Den zweiten Tag in Folge schweigen die Waffen im Gaza-Krieg. Nun hofft die Welt, dass sich Israel und Palästinenser auf eine längere Waffenruhe einlassen. Ägyptische Vermittler sind rund um die Uhr im Einsatz.

Den zweiten Tag in Folge schweigen die Waffen im Gaza-Krieg. Nun hofft die Welt, dass sich Israel und Palästinenser auf eine längere Waffenruhe einlassen. Ägyptische Vermittler sind rund um die Uhr im Einsatz.

 

Tel Aviv/Gaza/Kairo - Nach Durchsetzung einer stabilen Waffenruhe im Gaza-Krieg bemüht Ägypten sich um eine längerfristige Beruhigung der Lage. Auch am zweiten Tag der Feuerpause kam es bis zum Nachmittag nicht zu neuen Verstößen, wie eine israelische Armeesprecherin am Mittwoch bestätigte. Israel schickte am Mittwoch rund 27.000 Reservisten wieder nach Hause.

Mit dem Schweigen der Waffen treten Bemühungen um eine Verlängerung der 72-stündigen Feuerpause in den Vordergrund, die noch bis zum Freitag 8 Uhr Ortszeit dauert. Israelische und palästinensische Unterhändler tauschten in Kairo über ägyptische Vermittler bereits Papiere mit ihren jeweiligen Forderungen aus.

Die einmonatige Offensive Israels im Gazastreifen hat dort schwere Zerstörungen hinterlassen. 65.000 Menschen haben nach UN-Angaben keine Bleibe mehr. 187.000 Menschen halten sich nach Angaben des Sprechers des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA, Chris Gunnes, weiterhin in 90 UN-Schutzräumen auf. Einige seien auch dorthin zurückgekommen. Die Aufräumarbeiten gingen am Mittwoch weiter. Helfer zogen weitere Leichen aus den Trümmern.

Issat al-Rischak, ein hochrangiger Funktionär der im Gazastreifen herrschenden Hamas, stellte eine Verlängerung der Waffenruhe über Freitag hinaus in Aussicht. Dies hänge aber vom Verlauf der Verhandlungen mit Israel ab, sagte Al-Rischak der palästinensischen Nachrichtenagentur Maan am Mittwoch.

Beratungen in Kairo

Israelische und ägyptische Unterhändler hatten in der Nacht zum Mittwoch in Kairo mehrere Stunden lang über eine dauerhafte Waffenruhe beraten. Die israelische Delegation war am Dienstagabend eingetroffen. Sie verließ Kairo nach dpa-Informationen noch vor Mitternacht. Die israelischen und palästinensischen Delegationen sollen nun Zeit bekommen, die gegenseitigen Forderungen auszuloten.

Israel fordert als Bedingung für einen Wiederaufbau des zerstörten Gazastreifens eine Entmilitarisierung des schmalen Küstengebiets und eine Entwaffnung der militanten Organisationen. Dies lehnt die radikal-islamische Hamas bislang kategorisch ab.

Die Palästinenser fordern eine Aufhebung der jahrelangen Blockade des Gazastreifens. Dabei nennen sie den Bau eines See- und Flughafens in Gaza, eine Aufhebung von Einschränkungen bei der Geldüberweisung und eine Ausweitung der Fangzone für Fischer. Sie verlangen auch die Freilassung von Häftlingen.

Kerry will Friedenslösung vermitteln

Die USA werden nach Angaben der Regierung in Washington vermutlich an weiteren Gesprächen in Kairo teilnehmen. US-Außenminister John Kerry sagte dem britischen Fernsehsender BBC, die Gespräche in Kairo müssten Wegbereiter für breiter angelegte Verhandlungen in Richtung einer Zwei-Staaten-Lösung sein, um einen dauerhaften Frieden in der Region zu sichern.

Kerry kritisierte, die Hamas habe sich „auf unglaublich schockierende Weise verhalten“ und daher habe es auch schlimme Schäden im Gazastreifen gegeben. Zur Forderung nach einer Aufhebung der Blockade des Palästinensergebiets sagte er, man unterstütze den Wunsch der Palästinenser nach besseren Lebensbedingungen und mehr Freiheit. Dies sei aber auch verbunden mit „mehr Verantwortung Israel gegenüber - was bedeutet, Raketen aufzugeben“.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in Berlin: „Ich hoffe, dass es gelingt, die Feuerpause zu verlängern und verstetigen, damit das unendliche Leid der Zivilbevölkerung endlich ein Ende hat.“

Seit Beginn der israelischen Offensive vor einem Monat wurden nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 1875 Palästinenser getötet und 9567 weitere verletzt. Unter den Toten seien 430 Kinder, 243 Frauen und 79 ältere Menschen, teilte der Sprecher der Behörde, Aschraf al-Kidra, mit.

Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) machte sich im Gazastreifen selbst ein Bild von den Zerstörungen und der Lage der Verletzten. „Ich habe noch nie so massive Zerstörungen gesehen“, teilte Peter Maurer nach einem Besuch des Viertels Sadschaija mit. „Ich bin zutiefst schockiert über das, was ich gesehen habe, und empfinde Wut darüber, dass wir nicht verhindern konnten, was passiert ist.“

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen könnte noch in dieser Woche über eine Resolution zum Gaza-Konflikt entscheiden. „Wir diskutieren gerade auf Fachebene über das Papier“, sagte Großbritanniens UN-Botschafter Mark Lyall Grant, der den Rat in diesem Monat führt.

Die Ermordung dreier israelischer Jugendlicher im Juni im Westjordanland und eines 16-jährigen Arabers bei Jerusalem kurz darauf hatte eine Gewaltspirale in Gang gesetzt, die ein Auslöser für den jüngsten Gaza-Krieg war. Im Fall der getöteten Israelis sei ein verdächtiger Palästinenser aus Hebron bereits vor drei Wochen gefasst worden, bestätigte Regierungssprecher Mark Regev am Mittwoch. Das „ranghohe Hamas-Mitglied“ habe demnach versucht, mit gefälschten Papieren nach Jordanien zu fliehen. Hussam Kawasme habe während eines Verhörs gestanden, der Kopf der Gruppe gewesen zu sein, berichteten israelische Medien. Seine mutmaßlichen Komplizen, Marwan Kawasme und Omar Abu Ajschah, seien auf der Flucht.