Das Nest auf dem Storchenturm in Weil der Stadt ist voll besetzt – vier kleine Storchenkinder sind Ende April geschlüpft. Aber die Nahrungssuche ist dieses Jahr schwieriger als sonst.

Leon und Heidi, die Altstörche der Keplerstadt, haben viel zu tun. Es gilt vier hungrige „Mäuler“ zu stopfen, deren Schnäbel gierig nach dem mitgebrachten Futter schnappen. Immer wenn einer der Störche ans Nest zurückkommt, hat man die beste Chance, die vier kleinen, flauschigen Köpfchen zu erspähen. „Bei der momentanen Trockenheit ist es gar nicht so leicht, genug Nahrung zu finden“, sagt Sabine Holmgeirsson, die Storchenbeauftragte in der Gegend.

 

Sie hat die vier Köpfchen bereits vor rund einer Woche entdeckt und sie seitdem immer wieder bei einer der Fütterungen auftauchen sehen. „Gerade bleibt nicht einmal Zeit für ein begrüßendes Geklapper der Eltern“, hat Holmgeirsson beobachtet. Der eine Storch sei kaum gelandet, da fliege der andere bereits los, um für Nachschub zu sorgen. Rund sechs Kilogramm Insekten, Regenwürmer und Mäuse brauchen die vier kleinen Störche bald pro Tag. Sabine Holmgeirsson ist aufgefallen, dass die Störche teilweise längere Zeit unterwegs sind, was bedeute, dass ihr Radius zur Futtersuche rund zehn bis 20 Kilometer betragen kann.

Die Störche werden beringt, bekommen aber keine Sender

Am sechsten Juni ist die Beringung geplant. Für den Nachmittag ist der Hubsteiger mit dem schwenkbaren Ausleger gebucht, den Sabine Holmgeirssons Tochter steuert und der vom Naturschutzbund (NABU) Weil der Stadt bezahlt wird. Einen Sender wird es wohl nicht geben, denn das Programm, zu dem auch die Datenerhebung durch das Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell gehört, ist ausgelaufen. „Per Mail habe ich die Anfrage erhalten, ob man die Besenderung nicht durch Spenden finanzieren könne“, sagt Holmgeirsson, die nach wie vor regelmäßig Anfragen und Informationen rund um die Weiler Störche bekommt. Allerdings ist es mit dem Anbringen der Sender nicht getan. Denn die Datenauswertung ist aufwendig, um Details über das Verhalten der Vögel herauszufinden.

Gestatten: Leon und Heidi Foto: Annette Frühauf

Aufgrund des Interesses der Weiler Bürger hält die Storchenbeauftragte aber regelmäßig Vorträge über die beliebten Tiere, beispielsweise in den Seniorenheimen. „Es ist toll zu sehen, dass sich auch die älteren Bürger noch die Tracking-App auf ihr Handy laden, um den besenderten Störchen zu folgen“, freut sie sich. Am 21. Juni ab 17 Uhr findet der erste Storchennachmittag vor dem Platz beim Klösterle statt. Durch Ferngläser und -rohre können Interessierte das Treiben im Nest gut beobachten. Zu diesem Zeitpunkt sind die Störche fast so groß wie ihre Eltern und können bereits fast drei bis vier Kilogramm wiegen. Der ausgewachsene Weißstorch erreicht immerhin eine Flügelspannweite von gut zwei Metern.

Die Beringung erfolgt auf dem Nest

Sabine Holmgeirsson hat bei ihren zahlreichen Beobachtungsversuchen auch festgestellt, dass die vier Küken in diesem Jahr etwa gleich groß aussehen. „Bei guter Nahrungsversorgung ist es durchaus möglich, dass es alle vier Störche schaffen“, erklärt sie. Wie es dem Nachwuchs wirklich geht, erfährt sie erst bei der geplanten Beringung. Sehr wahrscheinlich werden die Jungen dafür in diesem Jahr von Stefan Bosch und Sabine Holmgeirssons Sohn, beides ebenfalls Storchenbeauftragte, nicht aus dem Nest nach unten geholt, sondern wie im ersten Jahr, gleich oben beringt und gewogen werden.