bagger nicht mehr spannend. Also muss das nächste her – das bedeutet oft: mehr Plastik im Kinderzimmer. Lässt sich das verhindern?

 

Welche Öko-Spielwaren gibt es bereits?

Lego war ein Vorreiter“, sagt Cornelia Becker, die beim Deutschen Verband der Spielwarenindustrie (DSVI) in Nürnberg für Nachhaltigkeit zuständig ist. Der Hersteller von Spielbausteinen setzt bereits seit 2018 auf nachwachsenden Materialien. Aus Bio-Polyethylen, einem Kunststoff aus Zuckerrohr, wurden zunächst Lego-Blätter, -Büsche und -Bäume hergestellt, heute werden rund 150 Elemente daraus gebaut.

Bis zum Jahr 2030 sollen auch die Legosteine selbst aus nachhaltigeren Materialien hergestellt werden. Erste Prototypen gibt es bereits, etwa einen Stein aus recycelten PET-Flaschen. Leicht sei das nicht, weiß Cornelia Becker. Denn die Materialien müssten einerseits sicher und robust genug sein, um über Generationen weitergegeben werden zu können. Andererseits müsse die „Steckkraft gewährleistet sein“. Die Legosteine müssen sich also genauso oft ineinanderstecken lassen und auseinanderziehen wie die bisherigen, zudem muss dies auch mit Steinen funktionieren, die schon vor Jahrzehnten hergestellt wurden.

Wie sieht es bei anderen Herstellern aus?

Die Horst-Brandstätter-Gruppe hat für Playmobil diesen Sommer eine erste Produktreihe – „Wiltopia“ – auf den Markt gebracht, die im Schnitt aus mehr als 80 Prozent nachhaltigem Material besteht. Zum Einsatz kamen unter anderem alte Kunststoffplatten, wie sie in Kühlschränken eingeschoben werden. „Da ist der Vorteil, dass bei solchen Kühlschrankplatten schon sehr strenge Grenzwerte gelten, weil die in Kontakt mit Nahrungsmitteln kommen“, erläutert Cornelia Becker. Firmen könnten aber nicht aus allem, was in unseren Gelben Säcken lande, neues Spielzeug herstellen.

Der Tierfigurenhersteller Schleich aus Schwäbisch Gmünd hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis Ende 2027 alle Figuren recycelbar oder biologisch abbaubar sind. Zudem sollen sämtliche Produkte und Verpackungen nach den Prinzipien der Cradle-to-Cradle-Kreislaufwirtschaft optimiert und zertifiziert sein. Das heißt, dass alle Materialien endlos weiterverarbeitet verwendet werden können, also in Kreisläufen zirkulieren und es nie zu Abfall kommt, der auf der Deponie landet oder verbrannt werden muss.

Wie können Tierfiguren besser werden?

Schon jetzt hätten Schleichfiguren eine recht gute CO2-Bilanz, weil sie langlebig seien und oft von Generation zu Generation weitergegeben würden, sagt Philipp Hummel, Nachhaltigkeitschef von Schleich. „Aber Cradle-to-Cradle bedeutet, noch einen Schritt weiterzugehen: Was passiert, wenn eine Figur dann doch mal im Abfall landet?“ Nach den Richtlinien der Kreislaufwirtschaft müsste eine weggeworfene Figur künftig ohne Material- oder Qualitätsverluste recycelt werden.

Philipp Hummel ist Nachhaltigkeitschef bei der Firma Schleich. Foto: Schleich

Für Schleich sei dies eine „sehr große Herausforderung“. Denn es müsse jeder Bestandteil eines Materials angeschaut und auch geprüft werden, ob alles recyclingfähig ist. So wurde bereits bei den ersten Figuren bei der Farbe auf eine wasserbasierte Lösung umgestellt – welche dann ebenfalls entsprechend streng zertifiziert sei. Ebenso muss die komplette Produktion strengen Richtlinien entsprechen. „Es wird geprüft, ob wir Ökostrom nutzen, wie viel CO2 in der Lieferkette reduziert wird, aber auch die sozialen Bedingungen werden untersucht“, sagt Hummel.

