Der Landrat will prüfen lassen, wo man im Kreis überall Zugstrecken ausbauen kann.

Kreis Böblingen - Er liebe Rekorde, sagte Landrat Roland Bernhard in der jüngsten Sitzung des Verkehrsausschusses. „Aber nicht bei Staus – und da ist der Kreis Böblingen leider auch Rekordhalter bei Staumeldungen im Radio.“ Abhilfe soll jetzt ein massiver Ausbau des Schienenverkehrs schaffen. Schon vor Weihnachten hatte Bernhard angekündigt, eine Offensive starten zu wollen. Jetzt hat er Details vorgelegt, die er in Verkehrsstudien näher untersuchen lassen will.

 

Anlass ist ein neues Förderprogramm, mit dem der Bund Neu- und Ausbau von Schienenstrecken mit bis zu 75 Prozent bezuschusst. Auch die Verfahren, mit denen die Wirtschaftlichkeit dieser Projekte berechnet werden, ändern sich. „Davon wollen wir profitieren“, sagt Roland Bernhard. Lokalpolitiker will er bei der Suche nach neuen Bahnstrecken einbinden. „Ich will Sie ermuntern, querzudenken“, fordert der Landrat. Sein eigener Vorschlag ist es vor allem, aus Stuttgart kommende Stadtbahnen zu verlängern. „Die Stadtbahnen fahren alle aus Stuttgart raus und enden dann kurz vor der Grenze des Landkreises“, hat er beobachtet.

Bernhard drückt dabei mächtig aufs Tempo. Die Bürgermeister im Kreis hat er bereits eingebunden, auch hat er Briefe an den Verkehrsminister Winfried Hermann und den Stuttgarter OB Fritz Kuhn (beide Grüne) geschrieben. Kuhn ist Aufsichtsratsvorsitzender der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), mit der sich der Landrat eng abstimmen will. „Auch der Minister ist sehr interessiert“, berichtet Bernhard aus ersten Gesprächen. Mitte Mai könnte der Kreistag dann – sofern das Gremium dann wieder tagt – die Studie in Auftrag geben, in der Experten den Ausbau der Schienenstrecken untersuchen.

Aber was genau ist geplant?

Bislang endet die U6, die von Stuttgart-Fasanenhof (und von 2021 an vom Flughafen) kommt, in Gerlingen. Wenn man die U6 nach Leonberg verlängern wollte, müsse man Tunnel bauen und Gebäude unterfahren – was sehr teuer wäre. Deshalb wird eine zweite Möglichkeit untersucht: Die Verlängerung der U13, die bislang in Feuerbach endet. Es wird nämlich bereits überlegt, die U13 nach Ditzingen zu verlängern. Von dort könnte sie nach Leonberg weiterfahren, was trotz größerer Baulänge günstiger wäre.

In Leonberg selbst müsste die Stadtbahn viele Fahrgäste anziehen, um sich zu rechnen. Als mögliche Route durch die Stadt haben die Planer im Landratsamt deshalb die Strecke Ramtel – Stadthalle – Leo-Center – Bahnhof ins Auge gefasst. „Gegebenenfalls könnte durch die Nutzung des alten A8-Tunnels eine Trasse gefunden werden“, heißt es in dem Papier. Der alte Engelbergtunnel freilich ist mittlerweile zugeschüttet.

Derzeit wird bereits untersucht, ob sich die Verlängerung der Stadtbahn von Vaihingen aus über Büsnau zum sogenannten „Eiermann-Areal“ rechnet. Dieses Gelände neben der Autobahn, wo einst IBM seinen Deutschland-Sitz hatte, wird in den kommenden Jahren mit vielen Wohnungen bebaut. Landrat Roland Bernhard will erreichen, dass in diese Untersuchung die Weiterfahrt in den Kreis Böblingen aufgenommen wird. Entlang der Autobahn könnte die Stadtbahn vom Eiermann-Areal aus nach Sindelfingen oder Böblingen fahren.

Die Pläne des Landratsamts reichen aber noch weiter. Eine innerstädtische Stadtbahn könnte Böblingen mit Sindelfingen verbinden und von dort weiter nach Dagersheim, Darmsheim und Grafenau fahren. Das bezeichnen die Planer aber selbst als „langfristig“ und „visionär“.

Bislang endet die aus Dettenhausen kommende Schönbuchbahn in Böblingen. Von dort könnte sie weiter nach Vaihingen fahren. Das wäre auch deswegen sinnvoll, weil nach Fertigstellung von Stuttgart 21 der Regional- und Fernverkehr von Böblingen aus direkt zum Flughafen fährt. Nach Vaihingen wird dann Potenzial frei.

Auf der anderen Seite der Schönbuchbahn ist das Landratsamt nicht so optimistisch. Für die Verlängerung nach Tübingen müsste man sehr viel Wald durchqueren – das wäre teuer und damit unwirtschaftlich.

Die Strohgäubahn fährt nur zwischen Korntal und Heimerdingen. Lediglich die Museumsbahn „Feuriger Elias“ fährt – wie früher – weiter nach Weissach. Die reguläre Verlängerung war in der Vergangenheit schon untersucht worden, galt aber als unwirtschaftlich. Auf Bitte der Leonberger Kreisrätin Angie Weber-Streibl (Grüne) wird das nun erneut in die Begutachtung aufgenommen.

Es war schon mehrmals untersucht worden, ob sich ein Bau einer Zugstrecke von Herrenberg nach Nagold rechnet. Das galt als unwirtschaftlich, aber die Parameter ändern sich nun. Von Tübingen aus fährt künftig die Regionalstadtbahn Neckar-Alb Herrenberg an, die dann nach Nagold weiterpendeln könnte. Das könnte Synergien ergeben, weil diese Regionalstadtbahn zum Beispiel keinen eigenen Betriebshof bräuchte. Das könnte es wirtschaftlich machen.

Alternativ könnte auch ein Metropolexpress von Stuttgart über Herrenberg und Eutingen nach Nagold fahren. Der würde dann zwar im Kreis rum fahren, man müsste aber keine Schienen bauen.