Die Mehrheit der Menschen auf dem Fasanenhof lehnt die Nachverdichtung ab.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Fasanenhof - Fünf Genossenschaften wollen am Ehrlichweg bauen. Bei einer Planungswerkstatt sollte die Bevölkerung ihre Wünsche und Bedenken einbringen. Das Ergebnis ist eine Bürgerempfehlung. Eckhard Benner und Hans-Peter Milatin haben an dieser mitgewirkt.

 
Herr Benner, warum lehnen Sie die Nachverdichtung ab?
Benner: Ich lehne nicht Nachverdichtung an sich, sondern diese Nachverdichtung ab. Und zwar, weil sie nicht zum Fasanenhof passt. Sie stellt die Flächen zu und zerstört damit die Wohn- und Aufenthaltsqualität für die vielen betroffenen Bewohner. Es wird quasi in den Vorgärten der Menschen gebaut. Die geplante Bebauung ist einfach zu dicht. Ich möchte aber noch ergänzen, dass es hierbei nicht um meine persönliche Meinung geht, sondern um meine Meinung als Bürgerredakteur.
Was genau heißt denn das? Wie sind Sie denn zum Bürgerredakteur geworden?
Benner: Das hat sich bei der ersten Planungswerkstatt ergeben. Ich wurde gefragt und habe es gern gemacht. Wir Bürgerredakteure vertreten die Meinung der Menschen, die sich in den Planungswerkstätten engagiert haben. Das ist unser Mandat.
Warum haben Sie es gemacht?
Benner: Weil ich hier gern wohne und mich gern für den Fasanenhof engagiere. Ich möchte meinen Beitrag zu einer angemessenen Weiterentwicklung des Stadtteils leisten.
Herr Milatin, warum sind Sie Bürgerredakteur geworden?
Milatin: Aus den selben Gründen. Mir liegt der Fasanenhof am Herzen, und ich möchte vermeiden, dass die Vorzüge des Stadtteils zerstört werden.
Und diese Vorzüge sind?
Milatin: Viele Grünflächen, freie Räume und ein gutes Mikroklima.
Die Stadt hatte zu der Planungswerkstatt eingeladen, um die Ideen und Meinungen der Bürger zu der geplanten Nachverdichtung zu sammeln. Was halten Sie von diesem Verfahren?
Benner: Das Verfahren an sich ist interessant, aber den Bürgern wurde von Stadt und Wohnungsbaugenossenschaften erst in der zweiten Planungswerkstatt dargestellt, dass es gar keinen Gestaltungsspielraum gibt. Damit war eine ganz andere Situation entstanden, mit der wir und auch die Moderation umgehen mussten.
Milatin: Zudem ist unser Anliegen umfassender als das der Stadt. Es ist nicht so, dass wir dagegen sind, dass neue Häuser gebaut werden. Aber wir wollen eine angemessene Weiterentwicklung des Fasanenhofs.
Dieses Anliegen ist doch erst mit dem Vorhaben und den Planungswerkstätten entstanden.
Benner: Nein, das Anliegen besteht schon viel länger. Aktuell ist es die Fortsetzung der Sozialen Stadt. Mit dem Programm hat die Stadt einen Teil dessen nachgeholt, was sie vorher über Jahre versäumt hat. Im Rahmen dieses Programms hat es ein großes Bürgerengagement gegeben. Nun ist die Soziale Stadt ein Projekt gewesen, das irgendwann einmal endet. Wir wollen, dass eine Weiterentwicklung im Sinne der Sozialen Stadt erfolgt.
Viele Fasanenhofer haben die Planungswerkstatt als Farce empfunden.
Milatin: Die Planungswerkstatt ist unglücklich gelaufen. Bei der ersten Veranstaltung sollten wir Vorschläge machen. Bei der zweiten Veranstaltung hat man uns dann gesagt, dass das alles nicht machbar ist.
Benner: Das haben die Genossenschaften vorher gewusst. Dass es gar keinen Spielraum gibt, hätte man uns auch gleich sagen können.
Was genau ist denn nach Meinung der Bürgerredakteure eine angemessene Nachverdichtung?
Benner: Was derzeit in anderen Planungswerkstätten für die Neuentwicklung von Industriebrachen wie dem Eiermann-Campus erarbeitet wird, haben wir hier auf dem Fasanenhof schon: ein funktionierendes, vielfältiges und sozial durchmischtes Quartier mit abwechslungsreichem Städtebau. Die Vielfalt der Bebauung muss erhalten bleiben und sollte kreativ an den richtigen Stellen ausgebaut werden. Die Aufenthalts- und Wohnqualität ist zugleich in sozialer und ökologischer Sicht weiterzuentwickeln.
In der Diskussion um die Nachverdichtung war auch immer wieder mal das Argument zu hören, dass mit der Sozialen Stadt viele Millionen in den Stadtteil investiert wurden und dass der Fasanenhof nun seinerseits wieder einen Beitrag leisten müsse, um die gesamtstädtischen Herausforderungen meistern zu können, also zum Beispiel bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Milatin: Die vielen Millionen haben diesen Beitrag schon umfasst. Am Europaplatz zum Beispiel ist massiv nachverdichtet worden. Der Prozess hat also schon stattgefunden.
Benner: Außerdem ist die Soziale Stadt kein Geschenk gewesen. Die Stadt hat damit nachgeholt, was sie Jahrzehnte zuvor versäumt hatte.
Wie stehen die Bürgerredakteure zu der am Ehrlichweg geplanten Flüchtlingsunterkunft?
Benner: Diese ist kein Problem. Die Flüchtlinge sind willkommen. Die Nachverdichtung und der Bau des Flüchtlingsheims haben nichts miteinander zu tun.
Milatin: Die Flüchtlingsunterkunft ist nie in Frage gestellt worden. Wenn man die Unterkunft mal nicht mehr braucht, wäre eine Nachverdichtung auf dieser Fläche möglich. Das Grundstück ist sowieso schon versiegelt. Da könnte man was Schönes draus machen.
Am Dienstag steht die Nachverdichtung im Umwelt- und Technikausschuss auf der Tagesordnung. Der Bürgerverein wird mehr als 800 Unterschriften übergeben, die er gegen das Projekt gesammelt hat. Und er hat dazu aufgerufen, dass viele Fasanenhofer in die Sitzung kommen, um ihre Ablehnung deutlich zu machen. Was werden Sie tun?
Milatin: Ich kann leider nicht in die Sitzung.
Benner: Ich werde versuchen in die Sitzung zu gehen. Und zwar um aus erster Hand zu erfahren, in welcher Art und Weise die UTA-Mitglieder mit der Bürgerempfehlung umgehen. Ich habe zwar kein Protestplakat vorbereitet, aber die rote Karte nehme ich mit.
Was erhoffen Sie sich von der Sitzung des Bezirksbeirats am Mittwoch?
Milatin: Einen respektvollen Umgang mit der Bürgerempfehlung – mit dem Ziel einer klaren Ablehnung der Nachverdichtung in der jetzt geplanten Form.
Was machen Sie, wenn die Nachverdichtung trotz allem so umgesetzt wird, wie bisher geplant?
Milatin: Ich gehe schwer davon aus, dass sie es nicht einfach durchziehen.
Benner: Ich habe die Erwartung, dass unsere Bürgerempfehlung entsprechend berücksichtigt wird. Eigentlich stehen wir mit ihr ja am Beginn eines spannenden Entwicklungsprozesses für den Stadtteil. Wenn die Bürgerempfehlung rundweg abgelehnt wird, würde die Bürgerbeteiligung zur Farce.
Das Gespräch führte Alexandra Kratz.