Baden-Württemberg will als Vorreiter über die globalen ökonomischen und ökologischen Zusammenhänge aufklären. In der Bildung sieht die Regierung da „Handlungsbedarf“.

Kann der Waldkindergarten dazu beitragen, das Artensterben zu bremsen? Wecken Schulpartnerschaften mit Burundi das Verständnis für die Ursachen weltweiter Fluchtbewegungen? Mit Projekten wie diesen will die Landesregierung bei Schülerinnen und Schülern die komplizierten Zusammenhänge von ökonomischen, gesellschaftlichen und ökologischen Prozessen nahebringen und ihnen bewusst machen, wie sich ihr persönliches Handeln darauf auswirkt. Das Schlüsselwort heißt Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE). Sie soll die Lernenden in die Lage versetzen, „zum notwendigen gesellschaftlichen Wandel beizutragen“, wie die Regierung schreibt.

 

Überraschende Verzögerungen

Bei der Diskussion über die Umsetzung der Strategie hat es die Grünen-Fraktion ganz genau genommen, was zu Verzögerungen geführt hat. Jetzt ist klar, dass die Umweltakademie des Landes ihre Expertise einbringen kann, wie es etwa Markus Rösler (Grüne) dringend wünscht. Aber auch Fachleute etwa aus Naturschutzzentren oder Naturparkschulen können herangezogen werden. Raimund Haser (CDU) ist wichtig, dass es sich bei BNE nicht um ein neues Schulfach handelt, die Inhalte sollen „finanziell und im Lehrplan innerhalb des gesetzten Rahmens umgesetzt werden“, sagte er.

Die Nachschärfungen sind erledigt, an diesem Dienstag soll das Kabinett seinen Segen zu der künftigen Strategie geben.

Land setzt auf Bildung vom Kindergarten an

Baden-Württemberg will Vorreiter in der Bildung für Nachhaltige Entwicklung werden“, betonen die grünen Ministerinnen Theresa Schopper (Kultus) und Thekla Walker (Umwelt) in ihrer Umsetzungsstrategie zur BNE in Baden-Württemberg, die unserer Zeitung vorliegt. Die Strategie lehnt sich an die Agenda der Vereinten Nationen an. Darin wird BNE als wesentliche Voraussetzung zur Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen benannt.

Das Land setzt auf Bildung vom Kindergarten über die Schule bis zu außerschulischen Angeboten. In der Schule steht BNE als Leitperspektive im Bildungsplan. Die Ministerinnen räumen jedoch ein, „bei der Zielsetzung, BNE als selbstverständliche und allgemeine Bildungsaufgabe zu etablieren, besteht in allen Bereichen noch Handlungsbedarf“.

Kitakinder sollen künftig „ökologische Kenntnisse durch praktisches Naturerleben erwerben“. Die Ministerinnen denken an Waldtage, aber auch an ausreichend große naturnahe Außengelände (auch in Schulen).

Fortbildung von Lehrkräften zentral

An den Schulen regen sie regelmäßige Aktionstage zur Nachhaltigkeit ebenso an wie die Ausweitung des Modellprojekts „Schülermentorenprogramm Nachhaltig Essen“. Zentral ist die Fortbildung von Lehrkräften. Bei außerschulischen Angeboten ist eine Zertifizierung vorgesehen. An der Pädagogischen Hochschule Freiburg soll das am 1. Juli gegründete Forschungszentrum zur BNE zur Qualitätsentwicklung im Hochschulbereich beitragen.

Lehrer dringen auf Verbindlichkeit

Lehrer halten das Programm für überfällig. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat bereits moniert, dass Klimapolitik und Maßnahmen gegen den Klimawandel im Schulunterricht bisher „eine viel zu geringe Rolle spielen“. Die Landesvorsitzende Monika Stein will mehr Verbindlichkeit. Sie schlägt vor, BNE zu einem zentralen Bildungsziel zu machen. Als bloße Leitperspektive sei die Umsetzung dem Zufall überlassen.