Der Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann will die Krise im Nachtleben entschärfen und im Bundestag die Änderungen eines Gesetzes bewirken, das Clubs auf eine Stufe mit Bordellen stellt. Diese könnten dann auch in den Randgebieten der Stadt gedeihen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Er bringt ein Problem von ganz unten, das buchstäblich von der Straße kommt, nach ganz oben in den Bundestag: Der Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann (CDU) will den Konflikt zwischen Anwohnern und Nachtleben in Stuttgart entschärfen, indem er die Baunutzungsverordnung (BauNVO) ändern will. In dem Papier ist geregelt, wie Kommunen ihre Stadtteile klassifizieren. Wohnen, Gewerbe und Vergnügen sind Stichworte – und hier liegt der Hund begraben: Aktuell werden Clubs dort in dieselbe Kategorie wie Wettbüros, Spielhallen und Bordellen eingeordnet. Wo ein Club erlaubt ist, ist also auch ein Puff erlaubt und umgekehrt.

 

Da in Stuttgart einzig im Bezirk Mitte Vergnügungsstätten gestattet, kommt es zu einer entsprechenden Konzentration. Laut Gaststättenbehörde gibt es hier also rund 50 De-facto-Clubs auf super-engem Raum. Womöglich auch dadurch ist es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu Konflikten zwischen Anwohnern und Clubbetreibern gekommen. Wegen Lärm, wegen Müll.

Kaufmann folgt mit seinem Vorstoß in Berlin der Bitte des Stuttgarter CDU-Stadtrats Jürgen Sauer, der den Änderungswunsch der BauNVO in einem Brief an den Bundestagsabgeordneten formuliert hatte. „Ich habe die Stuttgarter Clubs immer unterstützt und werde das auch jetzt tun“, sagt Stefan Kaufmann auf Anfrage unserer Zeitung. Er werde das Anliegen im Bauausschuss besprechen und hofft, dass die anderen Abgeordneten für eine Änderung zugänglich sind. „Grundsätzlich sollte die Änderung möglich sein“, sagt Kaufmann.

Gleichstellung mit Bordellen für das Image schlecht

Parallel zu den Vorgängen im Bundestag will auch die CDU-Fraktion Berliner Abgeordnetenhaus eine Initiative auf den Weg bringen, die ebenfalls eine Änderung der BauNVO anstrebt. Zu entscheiden hat das Abgeordnetenhaus hier aber nichts. Das zuständige Gremium ist der Bauausschuss des Bundestags, der Bundesrat müsste einem entsprechenden Beschluss zustimmen.

Auch Colyn Heinze vom Vorstand des Club Kollektivs Stuttgart, einem Verband, der sich für ein lebendiges Nachtleben stark macht, befürwortet den Vorstoß des Bundestagsabgeordneten: „Alleine die Tatsache, dass Clubs mit Bordellen auf einer Stufe stehen, ist für unser Image denkbar schlecht. Wir gehören nicht in diese Schmuddelecke.“

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Wenn es Clubs nicht mehr nur am Hans-im-Glück-Brunnen, der Rathausunterführung oder in der Nähe der Calwer Passage, sondern auch in Botnang, Zuffenhausen oder Rot, hätte das laut Heinze gleich mehrere Vorteile. Erstens seien Gewerbegebiete „der Partner und Freund“ des Nachtlebens – Emissionen gewohnt, kaum Anwohner und gut angebunden.

Mehrere Hotspots wären großstädtischer

Zweitens befürwortet Heinze das brodelnde Clubleben in der Innenstadt zwar, empfindet die Konzentration auf wenige Häuserblöcke aber als „Über-Dichte“ und würde auch aus dem Respekt vor Anwohnerinteressen lieber eine breitere Streuung sehen. „Und drittens wäre es auch einfach großstadtmäßiger, mehrere Hotspots für das Nachtleben zu haben“, sagt Heinze.

In Stuttgart gab es zuletzt vor allem um die faktische Wiedereinführung der Sperrstunde im Bereich Eberhardstraße/Josef-Hirn-Platz Diskussionen. Die Stadt wollte durchsetzen, dass dort um 5 Uhr das letzte Lied gespielt wird. Endgültig entschieden scheint noch nichts zu sein, die Clubbetreiber streben Entspannung mit den gestressten Anwohnern an.

Außerdem ist in Stuttgart auch immer wieder die vom Clubsterben die Rede. Zuletzt musste die Corso Bar an der Geißstraße die Segel streichen. Dass es immer weniger Tanzmöglichkeiten in der City geben soll, gehört nüchtern betrachtet aber ins Reich der Fabeln: Tatsächlich haben in den letzten Jahren viel mehr Clubs eröffnet als geschlossen. Vielleicht geht das bald auch jenseits von Stuttgart-Mitte so weiter.