Finanzbürgermeister Föll rechnet die Stadt arm, um bei den investitionswütigen Stadträten ja keine Begehrlichkeiten zu wecken, die aber naturgemäß Spielräume sehen, meint der StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Es mutet skurril an, wenn in einer Debatte über den Stadthaushalt der Kämmerer Michael Föll (CDU) darauf beharrt, seine Arbeit sei bestenfalls mit der Note 3- zu bewerten, während ihm SPD-Chef Körner eine Eins mit Sternchen ins Zeugnis schreiben möchte. Die Motivlage ist dabei eindeutig: Föll rechnet die Stadt arm, um bei den investitionswütigen Stadträten ja keine Begehrlichkeiten zu wecken, die aber naturgemäß Spielräume sehen – konkret für Steuersenkungen oder eine bessere Betreuung von Flüchtlingen. Bemerkenswert ist der Streit über die Hilfe fürs Klinikum. Hier geht es dem Kämmerer wohl ums Leistungsprinzip, wenn er sich gegen die Übernahme des Defizits von 23 Millionen Euro sträubt. Denn dieser Betrag läge noch auf dem Girokonto. Die Daumenschrauben sollen die Lust am strengeren Wirtschaften erhalten, während SPD und SÖS-Linke-Plus Entlastung (auch fürs Personal) predigen. Dass Föll urplötzlich und offensichtlich unabgestimmt einen „Vorschlag zur Güte“ aus dem Köcher zaubert, unterstreicht die starke Rolle des Finanzbürgermeisters in der Verwaltung.

 

Was sagen die Zahlen aber nun aus? Ende 2014 waren 200 Millionen Euro nicht verplant. Gut so, sieben Monate später ist das Geschichte. Diese Mittel fließen in Flüchtlingsunterkünfte und den Rosensteintunnel. Außerdem werden Projekte bar bezahlt, für die Kredite eingeplant waren. Es wurde bei Rekordsteuereinnahmen solide gewirtschaftet. Aber nicht mehr.

Die kommunale Buchhaltung ist so komplex, dass Stadträte darüber verzweifeln: Wie wirken sich Ermächtigungsübertragungen aufs Ergebnis aus? Warum ist ein gebührenfinanzierter Eigenbetrieb trotz Schulden keine Bad Bank? Zudem wird diese Materie nur alle zwei Jahre aufgerufen. Wer soll sich alle Beschlüsse merken? Rose von Stein jedenfalls nicht. Sie beklagte, Föll enge den Handlungsspielraum des Rats bei den Etatberatungen zu sehr ein. Dabei hatten 2013 die Freien Wähler gerade wegen der Ausgabenwut ihrer Kollegen den Haushalt in Gänze abgelehnt.