In Stuttgart hat am Sonntagabend Axel Ranisch Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“ inszeniert. Von wegen eine Kinderoper.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Stuttgart - Engelbert Humperdincks ursprünglich als „Singspielchen“ konzipierte Oper „Hänsel und Gretel“, einerseits sehr kölsches Volkstheaterstück und andererseits musikalisch sehr wagnerianisches Nachfolgewerk, hat in im letzten Vierteljahrhundert an der Stuttgarter Staatsoper drei immens verschiedene Premieren erlebt: eine handwerklich tendenziell biedere von Johannes Schaaf (1995) und eine mit zugegebener ruandischer Meta-Ebene von Kirill Serebrennikow (2017), der dann aber, weil willkürlich eingesperrt in Russland, gar nicht recht Regie führen konnte.

 

Axel Ranisch nun, in Stuttgart zuletzt virtuos verspielt mit Prokofjews „Lieb zu drei Orangen“ präsent, richtet Humperdincks dunkles Werk, keinesfalls eine Kinderoper, zwar bonbonbunt, aber auch rabenschwarz ein. Wie auch vorbeikommen in diesem Fall an Sadismus, Kannibalismus, Sexualisierung und einer aufgepfropften metaphysischen Privatmythologie? Alevtina Ioffe dirigiert derweil ein immer waches Staatsorchester, das sich Dickklang erspart und auf Durchhörbarkeit setzt. Das wiederum lässt die Stimmen von beispielsweise den Protagonistinnen Josefin Feiler und Ida Ränzlöv noch ein bisschen erwachsener (und größer) klingen. Für Stuttgarter Verhältnisse lediglich mittelstarker Beifall für die Realisierung einer problematischen Vorlage.