Die Uni Stuttgart will nachhaltiger werden. Das fordern besonders die Studierenden – und marschieren mit eigenen Ideen zum Klimaschutz und zur Mobilität voran. Als neue zentrale Plattform bündelt ein Green Office die Aktivitäten.

Stuttgart - Ihre Ziele hat die Uni Stuttgart hoch gesteckt: Bis 2035 soll die Mobilität dort klimaneutral sein, auch ein autofreier Campus ist geplant. Doch nun soll das Thema Nachhaltigkeit breiter angepackt werden. Ideen aus allen Ecken und Gruppen der Uni sollen Gehör finden. Als zentrale Plattform wurde jetzt ein sogenanntes Green Office eingerichtet, das die Aktivitäten quer durch die Uni bündeln und voranbringen soll – der Impuls dazu kam von den Studenten und Studentinnen. „Viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben schon lange drauf gewartet, ihre Ideen einzubringen“, sagt David Kopp, Referent für Nachhaltigkeit bei der Studierendenvertretung der Uni und Masterstudent der Softwaretechnik.

 

Lesen Sie aus unserem Angebot: Längst überfälliges Vorhaben

Zum Green-Office-Team gehören auch zwei Managerinnen für Nachhaltigkeit und eine für Mobilität. Und Charlotte Toulouse, Referentin des Forschungsprorektors. „Wir stellen gerade studentische Hilfskräfte ein“, sagt sie. Ehrenamtliche Mitarbeit werde über ECTS-Punkte belohnt. Das hätten sich die Studierenden auch schon für die Organisation der Nachhaltigkeitswochen im Mai gewünscht, bei denen sie mit Mitstreitern aus 18 Hochschulen 150 Veranstaltungen auf die Beine gestellt haben. „Bei der Wertschätzung ist noch viel Luft nach oben“, sagt Kopp. Jetzt sucht das Green-Office-Team weitere „Unterstützer*innen, Visionär*innen, kluge Köpfe und Weltverbesser*innen“.

Regioradstationen gibt es schon, Lastenräder sollen noch kommen

Die Studierenden haben längst aus eigenem Antrieb viele Aktivitäten gestartet: Etwa Regioradstationen eingerichtet – aus ihrem Etat. „Eigentlich erwarten wir, dass die Uni das finanziert“, so Kopp. Die Bewohner des Bauhäusles auf dem Vaihinger Campus haben ein Selbstbauprojekt für Lastenradanhänger initiiert und sammeln Spenden für das Material. Zwei dieser elektrifizierten Teile sollen jetzt gebaut und ausgeliehen werden können, für Umzüge oder Foodsharing. Statt eines Autos. Das ist ganz im Sinne von Laura Schlowak: „Ich hätte gern Lastenräder auf dem Campus“, sagt die Mobilitätsmanagerin, die zuvor Maschinenbau und Politikwissenschaften studiert hat. „Nachhaltige Mobilität muss günstig und für alle verfügbar sein.“ Zudem wolle man Reparatursäulen einrichten, mit Luftpumpe und Werkzeug. Als Beitrag für Radler mit Panne.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Wie der Campus autofrei werden soll

Eine Fahrradwerkstatt haben die Studierenden schon ins Leben gerufen. Und in Vaihingen einen Mitmachgarten angelegt. Der funktioniere unter Coronabedingungen besonders gut, so Kopp. Ein Fleckchen Grün neben einem Parkplatz, ohne Zaun, mit Hochbeeten, in denen Zucchini und gelbe und rote Rüben wachsen, Kohlrabi und Radieschen, Buschbohnen und Kartoffeln. „Jeder darf mitmachen“, sagt Kopp und pflückt Himbeeren vom Strauch, der aus einem alten Kanu wächst. Das kleine Erdbeerfeld ist sauber abgeerntet. Ein Gieß- und ein Pflanzplan helfen bei der Versorgung des Gartens. Doch es geht nicht nur ums Gärtnern. Ziel sei, „einen schönen Erholungsplatz und Begegnungsort auf dem Campus zu schaffen, zwischen all dem Beton“, so Kopp. Den nutzen auch Anwohner. Über der Sitzgarnitur haben sie eine Plane angebracht. Kopp hätte das Thema Nachhaltigkeit gern noch breiter in der Uni verankert. „Viele Studierende haben einen Tunnelblick, dabei sollte die Uni nicht nur ein Ort zum Lernen sein, sondern auch zur Transformation, zur Vernetzung“, findet er. „Hier sollte die Hochschule eine Vorreiterrolle einnehmen: In der Lehre kann man noch viel tun.“

Gerade in technisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen komme die Reflexion oft zu kurz. „Es geht nicht um Wissen, es geht um die Kompetenzen, Gesellschaft mitzugestalten – die werden uns oft nicht so vermittelt.“ Auch bei der Verpflegung müsse sich noch was tun, so Kopp. „Wir fordern, dass es jeden Tag ein veganes Hauptgericht gibt.“ Und Ziel fürs Wintersemester sei eine transparente Darstellung der CO2-Bilanz jedes Hauptgerichts. Nur so könne man die Studierenden dafür sensibilisieren. Lob gibt es vom Studentenvertreter für das Reallabor „CampUS hoch i“, das alle Statusgruppen einbeziehe. Ziel des vom Land geförderten Projekts ist die klimaneutrale Sanierung und Neugestaltung von Unigebäuden auf dem Vaihinger Campus. Einen klimaneutralen Leichtbau errichte derzeit der Exzellenzcluster Architektur, so der Forschungsprorektor Jan Knippers – mit der Uni als Bauherr. Es soll als Labor, aber auch als Vorzeigegebäude für nachhaltiges Bauen genutzt werden.

Die Lehre darf keinen Tunnelblick vermitteln, findet der Studentenvertreter

Lesen Sie aus unserem Angebot: Kein Studentenleben, Mensen nur im Notbetrieb

Viele Dienstreisen könnten durch Vikos ersetzt werden

Toulouse sieht Corona auch als Anlass, Dienstreisen nachhaltiger zu gestalten. Schlowak findet, Ziel müsse sein, viele davon durch Vikos zu ersetzen.