Als erste Stuttgarter Bezirke wollen Birkach und Plieningen internationale Nachhaltigkeitsziele im Lokalen umsetzen. Die Menschen haben bereits etliche Ideen, wie das klappen soll. Eine große Rolle spielt die Ernährung.

Plieningen/Birkach - Ulrich Fellmeth hat viel vor. Er will die 17 Nachhaltigkeitsziele, die die Vereinten Nationen 2015 in der „Globalen Agenda 2030“ formuliert haben, in Birkach und Plieningen umsetzen – zumindest einige davon. Das macht der Birkacher aber nicht allein, sondern in einer bisher überschaubar großen Gruppe, die hinter dem Projekt „Lebenswertes Birkach/Plieningen“ steht. Gemeinsam wollen die Mitglieder unter anderem Bildungsangebote für nachhaltiges Leben fördern, Gemeinschaftsgärten aufleben lassen und einen Unverpacktladen in den Doppelbezirk holen.

 

Die Stadt Stuttgart hat die „Globale Agenda 2030“ bereits auf eine lokale Ebene übertragen und eine Bestandsaufnahme zu den Nachhaltigkeitszielen gemacht – dazu gehören unter anderem bezahlbare und saubere Energie, Geschlechtergleichheit und hochwertige Bildung. „Unser Projekt ist nun der Versuch, das noch weiter herunterzubrechen, auf Bezirksebene“, sagt Ulrich Fellmeth. Birkach und Plieningen würden sich dafür eignen, weil „die Leute hier aufgeschlossen sind und sich nicht nur um sich selbst kümmern“, meint er. Außerdem hätten die Bezirke mit der Uni Hohenheim eine Einrichtung, die sich bereits intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftige.

Ein wichtiges Thema ist die Ernährung

Aber wie geht man ein Projekt an, dem 17 internationale Ziele zugrunde liegen? Die Ausarbeitung der Stadt Stuttgart dazu umfasst ganze 260 Seiten. Davon lässt sich Ulrich Fellmeth nicht beeindrucken: Er wirkt, als hätte er den vollen Überblick und einen genauen Plan. „Wir haben erst einmal acht Ziele von den 17 ausgesucht, die für unsere Bezirke ein Thema sein könnten“, sagt er. Davon sollen nun wiederum zwei bis drei Themen herausgearbeitet werden, mit deren Umsetzung die Projektgruppe beginnt.

Ein wichtiges Thema für Ulrich Fellmeth ist die Ernährung. „Wir wollen ökologische Landwirtschaft und gesunde Ernährung besser organisieren“, sagt er. Das soll auch dazu führen, dass mehr Menschen lokale Produkte kaufen. Dazu gehört unter anderem, dass das Mittagessen für Schulen und Kindergärten auf möglichst kurzem Weg geliefert wird. Ein anderes Anliegen für Birkach sei es, neue Gemeinschaftsräume zu schaffen. „Wenn das Seniorenzentrum in Schönberg weg ist, fällt damit auch ein Ort der Begegnung weg“, sagt Fellmeth. Ein weiteres Ziel sei eine dezentrale Energie- und Stromversorgung. „Das Paracelsus-Gymnasium hat bereits Solarplatten auf dem Dach“, sagt Fellmeth, „zurzeit wird schon geprüft, ob das auf dem Dach des TSV Birkach auch möglich ist“. Auch andere städtische Gebäude würden in Frage kommen.

Corona bringt den Zeitplan durcheinander

Ulrich Fellmeth engagiert sich selbst im Streuobstwiesenverein und bei der Gemeinwohlökonomie Baden-Württemberg. Die Idee zu „Lebenswertes Birkach/Plieningen“ ist im vergangenen Sommer in Zusammenarbeit mit der Stadt entstanden. Für Ende April war eine Auftaktveranstaltung geplant, bei der das Projekt öffentlich gemacht und um Mitstreiter geworben werden sollte. Das Coronavirus bringt diesen Zeitplan nun durcheinander.

„Wir haben beschlossen, dass wir mit der bestehenden Gruppe nun einfach weitermachen“, sagt Fellmeth. Allerdings sei es schwierig, eine Übersicht über Angebote und Einrichtungen in den Bezirken zu bekommen, die sich am Projekt beteiligen könnten. Mit finanzieller Unterstützung der Stadt arbeitet die Gruppe nun an Flyern, einem Logo und einer Website, um die Idee bekannter zu machen.

Das Projekt spreche sich herum, sagt Fellmeth

Die Corona-Krise habe aber auch etwas Gutes: „Wir werden gerade auf einen Prüfstand zum Thema Zusammenhalt und Gemeinschaft gestellt. Jetzt spüren wir erst richtig, was das Leben eigentlich ausmacht und für viele sind es eben die Vereine, Veranstaltungen und das gesellschaftliche Leben.“ Dass das viele Menschen aktuell vermissen, unterstreiche die Bedeutung des Projekts.

Laut Ulrich Fellmeth spricht es sich auch in anderem Bezirken herum, was die Birkacher und Plieninger gerade planen. „Es wäre gut, das in möglichst vielen Bezirken zu etablieren“, meint er. Das Interesse sei jedenfalls schon da.