Müssen die SSB mit dem Bau des U-12-Tunnels beim Hauptbahnhof beginnen, obwohl nicht klar ist, wie es mit Stuttgart 21 weitergeht? Der städtische Verkehrsbetrieb bejaht das. Im März soll es mit den Bauarbeiten aber auf jeden Fall losgehen.
Stuttgart - Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) beginnen im März, ihre etwa 100 Meter lange Baustelle für den U-12-Tunnel mitten auf der stadteinwärtigen Fahrbahn der B 27 zwischen alter Bahndirektion und Hauptbahnhof einzurichten. Diese Vorbereitung soll bis Jahresende dauern. Über Details zur Baustelle und ihre Folgen für die Autofahrer will die Ratsfraktion der Grünen unterrichtet werden. Die Gelegenheit bietet sich am Dienstag im Ausschuss für Umwelt und Technik (UTA). Dann steht die U 12 wegen des Beschlusses für den Abschnitt zwischen Heilbronner und Eckartstraße auf dem Plan.
In erster Linie geht es den Grünen darum, zu erfahren, ob es denn aus Sicht der SSB sinnvoll ist, jetzt mit dem Bau der beiden Tunnelröhren zu beginnen, die wegen des Stuttgart-21-Fernbahntunnels tiefer gelegt werden müssen. S 21 sei doch „angesichts von Mehrkosten in Milliardenhöhe in Frage gestellt“, erklärte der Fraktionschef Peter Pätzold unter Hinweis auf die nächste Bahn-Aufsichtsratssitzung Mitte März, in der das Gremium über die Fortsetzung entscheiden will.
Der technische Vorstand der SSB, Wolfgang Arnold, sowie Winfried Reichle, Leiter der Infrastrukturabteilung, haben nun deutlich gemacht, dass der neue SSB-Tunnel, in dem die Linien 5, 6, 7 und 15 verkehren und der einen Abzweig auf Höhe der Bibliothek für die neue U 12 bietet, unabhängig von S 21 zu sehen sei und auf jeden Fall gebaut wird; auch weil die Zuschüsse von Bund und Land nur fließen, wenn die U 12 komplett realisiert wird.
Der Stadtbahntunnel ist eine Folgemaßnahme von Stuttgart 21
In der Vereinbarung zwischen SSB und Bahn wird das Projekt als „Folgemaßnahme“ von Stuttgart 21 bezeichnet. Weil die Stadtbahnröhre dem neuen Fernbahntunnel im Weg ist, muss die DB die gewünschte Verlegung bezahlen. Sie kann mit ihren Arbeiten erst beginnen, wenn die SSB ihre Röhren gebaut haben. Das soll Mitte 2016 der Fall sein. Käme Stuttgart 21 nicht, würde der SSB-Tunnel zur „Vorsorgemaßnahme“. Er würde dann eben rein „vorsorglich“ gebaut, damit die Bahn dort zu einem späteren Zeitpunkt ihr unterirdisches Gleisvorfeld für einen Tunnelbahnhof „Stuttgart 31“ errichten könnte.
Die nächsten Jahre müssen die Autofahrer auf der B 27 das Loch umfahren. Trotz der Baustelle blieben aber alle Fahrspuren erhalten, betont Reichle. Sie würden auch nicht schmaler – aber notwendigerweise verschwenkt. Ob die Zick-Zack-Fahrerei zu größeren Staus führt, vermag er nicht vorherzusagen.
Auch auf der Südseite des Hauptbahnhofs ist SSB-Infrastruktur dem unterirdischen S-21-Gleisvorfeld im Weg. Die Haltestelle Staatsgalerie und die Zufahrtsgleise werden angehoben, damit der Fernbahntunnel darunter geführt werden kann. Die Bahn soll im vierten Quartal 2013 mit dem Bau des Tiefbahnhof-Segments 22 beginnen, auf dem sich dann der neue SSB-Halt gründe, so Reichle. Zuerst werde das WC beim Planetarium abgerissen.
Die Bahn muss für den Juchtenkäfer eine neue Bleibe suchen
Die SSB-Pläne für den Tunnelabschnitt zwischen Staatsgalerie und Hauptbahnhof, wo die U 9 und die U 14 verkehren, waren allerdings im August vom Eisenbahnbundesamt teilweise kassiert worden, weil die Trasse das unter strengstem Schutz stehende Juchtenkäferhabitat am Ferdinand-Leitner-Steg unterfahren würde. Bei der Neuplanung sollte auch auf Wünsche der Bahn Rücksicht genommen werden, die bei der Verlegung des Nesenbach-Abwasserkanals und des Neubaus eines Dükers (Siphon) ein paar Meter sparen will. Nun stellen sich die SSB aber doch quer. Reichle sagt, die Stadtbahnen könnten den Schlossgarten an der Ecke Schiller-/Willy-Brandt-Straße nicht in einem noch engeren Radius umfahren. Stromabnehmer, Schienen und die Fahrzeuge würden viel zu schnell verschleißen. Neben der Wirtschaftlichkeit spielten aber auch Sicherheitsaspekte eine Rolle. Die SSB beharrten also auch gegenüber der technischen Aufsichtsbehörde beim Regierungspräsidium auf ihren alten Plänen. Die DB Projektbau sei aufgefordert, woanders Schutzzonen für die Juchtenkäfer einzurichten.
Während des Tunnelbaus soll die Stadtbahnstrecke abschnittsweise gesperrt werden. Ein Ersatzverkehr mit Bussen komme nicht in Frage, sagt Arnold. Alle Haltestellen könnten stets auf der Schiene angefahren werden – wenn auch nicht auf direktem Wege, sondern über den Charlottenplatz und den Berliner Platz. Zwischen der Haltestelle Staatsgalerie und dem Hauptbahnhof sei ein überdachter Fußgängersteg vorgesehen. Darüber seien bereits Gespräche mit der Bahn vereinbart worden.