Der Partyveranstalter Manfred Schmidt soll auch einen Landesbeamten in ein Urlaubsdomizil eingeladen haben. Dieser schweigt dazu.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Affäre um den Organisator des Nord-Süd-Dialogs, Manfred Schmidt, könnte sich von Niedersachsen auch nach Baden-Württemberg ausweiten. Der für die Veranstaltung in Stuttgart zuständige Ministerialbeamte sieht sich mit dem Verdacht konfrontiert, er habe sich zu einem kostenlosen Urlaub in einer Immobilie Schmidts in Südfrankreich einladen lassen. Der Vorgang wird nach einer StZ-Anfrage derzeit vom Finanz- und Wirtschaftsministerium geprüft. Man könne „aus rechtlichen Gründen keine Auskunft“ geben, sagte ein Sprecher von Minister Nils Schmid (SPD). Der Beamte selbst hatte zunächst eine Stellungnahme angekündigt, schweigt nun aber ebenfalls.

 

Es handelt sich um den langjährigen Leiter des Landesmarketings im Staatsministerium, den Ministerialrat Michael Hörrmann; seit 2008 ist er Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten mit Sitz in Bruchsal. In der Villa Reitzenstein betreute Hörrmann vor allem die Imagekampagne („Wir können alles . . .“). Beim Nord-Süd-Dialog 2008 in Stuttgart sprach er, wie berichtet, potenzielle Sponsoren an und avisierte ihnen die Kontaktaufnahme durch den Partyveranstalter Schmidt. Bei dem Zweiländertreffen im Römerkastell engagierten sich unter anderem die Landesbank LBBW, der Energiekonzern EnBW und die Messe Stuttgart jeweils mit fünfstelligen Beträgen.

Der StZ liegen Hinweise vor, dass Hörrmann zusammen mit seiner Frau im gleichen Jahr einen kostenlosen Urlaubsaufenthalt in einem Anwesen Schmidts verbrachte. Dabei soll es sich um eine Stadtvilla im südfranzösischen Banyuls-sur-Mer handeln. Im gleichen Ort zwischen Pyrenäen und Mittelmeer soll auch der frühere Sprecher von Christian Wulff, Olaf Glaeseker, mit seiner Familie mehrfach unentgeltlich Immobilien von Schmidt genutzt haben. Glaeseker war zur Regierungszeit Wulffs in der niedersächsischen Staatskanzlei für den Nord-Süd-Dialog zuständig. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und gegen Schmidt wegen Bestechung. Die Ermittler hatten auch um Akten zum Nord-Süd-Dialog aus Stuttgart gebeten, die ihnen nach Angaben der Regierung am 10. Februar übersandt wurden.

Das Finanzministerium prüft

Nach Medienberichten soll der Partyorganisator auch andere Geschäftspartner zu Gratisurlauben eingeladen haben – so die Kommunikationschefs von Konzernen, für die er tätig war. Diese hatten die Aufenthalte in Frankreich teils als rein privat, teils als dienstlich begründet erklärt. Von Schmidt war keine Stellungnahme zu Hörrmann zu erhalten. Der Ministerialrat selbst äußerte sich entgegen seiner ersten Ankündigung ebenfalls nicht – auch nicht zu Fragen der StZ nach einem möglichen dienstlichen Anlass, einer späteren Bezahlung oder einer Information an Vorgesetzte über den Aufenthalt. Dem Vernehmen nach wurde er im Finanzressort, das die Sache ernst nimmt, intensiv zu dem – bisher nicht bewiesenen – Vorwurf befragt; über seine Angaben wurde nichts bekannt. Aus der Staatskanzlei hieß es, man habe „nach Aktenlage keine Kenntnisse“ zu dem Vorgang.

Hörrmann war im Jahr 2008 relativ kurzfristig vom Landesmarketing zur Schlösserverwaltung gewechselt – für ihn kein Aufstieg, sondern ein Umstieg. Zuvor hatte sich Kritik an seinem Auftreten gemehrt: Er habe sich zunehmend zu wichtig genommen und sich zu sehr in den Vordergrund gestellt, hieß es. Aufsehen erregte die Art und Weise, wie ihn die lange für die Imagekampagne zuständige Agentur Scholz & Friends verabschiedete: Sie ließ einen Kleinlaster mit einem Großplakat vor dem Staatsministerium aufstellen, auf dem sie Hörrmann alles Gute wünschte. Außerdem gab es eine Flasche Bordeaux-Wein für ihn – nach Erinnerung von Teilnehmern aus dem Jahr des Beginns der Zusammenarbeit, 1999. Ein Sprecher von Scholz & Friends sagte, Hörrmann habe „von der Agentur keine Geschenke erhalten, die über das bei Beamten tolerierte Maß hinausgingen“; nach den Aufzeichnungen sei es bei Glückwunschkarten zum Geburtstag und einem Wein geblieben.

Präsente zu Geburtstagen

Der Beamte selbst berichtete auf StZ-Anfrage von weiteren Präsenten. Zum 45. Geburtstag habe er eine gerahmte Fotomontage erhalten, die ihn als Astronaut auf dem Mond zeigte, der dort die Baden-Württemberg-Flagge in den Boden steckte. Zu seinem 50. Geburtstag bekam er danach einen gerahmten Druck, der auf ein erfolgreiches Anzeigenmotiv anspielte. Zum Ausscheiden ein Jahr später folgte erneut eine gerahmte Fotomontage, bei der Hörrmanns Kopf in ein Bild König Karls von Württemberg montiert war. Bei den zahlreichen Besprechungen in Berlin habe ihn der damalige Agenturchef Sebastian Turner nur einmal extern zum Essen eingeladen – einer Zwiebelsuppe. „Scholz & Friends pflegte durchweg einen korrekten Umgang mit uns“, bilanziert Hörrmann. Den Kleinlaster mit dem Großplakat im Wert von etwa 1000 Euro habe er „weder annehmen noch ablehnen“ können.