Was sind die größten Probleme in der Region Stuttgart? Was gefällt den Menschen, die hier leben? Der Verband Region Stuttgart ist diesen Fragen in einer repräsentativen Umfrage auf den Grund gegangen – die Ergebnisse sind überraschend.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Zum ersten Mal hat der Verband Region Stuttgart (VRS) eine repräsentative Umfrage erstellen lassen, in der die Bürger zwischen Kirchheim am Neckar und Kirchheim/Teck nach den wichtigsten Politikfeldern, den größten Problemen und nach der Zufriedenheit mit der Arbeit des Regionalverbandes befragt wurden – die Ergebnisse sind spannend. Für die Umfrage hat die Forschungsgruppe Wahlen Anfang Juli 1366 Bürger in der Region Stuttgart telefonisch befragt.

 

Als eine Überraschung darf man sicherlich werten, dass das Bahnprojekt Stuttgart 21 für sehr viele Bürger auch draußen in der Region weiterhin das wichtigste Problem darstellt. Ganz vorne steht mit 31 Prozent der Straßenverkehr – die Staus, die Abgase und der Lärm sind für die Menschen das Top-Ärgernis schlechthin. Doch fast gleichauf folgen mit 30 Prozent Stuttgart 21 und der Filderbahnhof. Diese Reihenfolge bleibt auch bestehen, wenn man in die Tiefe blickt. Die Befrager haben die Region Stuttgart in drei Bereiche eingeteilt – der „Kernraum“ umfasst das SSB-Einzugsgebiet, der „erweiterte Kernraum“ das S-Bahn-Gebiet und der „Großraum“ die übrige Fläche. Selbst im Großraum, also recht weit weg von Stuttgart, geben noch 28 Prozent Stuttgart 21 als größtes Problem an. Den Bürgern wurden bei dieser Frage keine Antworten vorgegeben. Ob die Menschen Stuttgart 21 als Problem ansehen, weil es so umstritten ist oder weil das Projekt falsch sei, geht aus den Antworten nicht hervor.

Die Qualität des Nahverkehrs wird als nicht gut bewertet

Der Wohnungsmarkt und der öffentliche Nahverkehr werden ebenfalls als Problem wahrgenommen, wenn auch in deutlich geringerer Ausprägung. Die Qualität des Nahverkehrs in der Region beurteilen 29 Prozent als weniger oder gar nicht gut – das ist kein Wert, auf dem sich der Regionalverband, der für den S-Bahn-Verkehr zuständig ist, ausruhen kann.

Der Ausbau der Windenergie ist ein politisches Thema, das den Regionalverband gerade extrem beschäftigt – mehrere hundert Windräder könnten in den nächsten Jahren gebaut werden. Man wollte deshalb von den Menschen wissen, wie sie dazu stehen. Das für manche ebenfalls etwas überraschende Ergebnis: 44 Prozent der Befragten finden, dass der Ausbau sogar noch zu langsam geht; 31 Prozent halten die Geschwindigkeit für gerade richtig. Da die Regionalplaner die Erfahrung gemacht haben, dass grundsätzlich alle die Windkraft für richtig halten, solange sie nicht vor der eigenen Haustür stattfindet, haben die Interviewer nachgehakt: Was würden die Bürger zu einem Windrad in Ihrer Nähe sagen? 68 Prozent antworteten, dass sie damit einverstanden wären, bei jungen Leuten unter 29 Jahren waren es gar 77 Prozent. Haben die Menschen also wahrheitsgemäß geantwortet, sind die Protestierer in einer deutlichen Minderheit.

Viele Befragte schätzen das grüne Gesicht der Region

Dass die Menschen über ihre Heimat meist nur Positives sagen, ist verständlich – in der Region beurteilen 96 Prozent die Lebensqualität als gut oder sehr gut. Interessant ist allerdings, was den Menschen am meisten gefällt an ihrer Region – das ist nicht die verkehrliche Infrastruktur (22 Prozent) und nicht das Jobangebot (17 Prozent), sondern – die Natur (39 Prozent). Anscheinend sind viele stolz darauf, dass die Region trotz ihrer dichten Besiedelung ein so grünes Gesicht bewahren konnte.

Dazu passt auch, dass die Bürger die grüne Landschaft als etwas sehr Kostbares ansehen: 71 Prozent gaben an, dass keine Fläche mehr für neue Straßen geopfert werden dürfe. Eine ablehnende Mehrheit gibt es auch, wenn Wiesen oder Äcker für Wohnungen oder Bahnstrecken versiegelt werden sollen; lediglich bei der Schaffung von Arbeitsplätzen steht es 48 zu 46 Prozent für eine Versiegelung. Damit unterstützen die Bürger aber im Grundsatz die recht rigorose Flächenpolitik des Regionalverbandes, die in vielen Gemeinden immer wieder Kritik hervorruft, wenn der VRS gewisse Baugebiete nicht genehmigt.

Viele kennen den Verband Region Stuttgart nicht

Recht hart sind die Bürger dagegen mit dem Regionalverband selbst ins Gericht gegangen. Viele ahnten es schon, dass der Verband, der aufgrund seiner Aufgaben wenig direkten Kontakt zu den Menschen hat, schwer greifbar ist – das bestätigen die Zahlen nun gleich mehrfach. Befragt, ob sie den VRS als Verband kennen, antworteten 53 Prozent glatt mit „Nein“. Richtiggehend überfordert schienen die Bürger mit der Frage, ob der Verband zu wenig oder zu viel regle – 35 Prozent mussten mit „Weiß nicht“ antworten.

Und auch die Region Stuttgart als geografische Einheit ist in den Köpfen der Menschen erst teilweise angekommen. 59 Prozent der Bürger fühlen sich mit der Region Stuttgart verbunden; das ist zwar die Mehrheit, aber es ist auch der geringste Wert unter allen politischen Einheiten. Selbst mit dem fernen Europa fühlen sich mehr Menschen verbunden (64 Prozent). Vor den Regionauten liegt also noch ein hartes Stück Arbeit.