Nachruf auf Andrea Camilleri Sechs große Romane vom Schöpfer Commissario Montalbanos

Mit Andrea Camilleri ist einer der populärsten Autoren Italiens gestorben. In unserer Bildergalerie können Sie sich durch die Höhepunkte seines Werkes klicken.
Stuttgart - Sizilien wird in diesen Tagen Trauer tragen. Es kommt vermutlich nicht alle Tage vor, dass eine reale Stadt einem Schriftsteller zu Ehren ihren Namen ändert. Im April 2003 versah sich die Heimatstadt Andrea Camilleris Porto Empedocle offiziell mit dem Zusatz Vigatà, nach dem fiktiven, aber höchst wirklichkeitsgetreuen Schauplatz der Romane, in denen ein gewisser Commissario Montalbano nach dem Rechten in einer von Unrecht heimgesuchten Welt schaut.
Der überzeugte Junggeselle, dessen Herz links und ansonsten für eine ferne Geliebte in Genua schlägt, bahnte seinem 1925 geborenen Autor den Weg zum Erfolg – mit der Wucht einer Dampfwalze, wie dieser es selbst empfand. Von der Krimireihe wurden allein in Italien weit über zwölf Millionen Exemplare verkauft, sie inspirierte eine Fernsehserie, und sogar in dem Comic „Topolino“, der italienischen Mickey Mouse, taucht ein Commissario „Topalbano“ auf.
Im Sumpf von Mafia, Politik und Medien
Andrea Camilleri ist erst im fortgeschrittenen Lebensalter zum Schreiben gekommen. Zuvor bürgerte er am Theater und Fernsehen Autoren wie Beckett und Ionesco in Italien ein. Die absurden Züge der italienischen Politik haben ihn bis ins hohe Alter herausgefordert: Der streitbare Kommunist hielt mit seiner Meinung zu Berlusconi und seinen Nachfolgern nie hinter dem Berg. Er könne nur noch kotzen, wenn er Innenminister Salvini seinen Rosenkranz küssen sehe, schimpfte der schon Schwerkranke noch vor kurzem.
Der Spätberufene hinterlässt ein erstaunlich umfangreiches Werk. Und auch wenn von den mehr als hundert Büchern knapp 30 das Berufsleben seines berühmten sizilianischen Ermittlers dokumentieren, sollte man die anderen Facetten seines Schreibens nicht aus den Augen verlieren. Etwa die historischen Romane, denn Verbrechen gibt es nicht nur im Sumpf von Mafia, Politik und Medien, in dem Camilleri sein „Netz der großen Fische“ auswirft. Mit 93 Jahren ist Andrea Camilleri in Rom gestorben. Wir haben für Sie in unserer Bildergalerie sechs Romane ausgewählt, die die ganze Vielfalt dieses auf Sizilien konzentrierten Schaffens zeigen. In unserer Facebook-Gruppe „Lesen und lesen lassen“ können Sie über die Frage diskutieren, welche Seite Camilleris die bedeutendere ist: die historische oder die kriminalistische.
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