Eine Premiere: Das vielfältige Programm bei der Nacht der Bibliotheken hat nicht nur Bücherfans an den Mailänder Platz gelockt.

Knall. „Wussten Sie, dass die Maße der Bibliothek 44 mal 44 mal 40 Meter sind?“ Knall. „Wussten Sie, dass die Bibliothek ein Taubenproblem hatte?“

 

Wie Kanonenschläge donnern die von Barbara Stoll vorgelesenen Fakten am Freitagabend durch den Galeriesaal der Stadtbibliothek am Mailänder Platz. Stolls Stimme hallt durch den Raum und die Besucher lauschen gespannt.

Bibliotheken prägen die Stadtgesellschaft

Stoll lässt die anderen Gäste aber nicht einfach so an ihrem Wissen über die Bibliothek teilhaben. Ihre Performance ist Teil der Nacht der Bibliotheken, an der Baden-Württemberg erstmals teilnimmt. „Unter dem Motto grenzenlos nehmen 125 kommunale Bibliotheken in Baden-Württemberg an der Nacht teil. Das zeigt, dass viele Lust auf die Nacht haben“, so die Präsidentin des Regierungsbezirks Stuttgart, Susanne Bay, beim Festakt am Abend. Warum es für die Bibliotheken wichtig ist, daran teilzunehmen, fasst die Direktorin der Stadtbibliothek, Katinka Emminger, zusammen: „Wir müssen sichtbar werden und aus der Zurückhaltung heraustreten. Bibliotheken prägen die Stadtgesellschaft. Wir haben ein vielfältiges Programm. Es ist an der Zeit, das auch nach außen zu präsentieren.“

Von Zurückhaltung ist an diesem Abend am Mailänder Platz auf jeden Fall nichts zu spüren. Ein vielfältiges Programm in den einzelnen Stockwerken sorgt für jede Menge Trubel, ausgelassene Stimmung und fröhliche Besucher. Ein Stockwerk unter dem Fakten-Feuerwerk von Barbara Stoll findet im dritten Stock beispielsweise das Rollenspiel „Pen and Paper“ in einer extra langen Fassung statt. Die angemeldeten Besucher sitzen hoch konzentriert im Max-Horkheimer-Kabinett, um sich hier in ihre Rollen einzufinden. Mindestens genauso motiviert sind die Besucher im zweiten Obergeschoss. Hier in der Kinderabteilung wird die Nacht der Bibliotheken in vollem Umfang genossen. Eine Gruppe Kinder sitzt im Jella-Lepman-Kabinett auf großen bunten Bodenkissen und lauscht gespannt einer Gutenachtgeschichte – vorgetragen von einer Patin des Vorleseprojekts Leseohren.

An einer anderen Station im Kinderbereich können die jüngsten Besucher sich dem Druck – und damit dem Ursprung jedes modernen Buchs – widmen. Die Motive werden zunächst in eine Platte geschnitzt, dann mit bunter Farbe bepinselt und schließlich auf Papier, zum Beispiel auf Notenblätter, gedruckt. „Wir sind durch Zufall hergekommen, weil wir jeden Freitag hier sind. Ich finde die Aktion eine tolle Idee für die Kinder“, berichtet eine Mutter aus Stuttgart-Nord, die mit der vierjährigen Tochter am Angebot teilnimmt. Generell findet sie es wichtig, Kinder früh mit Büchern in Kontakt zu bringen. Aktionstage beziehungsweise Nächte wie am Freitag wünscht sie sich deshalb häufiger.

Das Erdgeschoss wird zur Tanzfläche

Aber nicht alle sind am Abend wegen der Bücher in der Stadtbibliothek. Auch andere Teile der schönsten Künste stehen hoch im Kurs. Drei Freundinnen zwischen 18 und 21 Jahren hat es in den ersten Stock verschlagen. Hier können Musikinstrumente ausgeliehen und natürlich auch ein wenig ausprobiert werden. „Eigentlich wollte ich die Violine testen, aber die ist ausgeliehen. Dafür werde ich mich noch am Akkordeon versuchen“, sagt eine der Freundinnen.

Dass Musik in einer Bibliothek goldrichtig ist, beweist auch der weitere Verlauf des Abends. Denn ab kurz vor 21 Uhr wird das Herz im Erdgeschoss dank NightSlam, Breakdancer und DJ zur Tanzfläche. Und so wird schnell klar: In einer Bibliothek kann man nicht nur lesen, sondern auch jede Menge Spaß haben – wie ein Blick in die fröhlichen Gesichter der zahlreichen Gäste und Veranstalter am Abend zeigt.