In einer Studie werden die meisten neuen Strecken und Tangentiallinien aus Kostengründen eher kritisch bewertet. Die Züge auf den bestehenden Linien sollen aber häufiger fahren, auch nachts. Dafür werden wohl noch 2014 neue Fahrzeuge bestellt.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Das Verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart hat am Mittwoch die Ergebnisse einer Studie vorgestellt, wie das S-Bahn-System in der Region Stuttgart ausgebaut werden könnte. Die Studie war vom Verband Region Stuttgart (VRS) in Auftrag gegeben worden, der für einen solchen Ausbau verantwortlich ist. Die Erkenntnisse sollen nicht nur in den neuen Regionalverkehrsplan einfließen, sondern bereits bis zum Sommer will man entscheiden, welche Maßnahmen in welche Reihenfolge am sinnvollsten wären. Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie finden Sie in den Texten unter den Fotos.

 

Ein Paukenschlag war die Aussage des Gutachters Stefan Tritschler, dass die S-Bahn-Verlängerung ins Filstal nach Göppingen nicht mehr empfohlen werden könne. Zum einen sei die Nachfrage nach neuesten Berechnungen zu gering, zum anderen bringe Stuttgart 21 für das Filstal so viele Verbesserungen, dass eine S-Bahn-Fahrt pro Stunde kaum noch etwas bewirke, so die Studie.

Tritschler hält es deshalb für sinnvoller, angesichts der begrenzten Mittel nicht neue Strecken zu bauen, sondern den Takt der S-Bahn am Abend und in der Nacht auszuweiten. Denn fast jede Tangentiallösung schlage mit mehr als 100 Millionen Euro Baukosten zu Buche. Auch Jürgen Wurmthaler, der Verkehrsdirektor des VRS, sieht dies so. Expressbusse, die der Regionalverband künftig verstärkt einführen will, könnten deutlich günstiger solche Tangentiallinien bedienen, so Wurmthaler. Allerdings sei auch die Ausweitung des Taktes teuer: Ein 15-Minuten-Takt bis 20.30 Uhr mache einen „richtig dicken Millionenbetrag“ notwendig, so Wurmthaler. Er betonte aber noch ein anderes Ergebnis der Studie: Die Qualität des S-Bahn-Netzes in Stuttgart müsse keinen Vergleich mit anderen Netzen in Deutschland scheuen.

Viele offene Fragen

Wie sich die Studie mit dem Nahverkehrspakt vereinbaren lässt, der erst vor wenigen Wochen von Land, VRS und Landkreisen entwickelt worden ist, war gestern teils eine offene Frage. Dessen Ziele konnten in der Studie nicht mehr berücksichtigt werden. So ist unklar, wie stark beispielsweise die geplanten Metropol-Züge und auch die Expressbusse das S-Bahn-System bereits entlasten können. Dies wiederum hätte womöglich Auswirkungen darauf, wie viele neue Fahrzeuge benötigt werden. Darüber ist am Mittwoch aber nur in nichtöffentlicher Sitzung gesprochen worden.

Die CDU und die Freien Wähler stellten sich auf die Seite Wurmthalers. „Manche neue Strecke ist verkehrlich vielleicht noch sinnvoll, aber wirtschaftlich kaum noch darstellbar“, sagte Rainer Ganske (CDU). Er wolle lieber einen 15-Minuten-Takt zwischen 15 und 20 Uhr; da ergebe sich mehr Nutzen mit weniger Geld. Das Angebot von Bombardier nannte Ganske „indiskutabel“. Thomas Leipnitz (SPD) betonte dagegen, dass die Durchbindung der S-Bahn auf der Gäubahn „sehr viel Charme“ habe. Und auch Mark Breitenbücher (Grüne) wollte nicht vollständig Abschied nehmen vom Bau neuer S-Bahn-Strecken; die Studie höre sich für ihn zu negativ an, sagte er. Er hoffe auch darauf, dass es nach 2019 eine Nachfolge für die ausfallenden Bundesmittel gebe und weiter Zuschüsse flößen. Ein Ärgernis war auch für Breitenbücher das Angebot von Bombardier: Dass das Unternehmen quasi ein Monopol besitze, müsse doch eigentlich ein Thema für die Kartellbehörde werden.

Wolfgang Hoepfner (Linke) machte sich für die Gäubahn stark. Die Stammstrecke in der Innenstadt sei so überlastet, dass Tangentiallinien unbedingt notwendig seien. Er zog auch die Aussagen der Studie zum Regionalhalt in Vaihingen in Zweifel. Dies taten Rainer Ganske und Bernhard Maier (Freie Wähler) übrigens für die angedachte S-Bahn nach Göppingen. Die neuen Zahlen seien vorerst nicht nachvollziehbar.