Noch befinde man sich in einem „ständigen Test“, daher sei noch nicht klar, wann die erste Cradle-to-Cradle-Tierfiguren im Laden erhältlich seien. Kleine Veränderungen sieht man aber bereits: So wird beispielsweise bei den Verpackungen der neuen Pferde mit frisierbarer Mähne auf ein Plastikfenster zum Einsehen verzichtet; die gesamte Verpackung ist kunststofffrei.

Wird nachhaltiges Spielzeug nachgefragt?

Das kommt darauf an. Vonseiten des Handels, vor allem in Deutschland und Frankreich, gebe es eine „starke Nachfrage nach Nachhaltigkeit“, sagt Philipp Hummel von Schleich. Die Verbraucher – also allen voran Eltern und Großeltern – hätten aber nicht explizit nach Kreislaufwirtschaft verlangt.

Tatsächlich wirkt es so, als gebe es bei Spielzeug noch keinen nennenswerten Bewusstseinswandel. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im vergangenen Jahr kam heraus, dass vor allem der Preis, der Unterhaltungswert und die Qualität des Spielzeugs für Verbraucher entscheidend ist. Nur 14 Prozent der Befragten war demnach die Nachhaltigkeit von Material und Verpackung wichtig.

Cornelia Becker ist für Nachhaltigkeit beim DSVI zuständig. Foto: DVSI

„Das ist ein realistisches Abbild“, meint Cornelia Becker vom DSVI. Ausschlaggebend für Käuferinnen und Käufer von Spielwaren sei die Reaktion von Kindern und das Leuchten in deren Augen. „Niemand will es sich antun, Kinder zu enttäuschen und beispielsweise an Heiligabend einen Nervenzusammenbruch zu riskieren.“ Im Kindergartenalter kämen etwa bunte Farben, Geräusche und Blinken gut an – oftmals Plastikspielzeuge. Anders sei dies im Baby- und Kleinkindsektor, dort könnten Eltern und Großeltern noch mehr auf Nachhaltigkeit achten. Sobald Kinder jedoch eigene Wünsche formulieren könnten, werde es schwieriger. Allerdings: „Wenn sich ein Kind eine Spielküche oder eine Eisenbahn wünscht, gibt es die ja auch beispielsweise aus Holz.“

Ist Plastikspielzeug per se schlecht?

Nein. Cornelia Becker betont, dass auch Kunststoffspielzeug nachhaltig sein könne, solange man auf gute Qualität und die Langlebigkeit des Produkts achte. „In jungen Jahren wechselt die Präferenz oft“, weiß sie. Deshalb sei es auch gut, dass immer mehr Spielwarenhersteller ein Rücknahmesystem etablierten. Erste Spielwaren gibt es auch bereits bei den Herstellern selbst gebraucht zu kaufen, das nennt sich dann „refurbished“: So bietet etwa die Firma Tonies „preloved“ Lautsprecherboxen für Kinder an. Diese können dann „wenig oder leicht sichtbare Gebrauchsspuren“ haben, gibt es dafür aber auch preiswerter; für 60 Euro statt 100 Euro.

Wie ist die Lage im Spielwarenmarkt?
Nach den starken Wachstumsraten der vergangenen beiden Coronajahre kommt der Spielwarenmarkt in diesem Jahr wohl wieder in der Normalität an. So rechnet der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BSV) über alle Vertriebswege mit einem Umsatzrückgang von rund fünf Prozent. Damit würde der Inlandsmarkt 2022 auf 4,7 Milliarden Euro (2021: 4,9 Milliarden Euro, zu Endverbraucherpreisen) schrumpfen.

Verband rechnet mit Umsatzrückgang

Prognose
Nach den überdurchschnittlichen Wachstumsraten der vergangenen beiden Coronajahre kommt der Spielwarenmarkt in diesem Jahr wohl wieder in der Normalität an. So rechnet der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BSV) über alle Vertriebswege mit einem Umsatzrückgang von rund fünf Prozent. Damit würde der Inlandsmarkt auf 4,7 Milliarden Euro in 2022 (2021: 4,9 Milliarden Euro, zu Endverbraucherpreisen) schrumpfen. (jub)