Bea Kießlinger ist gestorben, ihr Erbe bleibt: Sie hat den zeitgenössischen Tanz vorangebracht.

-Der Tanz hat eine seiner Fürsprecherinnen verloren: Bea Kießlinger starb nach langer Krankheit. „Im Vorstand des Dachverband Tanz Deutschland und seit 2017 in der Projektleitung von Tanzpakt Stadt-Land-Bund/kulturpolitischer Dialog hat sie unsere Arbeit ganz entscheidend geprägt“, sagt Michael Freundt, der die Geschäfte des Dachverbands Tanz Deutschland führt. „Sie hat Tanz und Politik an einen Tisch geholt, alle ins Gespräch gebracht!“ Bea Kießlinger habe nicht nur leidenschaftlich, engagiert und konstruktiv für die Belange der Tanzszene gekämpft, stetig Ideen und Konzepte entwickelt. „Sie hat Tanz nie allein als Bewegung gesehen, sondern auch dessen interdisziplinäre Kraft und Relevanz für Gesellschaft, Bildung und Integration.“ Entsprechend habe sie für den Dachverband den Austausch gepflegt mit Verbänden wie dem Deutschen Kulturrat, der Allianz der Freien Künste, dem Aktionsbündnis Darstellende Künste, so Themen inhaltlich weiterentwickelt.

 

Dass Kießlinger einen feinen Blick für das Grenzenüberschreitende hatte, mag auch daran liegen, dass sie zunächst Architektur studierte und an der Technischen Universität Stuttgart zu Bewegung und Raum lehrte. Sie konzentrierte sich dabei auf den zeitgenössischen Tanz – an der TU, dann als Geschäftsführerin von Kultureinrichtungen, Netzwerkerin, künstlerische Projektleiterin, Dramaturgin, Jurorin, Interessenvertreterin und Kuratorin. Als letztere wirkte sie bei den Tanzwochen für junges Publikum NRW 2018 Rasant oder beim Baden-Württemberg Programm und Programm für junges Publikum der Tanzbiennale Heidelberg.

Von 1998 bis 2007 etablierte und leitete die gebürtige Schwarzwälderin die Tanz- und Theaterwerkstatt Ludwigsburg, war 2006 Mitglied des Leitungsteams der Tanzplattform Deutschland in Stuttgart und arbeitete am Theaterhaus Stuttgart als künstlerische Geschäftsführerin.

2009 gründete sie das landesweite Netzwerk „TanzSzene BW“. In der Interessengemeinschaft der Tanzschaffenden im Südwesten sind die freie Szene und die festen Ensembles vereint im Ziel, Tanz in Baden-Württemberg zu stärken. Auch die Schätze der Tanzgeschichte hob sie über den Tanzfonds Erbe: 2013 setzte sie das „Tanzlokal“ in Stuttgart künstlerisch um. „Es ist in Vergessenheit geraten, dass in Baden und Württemberg der 20er- und 50er-Jahre Pioniere des modernen Tanzes wirkten“, betonte sie. Wirkten doch dort Pina Bauschs Lehrer Kurt Jooss, Mitgründer der Folkwang Tanzstudios, oder Rudolf von Laban. In der Initiativgruppe Stadt-Land-Bund sollte sie schließlich maßgeblich dazu beitragen, das genannte bundesweite Förderprogramm Tanzpakt Stadt-Land-Bund aus der Taufe zu heben. Bea Kießlinger wurde 58 Jahre alt.