Die Stadt Ludwigsburg denkt darüber nach, bei der Neuausschreibung des Nahverkehrs nur noch elektrisch betriebene Busse zuzulassen – sie würde damit eine Vorreiterrolle einnehmen. „Mit Dieseltechnik würden wir den Menschen nichts Gutes tun“, sagt der Bürgermeister.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Angesichts der stinkenden Dieselbusse, die die Straßen dominieren, klingt es nach einer Utopie – aber sie könnte bald Wirklichkeit werden. Die Stadt Ludwigsburg verhandelt mit dem Landratsamt über die Neuausschreibung der Buslinien, und ein Gedanke dabei ist geradezu revolutionär: „Wir überlegen, ob wir in der Ausschreibung elektrisch betriebene Busse zur Bedingung machen“, sagt der Bürgermeister Michael Ilk. Das würde bedeuten, dass auf den innerstädtischen Linien künftig nur noch Elektrobusse eingesetzt werden dürfen, und damit würde Ludwigsburg Neuland betreten. Denn noch fristet diese Antriebstechnik in Deutschland ein Nischendasein.

 

In Ludwigsburg fahren bislang lediglich elf Hybrid-Busse, die mit Elektromotor und ergänzendem Diesel-Aggregat angetrieben werden. Der rund 250 Fahrzeuge starke Fuhrpark der Stuttgarter Straßenbahnen umfasst rund zwanzig Hybrid- und Elektrobusse. Am weitesten in der Region ist Esslingen, wo schon seit 70 Jahren elektrische Busse verkehren – die allerdings auf Oberleitungen angewiesen sind.

Wo diese fehlen, müssen die Fahrzeuge auf konventionelle Antriebe zurückgreifen. Allerdings sollen in Esslingen bald in großem Stil Elektrohybridbusse angeschafft werden. Hybrid bedeutet hier, dass sie Strom von Oberleitungen beziehen oder, wo das nicht möglich ist, von Akkus. „Das ist die Zukunft“, sagt der Rathaussprecher Roland Karpentier. „Ich kenne keine andere Stadt mit vergleichbarer Topografie, die solch ehrgeizige Pläne schmiedet.“

Auch Esslingen hat hohe Ziele, favorisiert aber eine andere Technik

Nun ist Ludwigsburg zwar weniger hügelig als Esslingen, aber die Pläne der Barockstadt sind noch ambitionierter – denn dort sollen die Elektrobusse ganz ohne Oberleitung auskommen. „Es gibt inzwischen elektrisch betriebene Busse, die einen ganzen Tag durchhalten“, sagt Ilk. „Wir beobachten den Markt genau, er entwickelt sich rasant.“ Tatsächlich gibt es in Europa bereits Städte, die für den Nahverkehr ausschließlich elektrische Busse einsetzen, etwa Eindhoven in den Niederladen, und auch in London existiert eine große Flotte. Was das Gesamtvolumen angeht, ist der Anteil aber verschwindend gering. Laut dem Kraftfahrt-Bundesamt verfügen von rund 78 000 zugelassenen Bussen in Deutschland nur rund 500 über einen Elektroantrieb.

Dass sich dieser nicht durchgesetzt hat, liegt an den Kosten, die bei großen Gelenkbussen schnell auf 750 000 Euro ansteigen – die damit doppelt so teuer sind wie Dieselfahrzeuge. Abschrecken lassen will man sich in Ludwigsburg davon nicht, denn die Stadt hofft nicht nur darauf, dass die Anschaffung vom Land gefördert wird, sondern auch, dass die Preise bald sinken. „Wenn jetzt mit der Neuausschreibung die Resettaste gedrückt wird, wollen wir in Sachen Umweltschutz hohe Standards setzen“, sagt Ilk.

Dass jene Resettaste gedrückt wird, liegt an der Europäischen Union. Diese hat festgelegt, dass bis Januar 2020 europaweit Buslinien neu ausgeschrieben werden müssen, um den Wettbewerb zu stärken. Zuständig sind dafür die Land- und Stadtkreise, in diesem Fall also das Ludwigsburger Landratsamt, das 13 Konzessionen für Busbündel zu vergeben hat. Eine davon betrifft Ludwigsburg. Für das Ausschreibungsverfahren wurden klare Standards definiert: Selbst kleinste Ausstattungsdetails – die Art der Haltestangen, die Ausleuchtung der Türbereiche oder die Farbgebung der Haltetasten – ist vorgegeben. Wenn eine Kommune Sonderwünsche hat, muss sie selbst dafür sorgen, dass diese beachtet werden. Handelt es sich um besonders große Sonderwünsche – etwa den Wunsch nach Elektrobussen – kann der Kreis die Zuständigkeit für das gesamte Ausschreibungsverfahren an die Kommune weitergeben. „Wir sind gerade ein Gesprächen mit der Stadt Ludwigsburg“, sagt Axel Meier, der Leiter des Fachbereichs Verkehr im Landratsamt.

Hat eine Kommune Sonderwünsche, muss sie diese teilweise selbst finanzieren

Auf die Finanzierung hat die Frage, wer die Ausschreibung übernimmt, keinen Einfluss. Der Kreis zahlt das Basisangebot und übernimmt darüber hinaus die Hälfte der Kosten etwaiger Sonderwünsche, die andere Hälfte muss die Kommune aufbringen. Zehn Millionen Euro wendet das Landratsamt jährlich für den Busverkehr auf.

Acht bis zehn Jahre werden die neuen Konzessionen gültig sein, die nun vergeben werden. Eine endgültige Entscheidung, die Ausschreibung im Ludwigsburger Stadtgebiet auf Elektrobusse zu begrenzen, ist noch nicht gefallen. Man werde das in den kommenden Monaten intensiv diskutieren, sagt Ilk. Aber eines sei klar: Mit Dieseltechnik würde man den Menschen und der Umwelt nichts Gutes tun. „Wir hätten eine Stagnation, und das wollen wir nicht.“