Sie haben wieder miteinander gesprochen, gebracht hat es aber nichts. Die Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL sind am Montag unversöhnlich vom Verhandlungstisch aufgestanden. Nun kommt der nächste Bahnstreik. Wann, will die GDL "rechtzeitig" bekannt geben.

Berlin - Fahrgäste und Firmenkunden der Deutschen Bahn müssen schon bald wieder mit einem Streik rechnen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) kündigte am Montag „weitere Arbeitskämpfe“ an. Wann die Lokführer die Arbeit niederlegen wollen, ließ sie aber offen. „Die GDL wird darüber rechtzeitig informieren“, hieß es lediglich. Die Bahn zeigte sich empört. Ihre Kunden würden damit zum Spielball der GDL.

 

Am Sonntagabend waren Tarifgespräche zwischen beiden Seiten gescheitert. Bahn und GDL gaben sich dafür gegenseitig die Schuld. Nach Darstellung der Bahn war eine Vereinbarung, die den Konflikt entschärft hätte, fast unterschriftsreif. Die GDL hätte demnach einen eigenständigen Tarifvertrag für Zugbegleiter erhalten sollen, teilte die Bahn mit.

GDL lehnt Bahnangebot einstimmig ab

Die GDL-Spitzengremien lehnten den Bahn-Vorschlag einstimmig ab. Die Gewerkschaft argumentierte, der Tarifvertrag hätte der GDL nur eine Scheinzuständigkeit für die Zugbegleiter gegeben. „Die Entscheidung, welche Inhalte tatsächlich tarifiert werden und welche Tarifstruktur maßgebend ist, soll allein eine Gewerkschaft treffen, der die GDL-Mitglieder nicht angehören wollen“, hieß es in der GDL-Erklärung. Gemeint ist damit die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), mit der die GDL beim Zugpersonal konkurriert.

Die EVG hatte der GDL erneut gemeinsame Verhandlungen angeboten. „Kommt in die Verhandlungskommission und lasst uns gemeinsam mit der Bahn verhandeln. Davon profitieren alle unsere Mitglieder“, warb der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner im „Focus“.

Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky warf der Bahn vor, das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit all ihrer Mitarbeiter infrage zu stellen. Der GDL solle „sowohl die Nichtzuständigkeit für einen Teil der Mitglieder als auch der Verzicht auf das Streikrecht“ diktiert werden, kritisierte der Gewerkschaftschef. Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber wies der GDL die Verantwortung für das Scheitern der Gespräche zu: „Eine gute Zukunftslösung ist erneut an reinen Machtfragen gescheitert. So verhält sich kein verlässlicher Verhandlungspartner.“ Die GDL-Spitze habe am Sonntagabend die Gespräche „völlig überraschend platzen lassen“.

Hauptstreitpunkt in dem Konflikt ist die Forderung der GDL, nicht nur für Lokführer, sondern auch für andere Berufsgruppen Tarifverträge aushandeln zu dürfen. Für sie hat bislang allein die EVG Verträge abgeschlossen.

Der Entwurf des neuen „Tarifvertrages zur Regelung tariflicher Verfahrensfragen“ sollte nach Bahn-Angaben die Kollision von zwei unterschiedlichen Tarifverträgen für ein und dieselbe Berufsgruppe vermeiden. Darüber habe in den Gesprächen Einvernehmen bestanden. Der Vertrag sollte am Sonntagabend abschließend beraten und vereinbart werden. Nach einer Sitzung der Tarifkommission habe die GDL dann jedoch einen Rückzieher vollzogen. Beide Seiten hatten die vertraulichen Gespräche vorher nicht publik gemacht.

Streik von bis zu 91 Stunden im Gespräch

In der Sitzung des GDL-Hauptvorstands und der Tarifkommission war nach Informationen der „Bild“-Zeitung (Montag) ein Streik von bis zu 91 Stunden im Gespräch. Zuletzt hatten die Lokführer vom 17. bis zum 20. Oktober insgesamt 50 Stunden lang gestreikt - an einem Wochenende und zum Beginn der Herbstferien in vielen Bundesländern.

Das Vorgehen der GDL schadet nach Ansicht von IG-Metall-Chef Detlef Wetzel den Gewerkschaften insgesamt. „Zuständigkeit zu reklamieren, obwohl einem die Mitglieder fehlen - das ist der Tod der Gewerkschaftsbewegung“, sagte Wetzel dem „Spiegel“. Er halte es für legitim, dass die GDL für Lokführer zuständig sei, weil sie dort die Mehrheit habe. „Aber wie die GDL in anderen Bereichen nicht die Mehrheit zu haben und sich trotzdem für zuständig zu erklären, das ist undemokratisch“, so der IG-Metall-Vorsitzende.