Clubbesitzer in Ludwigsburg klagen über massive Umsatzeinbußen, weil immer mehr Jugendliche und Studenten ihr Geld lieber in Stuttgart ausgeben. Auch die neuen und strengen Regeln für Diskotheken stoßen auf Kritik.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Bald ist wieder Live-Nacht in Ludwigsburg, und in den Clubs und Kneipen wird es eng, wie immer. Die Veranstaltungsreihe hat sich etabliert, 18 Bars und Diskos beteiligen sich an der nächsten Auflage Mitte März. Und dann? Wird es wieder ruhiger im Nachtleben. So ruhig, dass manche inzwischen von einer handfesten Krise sprechen. „Hier ist es momentan fast unmöglich, etwas auf die Beine zu stellen“, sagt Franco Cifone, der Geschäftsführer des Clubs Muttermund in der Innenstadt.

 

Der Grund: „Das Angebot in Stuttgart ist so riesig geworden, dagegen haben wir kaum eine Chance“, klagt Cifone. Er wisse, dass einige Clubbesitzer in Ludwigsburg in den vergangenen zehn Jahren fast 70 Prozent ihres Umsatzes eingebüßt haben. Und er wisse auch, dass manche um ihre Existenz kämpfen und ein alteingesessener Club demnächst dicht machen werde.

Die Clubbetreiber klagen über die Konkurrenz in Stuttgart

Ein Kollege von Cifone, Chef eines Tanzlokals, will namentlich nicht genannt werden, findet aber drastische Worte: „Die Stuttgarter saugen uns das Blut aus.“ Tatsächlich haben in der Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren unzählige Clubs und Diskotheken aufgemacht, viele davon entlang der Theodor-Heuss-Straße, wo eine neue Partymeile entstanden ist. Unter der steigenden Attraktivität der Metropole leidet das Umland. „Wir werden von manchen Ludwigsburgern nicht mehr wahrgenommen“, sagt Cifone und nennt ein Beispiel. „Wir holen die besten Discjockeys zu uns, aber die Jugendlichen fahren lieber nach Stuttgart und zahlen dort den doppelten Eintritt für denselben Künstler.“

Auch im Ludwigsburger Bauausschuss wurde unlängst über Bars und Diskotheken gesprochen. Die Stadträte haben neue Bebauungspläne festgelegt, die nur ein Ziel haben: die Ausbreitung von Spielotheken in der City einzudämmen. Auf Grundlage von Abstandsregelungen und weiteren Auflagen wird der Status quo faktisch eingefroren.

Für neue Diskos braucht es Ausnahmegenehmigungen

Allerdings gibt es einen Nebeneffekt. Betroffen von der Neuregelung sind – neben unerwünschten Etablissements wie Spielkasinos, Bordellen und Swingerclubs – auch Tanzlokale. Während es in Gewerbegebieten weiterhin möglich sein wird, neue Musikclubs zu eröffnen, sind potenzielle Betreiber in der Innenstadt auf das Entgegenkommen der Stadt angewiesen. Obwohl Neueröffnungen in der City rechtlich nun praktisch ausgeschlossen sind, soll es Ausnahmegenehmigungen geben, „über die dann im Einzelfall zu entscheiden ist“, sagt Martin Kurt, der Leiter des Planungsamts. Kurt betont, dass die Verwaltung neue Diskos nicht grundsätzlich verhindern wolle. Aber man habe eine juristisch saubere Lösung anstreben müssen und daher nicht für jede Art von Vergnügungsstätte eine Sonderregel erlassen können.

Für Roland Glasbrenner bewegt sich Ludwigsburg damit in Richtung Provinzstadt – obwohl man sich doch so gerne mit dem Attribut Studentenstadt schmückt. „Wir haben Ordnungspäpste in der Verwaltung, die einfach alles regulieren wollen“, sagt der Freie-Wähler-Fraktionschef. Einerseits werde beklagt, dass nur ein Bruchteil der Studenten seinen Lebensmittelpunkt in Ludwigsburg habe. Andererseits mache man eben diesen Studenten kein attraktives Angebot. Das Nachtleben für junge Leute sei eher mau, und das sei durchaus ein Faktor.

Die Clubs setzen auf unterschiedliche Zielgruppen

Die Meinungen dazu sind geteilt. Tatsächlich gibt es mit Muttermund, Pussycat-Club, Ars Vivendi, Waldhaus oder auch der Rockfabrik Clubs und Diskos, die ganz unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, dazu kommen zahlreiche Bars – und längst nicht alle Gastronomen und Diskobetreiber klagen über schlechte Geschäfte.

Dass Jugendliche und vor allem Studenten zunehmend nach Stuttgart pilgern, ist allerdings unstrittig. „Da hat man Auswahlmöglichkeiten auf engstem Raum und muss nicht durch die ganze Stadt fahren, wenn man von einem Club zum nächsten will“, erzählt Alexander Pietzsch, der im fünften Semester an der Filmakademie studiert. „Die Einzelnen folgen halt eher der Masse, und die Masse ist in Stuttgart.“

Ein Kommilitone räumt ein, dass er seit seiner Immatrikulation vor zwei Jahren nicht ein einziges Mal nachts in Ludwigsburg gefeiert habe. „Viele Studenten an der Filmakademie stammen aus großen Städten wie Berlin, Hamburg oder Köln – für die ist Ludwigsburg ein Dorf.“ Ob es nun ein paar mehr oder ein paar weniger Clubs in der Innenstadt gebe, „ändert an dieser Einstellung überhaupt nichts“.

Eine Einstellungsänderung aber sei dringend notwendig, sagt der Disko-Geschäftsfrüher Franco Cifone. Er hoffe, dass wieder einige Studenten erkennen, dass die Clubs in Ludwigsburg genauso attraktiv seien wie jene auf der Heuss-Straße. „Sonst weiß ich nicht, wie das Ludwigsburger Nachtleben in fünf Jahren aussehen soll.“