Die Nachhaltigkeitswochen an der Universität Stuttgart-Hohenheim sind der Corona-Krise zum Opfer gefallen. Doch den Studierenden ist etwas anderes gelungen: Gemeinsam mit sechs anderen Hochschulen haben sie ein Online-Programm mit 50 Veranstaltungen erstellt.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Hohenheim/Vaihingen - Es gibt nicht nur die Corona-Krise. Darauf wollen die Studierenden aufmerksam machen. „Es gibt auch die Klimakrise, die Biodiversitätskrise, die Krise um soziale Gerechtigkeit“, zählt Lisa Ketzer auf. Die 25-Jährige studiert Umweltschutz und landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion in Hohenheim, ist Mitglied im AK Nachhaltigkeit der Uni, und gehört zum Organisationsteam der aktuell stattfindenden Nachhaltigkeitswochen. „Die Diskussion, wie es nach Corona weitergeht, kommt zurzeit zu kurz.“ Gerade jetzt müsse man darüber diskutieren, wie die Milliarden, die in die Wirtschaft flössen, auch zum Wandel zu mehr Nachhaltigkeit beitragen könnten, fordert die Masterstudentin. Und viele müssten noch begreifen, dass auch ihr Studienfach mit Nachhaltigkeit zu tun hat. „Wir wollen einen Raum bieten, dieses Thema präsent zu halten“, sagt Lisa Ketzer.

 

Man muss kein Student sein

Weil die Hohenheimer Nachhaltigkeitswochen der Corona-Krise zum Opfer gefallen sind, haben Studierende mehrerer baden-württembergischer Hochschulen Ende März beschlossen, eine Alternative auf die Beine zu stellen: In 50 kostenlosen Online-Angeboten geht es noch bis 26. Mai unter anderem um nachhaltige Mode, Lebensmittelverschwendung, Klimapolitik oder Nachhaltigkeit im Hochschulalltag. Es gibt Workshops, Vorträge, Diskussionen und Planspiele. Jeder kann teilnehmen, man muss dazu kein Student sein. Teilweise ist aber eine Anmeldung notwendig. An den Angeboten teilnehmen kann man im Rahmen von Konferenzen in dem Online-Kommunikationstool Zoom oder über Livestreams auf Youtube. Einige Beiträge werden zudem anschließend in der Mediathek auf der Veranstaltungswebsite geteilt.

Bei den Teilnehmern kommt das Online-Programm bisher gut an: Zu einer von der Uni Stuttgart organisierten Diskussion zum Thema CO2-neutrales Fliegen hatten sich am Dienstagabend 140 Interessierte eingewählt. „Das war total kontrovers, ich hätte gerne noch viel länger weiterdiskutiert“, verrät Lisa Ketzer. Ebenfalls viele Teilnehmer erwarten die Organisatoren am Samstag; dann steht ein digitales Vernetzungstreffen von verschiedenen Nachhaltigkeitsinitiativen an.

Exkursionen fallen aus, Theater-Workshops auch

Einerseits bedauern die Studierenden, dass durch das Verlegen der Nachhaltigkeitswochen ins Digitale nun die Möglichkeit zum persönlichen Austausch mit anderen fehlt. Manche Veranstaltungen mussten auch abgesagt werden, zum Beispiel eine große Podiumsdiskussion mit dem Hohenheimer Uni-Rektor Stephan Dabbert. Auch etwa Theater-Workshops oder Kurse, in denen man lernt, sein Fahrrad selbst zu reparieren, können online nicht stattfinden. Und sämtliche Exkursionen fallen aus, zum Beispiel eine Radtour zur Stuttgarter Kulturinsel.

„Aber es wäre total schade gewesen, die Nachhaltigkeitswochen deshalb nun komplett ausfallen zu lassen“, meint Lisa Ketzer. Außerdem hat die Corona-Krise beschleunigt, was Studierende der Uni Hohenheim, Uni Stuttgart und der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg (PH) sowieso schon länger geplant hatten: „Wir haben schon im November 2019 darüber gesprochen, mal gemeinsame Hochschultage zu veranstalten“, berichtet David Kopp (26), Student an der Uni Stuttgart. Nun kam dies schneller als geplant: Die diesjährigen Nachhaltigkeitswochen sind die ersten, bei denen mehrere Hochschulen aus dem Land beteiligt sind. Sieben Hochschulen nehmen teil, außerdem 18 Initiativen, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen.

Auch Teilnehmer von weit weg dabei

Im Digitalen sei es tatsächlich auch viel einfacher, dass nun so viele verschiedene Hochschulen und Gruppen mitmischen könnten, sagt Anna Struth, eine weitere Studentin der Uni Hohenheim. Außerdem könnten Teilnehmer von überallher von den Formaten profitieren. „Bei einem Yoga-Workshop, an dem ich teilgenommen habe, war zum Beispiel auch jemand aus Köln und jemand aus Berlin dabei“, berichtet die 30-Jährige. Und nachhaltiger ist es freilich auch: Man muss nun nicht durch das ganze Land tingeln, um beispielsweise herauszufinden, wie das Studierendenwerk an der Hochschule Mannheim Einwegbecher abschaffen will.