Der VfB Stuttgart befürchtet, seine Nachwuchsarbeit könnte unter den schlechten Rahmenbedingungen im Neckarpark leiden. Mit der Erweiterung der Mercedes-Welt fallen einige Trainingsplätze weg.

Stuttgart - Für den VfB Stuttgart ist eine erfolgreiche Jugendarbeit die Grundlage für den Erhalt seiner Wettbewerbsfähigkeit. In der laufenden Spielzeit stammen 23 Prozent der eingesetzten Spieler aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum, der Anteil der beim VfB ausgebildeten Spieler in der Bundesliga beträgt sechs Prozent – damit ist der VfB spitze. Weil sich damit Einnahmen generieren lassen, investiert der Verein neben seinem Clubhaus an der Mercedesstraße im Neckarpark 9,5 Millionen Euro in eine Fußballakademie.

 

Während aber die Infrastruktur – Umkleide- und Aufenthaltsräume, Fitness-Center, Physiotherapie – modernsten Ansprüchen genügt, droht dem Bundesligisten im wichtigen Bereich der Trainingsmöglichkeiten ein jahrelanger Engpass mit noch nicht absehbaren Folgen.

Das Problem ist die Erweiterung der Mercedes-Welt

Ausschlaggebend für das Problem ist ausgerechnet der VfB-Hauptsponsor. Er plant die Erweiterung seiner Mercedes-Benz-Welt im Neckarpark, in deren Zuge die städtische Bezirkssportanlage geschleift würde; diese wird vom VfB-Nachwuchs genutzt, aber auch von vier ausländischen Vereinen, der Gehörlosen-Sportgemeinschaft sowie von 15 weiteren Vereins- und Betriebssportgruppen. Wegen des Mercedes-Projekts bliebe neben zwei Kleinspielfeldern nur noch ein Spielfeld mit Normmaßen – von jetzt vier – übrig. Wann genau es beim Konzern mit dem Stern so weit ist, steht noch in den Sternen. Das Unternehmen hat allerdings bereits einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben und einen Baubeginn zum Ende des Jahres nicht ausgeschlossen. Ein Ersatz in Form zweier Kunstrasenplätze ist zwar geplant, diese können aber erst nach der Verlegung der Benzstraße gebaut werden. Das wird nicht vor dem Jahr 2018 der Fall sein.

Der Fußballplatzmangel ist der ständige Begleiter des VfB, er bemüht sich deshalb, bei umliegenden Vereinen wie dem Sportclub und dem Polizeisportverein (PSV) Trainingszeiten zu bekommen. Die Rahmenvereinbarung mit dem PSV sieht etwa vor, dass der VfB den Verein im Gegenzug dafür entschädigt, dass er seine Plätze nur noch selten an Dritte vermieten kann. Zudem übernimmt er die Pflege. Und abends dürfen die Hobbykicker auch noch den VfB-Kunstrasen nutzen. „Kein Kreisligaverein hat im Winter solche Bedingungen“, sagt Vorstand Stefan Heim. „Der Platz wird täglich geräumt.“

VfB-Vorstände fordern zwingend Ersatz

VfB- Sportdirektor Fredi Bobic und Finanzvorstand Ulrich Ruf haben der Stadt deshalb klargemacht, dass sie „zwingend“ Ersatz für die wegfallenden Plätze bräuchten und deshalb den verbleibenden Rasenplatz und die zwei Kleinspielfelder der städtischen Anlage montags bis freitags in der Zeit zwischen 16.30 Uhr und 19.30 Uhr für sich beanspruchen. Sie erinnern in ihrem Brief daran, dass die Jugendakademie auch auf Wunsch der Stadt im Neckarpark angesiedelt worden sei. Damals habe OB Schuster zugesichert, „dass dem VfB Stuttgart entsprechende Trainingsflächen zur Verfügung stehen“ und die Vereinsinteressen „vorrangig berücksichtigt“ würden.

„Eine Exklusivität haben wir nie zugesichert“, sagt dagegen Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU). Im Gegenteil: sie informierte die Vorstände nun darüber, „dass die Priorität der künftigen Nutzung der verbleibenden Spielfelder eindeutig bei den ausländischen Sportvereinen liegen wird“, weil die Stadt für diese keine Ausweichmöglichkeiten habe. Für das Training der Jugendakademie bliebe dem Bundesligisten seine eigene Anlage und die seiner Partner. Nach dem Bau der beiden Ersatzplätze werde sie prüfen, „ob dort gegebenenfalls ein Bedarf für die Jugendakademie angemessen berücksichtigt werden kann“.

Verhältnis zwischen VfB und Stadt ist nicht immer gut

Das Verhältnis zwischen dem VfB und der Stadtverwaltung unterlag schon immer Schwankungen. Beim Bundesligisten herrscht die Meinung vor, als bedeutendster Werbeträger der Stadt müssten seine Interessen adäquat berücksichtigt werden, im Rathaus hält sich der Eindruck, der VfB mache sich in der Stadtgesellschaft rar und sei nur Meister im Fordern. Zuletzt hieß es, die Kosten für einen Korso im Fall des Pokalsiegs sollten komplett vom Steuerzahler beglichen werden. Für den Reinfall beim Empfang am Tag nach dem Spiel machen sich beide gegenseitig verantwortlich.

Letztes Jahr ging es darum, die Kooperation mit dem PSV durch den raschen Bau einer Flutlichtanlage und eines Kleinspielfeldes abzurunden – aber auf städtische Kosten. Das komme nicht infrage, schrieb Eisenmann. Der PSV könne maximal einen Zuschuss erwarten.

Mit Erwin Staudt als Präsident konnte sich die Stadt arrangieren, der Stadionumbau fiel in seine Amtszeit. Sein Nachfolger Gerd Mäuser verscherzte es sich mit der Rathausspitze schon beim ersten Kennenlernen, bei dem er mit der Tür ins Haus gefallen sein soll. Später drohte er ohne Not mit einer Feststellungsklage, falls im Neckarpark Wohnungsbau stattfinde, weil Klagen wegen des Stadionlärms drohten. Ein Sturm im Wasserglas, wie gemeinsame Messungen belegten. Der finale Akt war Mäusers verbale Entgleisung gegenüber einer Mitarbeiterin der Landesstiftung, die ihm das soziale Projekt „Kicken und Lesen“ präsentierte. Die Gattin des Stiftungs-Geschäftsführers heißt Susanne Eisenmann. Im Rathaus freut man sich auf den neuen Präsidenten Bernd Wahler. Er dürfte leichteres Spiel als sein Vorgänger haben – weil er sagt: „Der VfB gehört zu Stuttgart.“ Mit Fritz Kuhn erwartet ihn zwar ein Bayern-Fan, aber auch ein OB mit Fußballverstand.