Die Stadtbahnflotte in Stuttgart muss erneuert werden. Zudem soll der Fahrzeugbestand weiter wachsen, damit neue Linien und dichtere Takte angeboten werden können. Der ÖPNV-Verband sieht bundesweit Nachholbedarf.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Nach Einschätzung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) müssen die Ausgaben für den öffentlichen Nahverkehr deutlich erhöht werden, wenn die Mobilitätswende gelingen soll. „Gerade bei den Erneuerungsinvestitionen für Straßen-, Stadt- und U-Bahnen schieben wir einen riesigen Investitionsstau von mittlerweile rund fünf Milliarden Euro bundesweit vor uns her“, erklärt VDV-Sprecher Lars Wagner gegenüber unserer Zeitung. Dem öffentlichen Nahverkehr in Deutschland kommt eine Schlüsselrolle zu bei dem Vorhaben, die Metropolen vom Individualverkehr zu entlasten oder die Folgen von Fahrverboten abzumildern. Gleichzeitig müssen Bus- und Bahnflotten erneuert, Schienennetze saniert und ausgebaut werden. Für Baden-Württemberg belaufe sich der jährliche Investitionsbedarf auf 330 Millionen Euro, in Nordrhein-Westfalen müssten sogar 2,5 Milliarden Euro fließen. Der Verband beklagt zudem ein Ungleichgewicht zwischen den verschiedenen Bundesländern. „Die Förderung von Straßen- und Stadtbahnen ist Ländersache und hier gibt es einen Flickenteppich“.

 

Deutscher Städtetag mahnt mehr Engagement an

Schon zu Jahresbeginn hatte der Deutsche Städtetag deutlich mehr Anstrengungen von Bund und Ländern in Sachen ÖPNV-Förderung angemahnt. „Es muss vor allem mehr attraktive Angebote geben, vom Auto auf die Bahn, auf ÖPNV und Fahrrad umzusteigen. Ohne eine Verkehrswende werden wir bald in Teilen unseres Landes einen Verkehrskollaps erleben.“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy“.

Auch die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) stehen vor einer grundlegenden Erneuerung ihrer Stadtbahnflotte. Mit durchschnittlich 22 Jahren seien die Bahnen noch nie so alt gewesen wie heute, sagt Thomas Moser, seit 1. Januar, Technischer Vorstand und Vorstandssprecher des städtischen Nahverkehrsunternehmens. „Mittelfristig müssen wir 120 Fahrzeuge ersetzen. Bei einem Stückpreis von vier Millionen Euro kommen wir fast auf eine halbe Milliarde Euro“, sagt Moser im Interview mit unserer Zeitung. „Mit Ausschreibung und Produktion kommen wir alles in allem auf mindestens zehn Jahre bis der Austausch abgeschlossen ist.“

Stadtbahnausbau dauert lang

Den künftigen Herausforderungen, die sich aus politischen Vorgaben und den Fahrverboten ergeben, will Moser mit einem weiteren Ausbau des Stadtbahnnetzes begegnen. Das sei aber zeitaufwendig, „Deswegen gehören für mich auch andere Lösungen dazu wie etwa unsere Expressbuslinie X1 von Bad Cannstatt in die Innenstadt.“ Dem Konzept, das zuletzt in der Kritik stand, will er mehr Zeit geben und zeigt sich durch erste Zählungen auch durchaus optimistisch. „Aus unserer Sicht sind die Erfahrungen positiv, in den ersten acht Wochen hatten wir schon 2500 Fahrgäste täglich. Wir wollten nach einem Jahr bei 5000 Fahrgästen sein.“