Sein Tatendrang und seine Kompetenz ebneten ihm den Weg zu vielen Karrierestationen: Von 1962 bis 1983 war er Professor an der Kunstakademie, für das von ihm gegründete Fach Information und grafische Praxis. In New York baute er mit Aaron Burns das International Center for the Typographic Arts auf, Anfang der achtziger Jahre gehörte er zu den Gründern der Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz, an der er auch unterrichtete, er war Präsident des Internationalen Dachverbands der Grafikerverbände, leitete sieben Jahre lang das Stuttgarter Künstlerhaus und begann mit fast siebzig an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe zu lehren, parallel zu seinem Lehrauftrag in Vallendar.

 

Seine nimmermüden Aktivitäten als Gutachter und Gestalter, als Foto-, Produkt- und Corporate-Designer, als Buchautor und Vortragsreisender trugen ihm zahlreiche Preise und Ehrenmitgliedschaften ein. Aufhebens machte er von seinen Trophäen nicht, gewahr, dass wahre Könnerschaft sich durch Understatement auszeichnet.

Im Gedächtnis bleiben werden aber vor allem seine mit sicherem Gespür für das Wesentliche entwickelten Firmensignets. Er schuf die Erscheinungsbilder von Coop und Zeiss, Merk und Shell. Der Bahn hat er durch die simple Umkehrung der weißen Buchstaben auf rotem Grund in das besser lesbare Rot-auf-Weiß-Logo nicht nur zu einem zeitlosen Markenzeichen verholfen, sondern hohe Summen für Druckfarbe eingespart. Genau darin bestand der Vorzug seiner Entwürfe: Sie wollten nicht um jeden Preis originell und anders sein, sondern besser, brauchbarer, logischer und eben auch ökonomischer.

Schonung hat sich Kurt Weidemann in seinem langen, rastlos tätigen Leben selten angedeihen lassen. „Mein Körper hat mir zu gehorchen, und das tut er, weil er nichts zu sagen hat“, sagte er in einem Interview. Da war er 87. Nun hat sein Körper doch den Gehorsam verweigert. Weidemann ist am Mittwoch, 30. März, im elsässischen Sélestat gestorben.

Ein heimisches Gewächs war der ehemalige Grafikdesign-Professor der Stuttgarter Kunstakademie nicht, sondern eher ein heimisch gewordenes – zu merken schon an seinem eindeutig unschwäbischen Zungenschlag. Geboren 1922 in Masuren im fernen Ostpreußen, verbrachte er seine Schul- und Lehrzeit in Lübeck.

1940 zog er als Freiwilliger an die Ostfront, entging dort im Schützengraben nur knapp dem Tod und geriet bei Kriegsende in russische Gefangenschaft. Über diese Jahre hat er spät in seinem Leben, in den 2002 unter dem Titel „Kaum ICH“ veröffentlichten Feldtagebüchern, Auskunft gegeben.

Fast von der Hochschule geflogen

Wieviel Lebenszeit sie ihn tatsächlich gekostet haben, deutete er einmal halb im Scherz, halb im Ernst in einem Interview zu seinem fünfundachtzigsten Geburtstag an. In Wahrheit, sagte er damals, sei er bereits 105. Denn die Kriegsjahre zählten doppelt, die Jahre als Kriegsgefangener in Russland sogar dreifach.

Als Nachgeborener konnte man sich nie ganz des Eindrucks erwehren, dass diese Zeit der Fron sich seiner Gestalt für immer eingeschrieben hatte: Er, der leiblichen Genüssen ganz und gar nicht abgeneigt war, hatte die Physis eines Hungerkünstlers. Das Leben, das er in einem zur Ideen- und Denkwerkstatt umgebauten Stellwerk am Stuttgarter Westbahnhof führte, war keineswegs weltabgewandt, sondern das eines fröhlichen und bemerkenswert geselligen Eremiten.

Auch öffentlichen Debatten ging er nicht aus dem Weg, wenn er sich angesprochen fühlte. Als er Ende der sechziger Jahre drei Studenten, die linke Parolen an die Flurwände der Kunstakademie gesprüht hatten, einen Anwalt – und zwar ausgerechnet den nachmaligen RAF-Advokaten Klaus Croissant – bezahlte, wäre er fast von der Hochschule geflogen.

Sieben Jahre als Leiter des Stuttgarter Künstlerhauses

Nach der Rückkehr aus Russland und einer Schriftsetzerlehre in Lübeck verschlug es Weidemann 1953 eher zufällig nach Stuttgart: Sein Bruder studierte an der damals im Gebäude der Kunstakademie untergebrachten TH Architektur und empfahl dem zu Besuch weilenden Kurt, doch einen Stock tiefer bei den Typografen vorbeizuschauen. Dort konnte dieser sogleich mit dem Studium beginnen, und so blieb er dauerhaft am Neckar hängen.

Rastlos war Weidemann selten

Sein Tatendrang und seine Kompetenz ebneten ihm den Weg zu vielen Karrierestationen: Von 1962 bis 1983 war er Professor an der Kunstakademie, für das von ihm gegründete Fach Information und grafische Praxis. In New York baute er mit Aaron Burns das International Center for the Typographic Arts auf, Anfang der achtziger Jahre gehörte er zu den Gründern der Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz, an der er auch unterrichtete, er war Präsident des Internationalen Dachverbands der Grafikerverbände, leitete sieben Jahre lang das Stuttgarter Künstlerhaus und begann mit fast siebzig an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe zu lehren, parallel zu seinem Lehrauftrag in Vallendar.

Seine nimmermüden Aktivitäten als Gutachter und Gestalter, als Foto-, Produkt- und Corporate-Designer, als Buchautor und Vortragsreisender trugen ihm zahlreiche Preise und Ehrenmitgliedschaften ein. Aufhebens machte er von seinen Trophäen nicht, gewahr, dass wahre Könnerschaft sich durch Understatement auszeichnet.

Im Gedächtnis bleiben werden aber vor allem seine mit sicherem Gespür für das Wesentliche entwickelten Firmensignets. Er schuf die Erscheinungsbilder von Coop und Zeiss, Merk und Shell. Der Bahn hat er durch die simple Umkehrung der weißen Buchstaben auf rotem Grund in das besser lesbare Rot-auf-Weiß-Logo nicht nur zu einem zeitlosen Markenzeichen verholfen, sondern hohe Summen für Druckfarbe eingespart. Genau darin bestand der Vorzug seiner Entwürfe: Sie wollten nicht um jeden Preis originell und anders sein, sondern besser, brauchbarer, logischer und eben auch ökonomischer.

Schonung hat sich Kurt Weidemann in seinem langen, rastlos tätigen Leben selten angedeihen lassen. „Mein Körper hat mir zu gehorchen, und das tut er, weil er nichts zu sagen hat“, sagte er in einem Interview. Da war er 87. Nun hat sein Körper doch den Gehorsam verweigert. Weidemann ist am Mittwoch, 30. März, im elsässischen Sélestat gestorben.