Der Bezirksbeirat hat sich mit der Nachverdichtung am Ehrlichweg beschäftigt. Das Gremium fordert die Stadt auf, noch einmal den gesamten Stadtteil in den Fokus zu nehmen.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Das war in der Tat die entscheidende Frage. „Worüber sollen wir nun eigentlich abstimmen?“, fragte Petra Leitenberger (Grüne), nachdem der Bezirksbeirat im Bürgerhaus am Mittwochabend bereits etwa eine Stunde lang über die Nachverdichtung am Ehrlichweg diskutiert hatte. Das wussten auch die Bezirksvorsteherin Evelyn Weis, der Stadtplaner Michael Hausiel und die Moderatorin des Bürgerbeteiligungsprozesses, Ute Kinn, nicht mehr so genau.

 

Um sich zu beratschlagen, unterbrach Weis sogar die Sitzung. Dann machte sie einen Vorschlag: Der von der Verwaltung präsentierte Bauzonenplan (siehe Hintergrundkasten) soll als Grundlage für ein Wettbewerbsverfahren genommen werden. Der Wettbewerb soll klären, welche Flächen in welchem Umfang sich für eine möglichst verträgliche Bebauung eignen.

CDU: kein Freibrief für die Stadt

„Da fehlen die von den Bürgern formulierten 15 Grundsätze für eine Weiterentwicklung des Fasanenhofs“, warf Leitenberger ein. Also fügte Weis hinzu, dass diese bei der Bürgerbeteiligung formulierten Prämissen einbezogen und berücksichtigt werden sollen. Aber auch damit waren die Bezirksbeiräte nicht zufrieden. „Die am Wettbewerb beteiligten Büros brauchen doch genauere Vorgaben, was sie machen sollen“, sagte Rüdiger Reinboth (Grüne). Diese Vorgaben zu entwickeln, sei seiner Meinung nach Aufgabe der Stadtplanung. Auch Walter Ulz (CDU) konnte sich mit dem Abstimmungsvorschlag nicht anfreunden. Er sei gegen die Nachverdichtung, und wenn er jetzt abstimme, könne die Stadt dies als Freibrief verstehen, das Projekt doch wie geplant weitervoranzutreiben.

Christine Dietenmaier (Grüne) sah es ein wenig anders. „Wenn wir es einfach ablehnen, vergeben wir eine Chance. Ein Kompromiss ist meiner Meinung nach der bessere Weg.“ Die Stadt solle noch einmal den gesamten Fasanenhof in den Blick nehmen und nach möglichen Nachverdichtungspotenzialen suchen, sagte Leitenberger. „Der Fokus darf nicht auf den Ehrlichweg verengt werden. Unsere Diskussion heute war sehr viel breiter“, sagte die Grünen-Bezirksbeirätin.

Auch die CDU wollte nicht abstimmen, allerdings aus einem anderen Grund, wie Fred Wagner betonte. Der von der Verwaltung vorgelegte Bauzonenplan sei zu un-exakt. Der Bezirksbeirat könne nicht abschätzen, was damit auf den Fasanenhof zukomme. „Und so lange wir das nicht wissen, können wir auch nicht zustimmen.“

Zwei einstimmige Beschlüsse

Die SPD war mit ihrer Meinung irgendwo dazwischen. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Diskussion hatte Dieter Bernhardt gesagt: „Wir müssen die Realitäten zur Kenntnis nehmen.“ Einerseits brauche Stuttgart mehr bezahlbaren Wohnraum, andererseits lehnten die Menschen auf dem Fasanenhof die Nachverdichtung ab. „Es hat wenig Sinn, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Aber es sollte auch keine Schwarz-Weiß-Malerei betrieben werden.“ Mit einer Nachverdichtung drohe nicht per se ein Rückfall hinter die Errungenschaften der Sozialen Stadt, wie von manchen befürchtet. Eine Nachverdichtung biete auch Chancen. Bernhard plädierte dafür, den Beteiligungsprozess neu aufzurollen. „Wir befinden uns noch nicht im Entscheidungsprozess.“ So lautete das Fazit des SPD-Bezirksbeirats.

Am Ende war sich das Gremium zumindest darin einig, dass man nicht in der Lage ist, über den Bauzonenplan abzustimmen. Statt dessen soll die Verwaltung noch einmal den gesamten Fasanenhof auf ein mögliches Nachverdichtungspotenziel prüfen. Die Lokalpolitiker fassten diese beiden Beschlüsse einstimmig. Das Ergebnis der Sitzung stellte auch die vielen Fasanenhofer zufrieden, die ins Bürgerhaus gekommen waren, um ihr Nein zur Nachverdichtung deutlich zu machen. Der Umwelt- und Technikausschuss beschäftigt sich am Dienstag, 29. November, erneut mit dem Thema und wird voraussichtlich auch eine Entscheidung fällen.

Die fünf Genossenschaften, die rund um den Ehrlichweg Grundstücke haben, planen schon lange den Bau zusätzlicher Häuser. Im April 2016 stimmte der Umwelt- und Technikausschuss einer Bürgerbeteiligung zu. Das Ziel war es, eine Nachverdichtung zu ermöglichen. Größe und Umfang sollten die Bürger diskutieren. An der Bürgerbeteiligung gab es von Anfang an Kritik. Am Ende stand fest: „Das Vorhaben der Nachverdichtung im Bereich des Ehrlichwegs stößt bei den Bewohnern vor Ort auf größte Skepsis bis absolute Ablehnung. Die Empfehlung der beteiligten Bürger lautet, keine Nachverdichtung in Ehrlichweg (mit Ausnahme der städtischen Fläche), Kurt-Schumacher-Straße, Sautterweg und Giescheweg vorzunehmen.“ So steht es in der Bürgerempfehlung. Diese beinhaltet auch 15 Grundsätze für das weitere Vorgehen, bei dem der gesamte Stadtteil im Fokus stehen soll.

Aufgrund der Bürgerempfehlung überarbeitete die Verwaltung nochmals ihren Entwurf. Bei der Bezirksbeiratssitzung stellte Michael Hausiel einen Bauzonenplan vor. Es ist lediglich eine Art Faustskizze mit schraffierten Flächen. Ein paar Eckpunkte stehen aber fest: Die Grünzüge zwischen den Häuserzeilen bleiben frei. Lediglich dort, wo derzeit Garagen sind, und am Sautterweg sollen neue Häuser entstehen, so lautet die Idee der Verwaltung.