Washington fordert wegen dubioser Geschäfte vor der Finanzkrise 14 Milliarden Dollar. Das Geldhaus will sich wehren. Analysten sehen gleichwohl die Gefahr, dass die Bank ihr Kapital erhöhen muss. Der Aktienkurs geht auf Talfahrt.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Das US-Justizministerium will an der Deutschen Bank offenbar ein Exempel statuieren: Wegen dubioser Geschäfte im Vorfeld der Finanzkrise fordert das Justizministerium in Washington von den Frankfurtern 14 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro). Für die Bank ist das eine böse Überraschung; ihre Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten belaufen sich auf 5,5 Milliarden Euro. Das Institut will sich gegen die US-Forderung zur Wehr setzen: Man habe nicht vor, einen Betrag zu zahlen, der „auch nur annähernd der genannten Zahl entspricht“, teilte die Bank in der Nacht zum Freitag mit. Bei der vorab durch Medienberichte bekanntgewordenen Forderung handele es sich lediglich um einen „Vergleichsvorschlag“. 14 Milliarden Dollar wären die höchste Strafe, die einer ausländische Bank in den USA je aufgebrummt wurde.

 

Washington hat in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Geldhäuser zur Kasse gebeten, die bislang höchste Summe zahlte mit 16,7 Milliarden Dollar die Bank of America. Branchenexperten zeigten sich von der Höhe der Forderung an die Deutsche Bank gleichwohl überrascht. Die Frankfurter seien auf dem US-Markt auch vor der Finanzkrise weit weniger aktiv gewesen als die dortigen Großbanken, hieß es aus Finanzkreisen. Allein die Bank of America hatte in den Jahren 2007 und 2008 verbriefte Immobilienkredite im Volumen von rund 800 Milliarden Dollar verkauft, ohne Investoren über die damit verbundenen Risiken aufzuklären. Bei der Deutschen Bank bewegte sich das Volumen solcher Verbriefungen laut einer früheren Mitteilung an die US-Behörden bei rund 100 Milliarden Dollar.

Schlusslicht im Dax

Vor diesem Hintergrund strebt das Institut in den Vergleichsverhandlungen eine „deutlich niedrigere“ Zahlung an als vom US-Justizministerium verlangt. Schätzungen zufolge zahlten andere Banken in vergleichbaren Fällen letztlich 50 bis 70 Prozent weniger als zunächst von der Behörde gefordert.

Beobachter sehen dennoch die Gefahr, dass die Deutsche Bank ihr Kapital erhöhen muss: „Wenn die Strafe am Ende fünf Milliarden Euro oder mehr beträgt, wird die Deutsche Bank nicht um eine Kapitalerhöhung herumkommen“, sagte der Analyst Ingo Frommen von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Für eine Kapitalerhöhung müssen Unternehmen neue Aktien ausgeben, was den Kurs der bereits im Umlauf befindlichen Papiere verwässert. Der Kurs der Deutschen-Bank-Aktie stürzte deshalb schon am Freitag ab, das Papier bildete das Schlusslicht im deutschen Aktienindex Dax.

Frommen hält den Verhandlungsspielraum der Bank für begrenzt. Der seit einem Jahr amtierende Bankchef Cryan stehe unter erheblichem Druck. „Er steht jetzt mit dem Rücken zur Wand, sich bald mit der US-Justiz zu einigen, weil die Investoren Klarheit fordern werden“, sagte Frommen dieser Zeitung. Dass die Bank öffentlich Widerstand gegen das US-Justizministerium formuliert habe, sei riskant. Frommen verwies auf den Fall der französischen Bank BNP Paribas, die trotz Interventionen selbst von Staatspräsident Francois Hollande diese Woche eine Strafzahlung von neun Milliarden Dollar an die US-Behörden akzeptieren musste. Die Bundesregierung teilte am Freitag mit, sie werde sich in die Verhandlungen der Deutschen Bank mit der US-Regierung nicht einmischen. Man gehe davon aus, dass am Ende des Verfahrens „auf Grundlage der Gleichbehandlung ein faires Ergebnis erzielt wird“, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums in Berlin.

Racheaktion für den Angriff auf Apple?

Als Vergleichsgröße verwiesen Brancheninsider auf den Fall der Investmentbank Goldman Sachs, die wegen strittiger Immobilien-Deals fünf Milliarden Dollar zahlen musste. Ähnlich wie die Deutsche Bank vergab das Institut selbst keine Immobilienkredite an Häuslebauer in den USA und drehte deshalb auch bei den Verbriefungen kein ganz so großes Rad wie die Platzhirsche Bank of America oder JP Morgan.

Nach Ansicht einiger Beobachter sollte das US-Justizministerium außerdem berücksichtigen, dass die Deutsche Bank in einem früheren Vergleich mit anderen US-Behörden bereits 1,9 Milliarden Dollar als Kompensation für umstrittene Geschäfte auf dem US-Immobilienmarkt gezahlt habe. „Eine Strafzahlung von rund 2,5 Milliarden Dollar würden wir als akzeptables Ergebnis einstufen“, sagte Christian Koch von der DZ Bank der Nachrichtenagentur Reuters. Neil Wilson vom Brokerhaus ETX Capital äußerte dagegen den Verdacht, die USA wollten sich für das Vorgehen der EU gegen die Steuertricks großer amerikanischer Konzerne rächen: „Die Deutsche Bank könnte der Prügelknabe für den Angriff der EU-Kommission auf Apple sein“, zitierte Reuters den Analysten. Das Bundesfinanzministerium erklärte, es sehe zwischen den beiden Fällen keinen Zusammenhang.