Die SSB schafft für 74 Millionen Euro 20 neue Züge an. Die ersten der neuen Bahnen sollen im Frühjahr 2012 durch Stuttgart fahren. 

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Noch gibt es sie nur im Modell, aber wie sie aussehen werden, steht nun fest: Schnittiger und etwas eleganter wird die neue Generation der Stadtbahnfahrzeuge der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) gestaltet sein. Insbesondere für behinderte Menschen im Rollstuhl und für Eltern, die mit dem Kinderwagen unterwegs sind, bieten die Waggons Vorteile. Im zweiten Quartal 2012 soll das erste von insgesamt 20 Fahrzeugen ausgeliefert werden. Das Stück kostet 3,7 Millionen Euro.

 

Zwei Stadtbahn-Generationen sind bis jetzt im Dienst der SSB. Die 114 Fahrzeuge des ersten Modells, das von 1985 an ausgeliefert wurde, wirken kantig und schwer. Dazu kommen 50 Stadtbahnen, die von 1999 an angeschafft wurden und bei denen die harten Züge der ersten Generation schon etwas gemildert sind. Verglichen damit hat der S-DT8.12, so die Modellnummer des Nachzüglers in der gelben Stadtbahnfamilie, ein geradezu rundliches Gesicht, das doch schlanker daherkommt als bei den 164 Zügen der Vorgängermodelle.

Eine größere Flotte wird erfordert

Angeschafft werden die neuen Bahnen aus zwei Gründen: Die SSB benötigt zusätzliche Züge für den Ausbau der U 12, die bereits zwischen dem Killesberg und Vaihingen verkehrt und bis Mitte 2013 unter Anschluss des Europaviertels hinter dem Hauptbahnhof zum Hallschlag verlängert wird. Dazu kommen, so SSB-Technikvorstand Wolfgang Arnold, "weitere mittelfristige und langfristige Verstärkermaßnahmen, die eine größere Flotte erfordern".

Ästhetisch lautete das Ziel: "Wir wollten das Kunststück schaffen, durch einen evolutionären Schritt die alten Züge doch nicht alt aussehen zu lassen und ihre Familienzugehörigkeit zu betonen", sagt der renommierte Designer Herbert Lindinger, der schon die beiden vorherigen Generationen gestaltet hat. Geprägt wurde die optische Veränderung des Frontbereichs der Züge zunächst durch sachliche Erfordernisse: durch neue Normen für das Crashverhalten und für die Sichtverhältnisse im Fahrerstand. So ist die neue Modellgeneration mit ihren 39,10 Metern fast einen Meter länger als die Vorgänger, weil sich in der Zugschnauze eine größere Knautschzone befindet, die bei Zusammenstößen mehr Sicherheit bietet. Die Windschutzscheibe ist heruntergezogen, zudem verbessert ein elektronisches Rückspiegelsystem die Sicht das Fahrers.

Mit dem Konzept zufrieden

Vieles ist aber gleichgeblieben in den Bahnfahrzeugen, weil man mit dem grundsätzlichen Konzept "sehr zufrieden" sei, sagt Wolfgang Arnold. Auch auf die Innengestaltung haben sich heutige Ansprüche an Stadtbahnen ausgewirkt. So wird jede Zugeinheit zwei sogenannte Mehrzweckbereiche haben. Diese bieten Platz für Kinderwagen, Senioren mit Rollatoren und für Rollstuhlfahrer. Für letztere ist ein spezieller Haltegriff angebracht, eine Sprechanlage und ein Türöffner.

Die bisherige Polsterung der Sitze bleibt blau wie bisher. Der gesamte Innenraum der Fahrzeuge ist aber etwas heller gehalten. Für eine hellere Atmosphäre sorgt auch das neue Lichtkonzept mit LED-Leuchten, die noch dazu sparsamer sind als die bisherigen Leuchtstoffröhren. Etwas leichter wirkt die Innenraumausstattung auch, weil die Sitze nicht mehr komplett auf Heizungskästen aufliegen - die Heizgeräte sind auf das Dach zur Klimaanlage gewandert-, sondern überwiegend frei schweben. Da die Mehrzweckbereiche mit Klappsitzen versehen sind, bleibt das Angebot mit 106 Sitzplätzen fast gleich (vorher 108), mit Stehplätzen können bei Normalbesetzung der Fahrzeuge 258 Kunden pro Zugeinheit transportiert werden.

Alte Züge werden generalsaniert

Gebaut werden die insgesamt 74 Millionen Euro teuren Fahrzeuge von der Schweizer Firma Stadler am Standort Berlin-Pankow. Die Stadler Rail Group, die außer in der Schweiz und in Deutschland auch Niederlassungen in Ungarn, Tschechien, Italien und Algerien hat, beschäftigt 3100 Mitarbeiter und ist der SSB vertraut als Weltmarktführer von Zahnradbahnen.

Über die Beschaffung der neuen Fahrzeuge des Typs S-DT8.12 hinaus werden in den nächsten Jahren auch 76 Züge der ersten Baureihe generalsaniert, um diese auf den sich schnell wandelnden Stand der Technik zu bringen. Für jedes Fahrzeug - deren jährliche Laufleistung im Schnitt 110.000 Kilometer beträgt - kostet dies rund 1,3 Millionen Euro.