Für 1300 Euro wechseln Teile aus dem Nachlass des früheren Stuttgarter Bürgermeisters Josef Hirn ihren Besitzer. Schon nach 30 Sekunden ist die Versteigerung bei Eppli in Leinfelden-Echterdingen beendet.

Stuttgart - So kann man es natürlich auch machen. Auf der Suche nach dem besonderen, dem ultimativen Weihnachtsgeschenk, nach dem Schnäppchen schlechthin, nach dem herrlichen Kitsch, dem Kuriosen, dem Raren oder auch dem Historisch-Vergruselten – wer findig genug ist, von schnellem Entschluss und erfahren im Aufspüren der preiswerten Chancen, der gibt sich am Samstag vor dem Christfest an der Heilbronner Straße in Leinfelden-Echterdingen die Klinke in die Hand.

 

Nein, ein Geheimtipp ist das längst nicht mehr. Denn in der Auktionshalle des landesweit bekannten Versteigerers Franz Eppli drängen sich regelmäßig die kenntnisreichen Sammler, die nervösen Jäger, die durchaus den Nervenkitzel mögen. Man kennt sich, aber man fürchtet sich zugleich: „Wenn ich ein Stück wirklich will, dann halte ich meinen Mund, denn jeder andere im Saal könnte im entscheidenden Augenblick mein Kontrahent, mein Gegner sein“, sagt einer, der natürlich nicht preisgibt, worauf er es an diesem 20. Dezember abgesehen hat.

Ein Fotoalbum und echte Autogramme

Rein zufällig kommt an diesem Samstag ein kleines, eher kurioses Stück Stuttgarter Rathausgeschichte unter den Hammer des Eppli-Auktionators René Waldrab: „Fulminanter Teilnachlass des ehemaligen Ersten Bürgermeisters der Stadt Stuttgart, Josef Hirn.“ Unter dieser Überschrift ist es im Katalog avisiert. Und darum geht es, zur Versteigerung eingeliefert in einem alten braunen Koffer, der womöglich schon die halbe Welt gesehen hat: ein Fotoalbum, das die Spitze des städtischen Tiefbauamtes dem geschätzten Ersten Bürgermeister Josef Hirn verehrt hat, als dieser 1964 in den Ruhestand verabschiedet wurde; mehr als fünfzig Fotos in Schwarzweiß, die ein Stück des Wiederaufbaus der zerstörten Stadt dokumentieren – etwa der Schlossplatz, auf dem noch die Straßenbahn fährt, etwa die nagelneue Paulinenbrücke mit dem nagelneuen Österreichischen Platz, zwei Projekte auf dem Weg zur „autogerechten Stadt“.

Als der angesehene SPD-Kommunalpolitiker Josef Hirn am 1. Februar 1958 seinen sechzigsten Geburtstag feierte, schenkte man ihm ein Album voller Autogramme, gespickt mit Unterschriften von Personen der Zeitgeschichte, die damals prominent waren – viele von ihnen sind heute nahezu vergessen: natürlich nicht Konrad Adenauer, der erste Bundeskanzler, oder Theodor Heuss, der erste Bundespräsident. Wohl aber doch der wunderbare Schauspieler Erich Ponto, der mit seinen Kollegen Günter Lüders und Paul Hofmann Triumphe feiern konnte am hiesigen Schauspielhaus. Auch der Kabarettist Werner Finck hat sich in diesem Album verewigt – die Älteren wissen, dass Finck es war, der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg das legendäre Kabarett „Mausefalle“ an der Tübinger Straße gründete. Nicht zu vergessen Josef Eberle: der erste Herausgeber und erste Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung setzte ebenfalls seinen „Servus“ ins Album – allerdings nicht ohne eine persönliche Fußnote, in der er klipp und klar zum Ausdruck brachte, dass man seine Unterschrift ja nicht missbrauchen dürfe!