Nachverdichtung Stuttgart-Fasanenhof Unmut über zusätzliches Hochhaus

Die geplante Nachverdichtung rund um den Ehrlichweg ist im Stadtteil noch immer ein Ärgernis. Das Architekturbüro hat seinen Entwurf noch einmal entsprechend der Juryempfehlungen überarbeitet – allerdings nicht im Sinne der Bürger.
Fasanenhof - Eckhard Benner kann nur den Kopf schütteln. Er ist Mitglied im Bürgerverein Fasanenhof und hat die Pläne für eine mögliche Nachverdichtung rund um den Ehrlichweg genau verfolgt. Die fünf Genossenschaften, die auf dem Areal zwischen der Autobahn, dem Sautterweg und der Kurt-Schumacher-Straße Flächen besitzen, wollen dort zusätzliche Häuser bauen. Die Stadt muss dazu einen neuen Bebauungsplan aufstellen. Benner steht dem Vorhaben äußerst kritisch gegenüber. Und mit dieser Meinung ist er im Stadtteil nicht allein. Viele befürchten, dass eine Nachverdichtung die Errungenschaften des erfolgreichen Sanierungsprogramms „Soziale Stadt“ konterkarieren.
Um so größer war die Empörung, als Michael Hausiel vom Stadtplanungsamt am Mittwochabend den überarbeiteten Wettbewerbsentwurf des Stuttgarter Büros Schwarz Jacobi vorstellte. Denn am Ende der Kurt-Schumacher-Straße stand plötzlich ein zusätzliches fünfstöckiges Haus. Dieses sei auch innerhalb der Verwaltung umstritten gewesen, räumte Hausiel ein. Nüchtern städtebaulich betrachtet, sei es sicherlich nicht notwendig. Aber das Haus mache die Nachverdichtung für die Genossenschaft wirtschaftlicher. Und Wohnungen seien in Stuttgart knapp, weshalb die Schaffung neuen Wohnraums eine Aufgabe der Stadt sei, sagte Hausiel. Er fügte hinzu: Das Preisgericht hatte angeregt, in der Entwurfsüberarbeitung nach zusätzlichem Nachverdichtungspotenzial zu suchen.
Keine verträgliche Nachverdichtung mehr
Veränderungen gibt es in der Überarbeitung auch am Sautterweg. Dort ist die ursprünglich komplexere Bautypologie zwei-, drei- beziehungsweise viergeschossigen Zeilenhäusern gewichen. Allerdings ist der Sautterweg Teil des Ideenwettbewerbs. Das heißt, dass dort kurzfristig nicht gebaut wird. Hausiel führte aus, dass die Fasanenhofer in der Bürgerbeteiligung auch die Bebauung der Flächen am Sautterweg vorgeschlagen hätten. Benner verneint das entschieden: „Ein Blick in die Bürgerempfehlung zeigt unmissverständlich, dass es einen solchen Vorschlag definitiv nicht gegeben hat“, sagt er.
Ihn ärgert es maßlos, dass die Pläne von dem abweichen, was in der Bürgerbeteiligung besprochen worden ist und dann auch noch ein zusätzliches fünfstöckiges Gebäude an der Kurt-Schumacher-Straße eingefügt wurde. „Der ursprüngliche Architektenplan wurde dem Anspruch der verträglichen Nachverdichtung gerecht. Der überarbeitete Plan erfüllt dies nicht mehr“, sagt er. Zudem sei völlig offen, inwiefern die Grünflächen am Bergiusweg ersetzt werden. Genau das aber sei der erste Grundsatz der Bürgerempfehlung gewesen.
Ansonsten konzentriert sich die Nachverdichtung so wie beim Wettbewerbsergebnis nach wie vor am Ehrlichweg. Dort sind sechs Punkthochhäuser geplant. Das Preisgericht hatte angeregt, ein zusätzliches Geschoss zu prüfen. Diese Prüfung fiel aber negativ aus. Das oberste Geschoss würde zu viel Lärm abbekommen.
Die Flüwo würde gern den Grundriss ihrer drei Punkthochhäuser nördlich des Ehrlichwegs vergrößern. So könnten zehn Wohnungen mehr entstehen. Die Stadtverwaltung ist aber dagegen. Die Abstände zwischen den Häusern würden sonst zu gering, so die Argumentation.
Auf städtischem Grundstück ist eine Kita vorgesehen
Mittel- bis langfristig könnte auch das städtische Grundstück zwischen Ehrlichweg und Autobahn neu bebaut werden, auf dem aktuell die Flüchtlingsunterkunft steht. Dort könnten eine Kita und zwei L-förmige Gebäude entstehen. Weil kurzfristig keine Neubebauung möglich ist, gehört dieses Areal aber ebenso wie der Sautterweg zum Ideenteil des Wettbewerbs.
Nach den groben Schätzungen der Stadt könnten so rund um den Ehrlichweg 127 neue Wohnungen entstehen. Im ursprünglichen Entwurf waren es nur 90 Wohnungen. Die möglichen neuen Gebäude im Ideenteil sind in diesen Schätzungen nicht enthalten. Zusätzlich zu den Häusern würde eine Tiefgarage mit knapp 230 Stellplätzen entstehen. Die Zahl der öffentlichen Stellplätze beträgt etwa 220.
Auch die Mitglieder des Bezirksbeirats waren empört. Mit 90 zusätzlichen Wohnungen hätte man sich ja vielleicht noch anfreunden können, sagte Fred Wagner (CDU). Aber jetzt sei es wie beim Metzger, nach dem Motto: Darf es auch ein bisschen mehr sein? Dieter Bernhardt (SPD)mahnte eine „verträgliche Nachverdichtung“ an. Die Zahl der Wohnungen dürfe nicht durch die Hintertür aufgestockt werden. Zudem forderte er ein Verkehrskonzept, insbesondere mit Blick auf den sowieso schon hohen Parkdruck in dem Gebiet. Auch Petra Leitenberger (Grüne) hatte kein Verständnis für noch mehr Wohnungen als ursprünglich schon geplant.
Die Entscheidung fällt 2019
Der Bezirksbeirat lehnte mehrheitlich das zusätzliche Punkthochhaus an der Kurt-Schumacher-Straße ab und forderte, dass maximal 90 neue Wohnungen gebaut werden. Der Sautterweg soll aus dem Ideenteil des Wettbewerbs wieder gestrichen werden. Einstimmig einigte sich das Gremium darauf, das der Grundriss der Punkthochhäuser am Ehrlichweg, entgegen dem Wunsch der Baugenossenschaft nicht vergrößert werden soll.
Der überarbeitete Entwurf wird im Januar im Städtebauausschuss und im Umwelt- und Technikausschuss vorgestellt. Dort fällt dann die Entscheidung, ob er Grundlage eines neuen Bebauungsplans werden soll. Wenn ja, wird der Aufstellungsbeschluss gefasst und das Verfahren eingeleitet. Bis der neue Bebauungsplan steht, vergehen dann noch einmal mindestens drei Jahre.
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