Schlechte Neuigkeiten für die Bewohner des Dachswalds: Eine Einzelhandelsfläche am Knappenweg steht nicht mehr zur Debatte. Der Investor wäre bereit dazu gewesen. Doch die Pläne seien so nicht genehmigungsfähig, sagt das Baurechtsamt

Dachswald - Noch in der Oktobersitzung des Bezirksbeirats Vaihingen schien das Ziel zum Greifen nah. Endlich wieder ein Lebensmittelmarkt im Dachswald! Denn seit mehr als zwei Jahren gibt es für die knapp 5000 Einwohner keine Einkaufsmöglichkeit mehr. Nur noch einige bürokratische Hürden galt es zu nehmen – scheinbar. Man sei im Dachswald „kurz vor dem Ziel“, ließ der städtische Wirtschaftsförderer Torsten von Appen in der Sitzung verlauten; auf der Tagesordnung war das Thema Nahversorgungskonzept gestanden. Gleich am nächsten Tag wolle er sich nochmals mit allen Beteiligten zusammensetzen und endlich eine Lösung finden. Zwei Monate später ist nun klar: die Sache wird nichts.

 

Der Investor ließ einen Plan ausarbeiten

Was war geschehen? Nach dem Tod des Eigentümers wurde das Grundstück am Knappenweg, wo bislang ein Lebensmittelmarkt gewesen war, verkauft und die Gebäude abgerissen. Dort sind zwei Mehrfamilienhäuser mit zwölf Eigentumswohnungen geplant, noch vor Weihnachten soll es mit dem Bau losgehen. Der Investor Christian Türck hatte jedoch sein Entgegenkommen signalisiert, im Zuge des Neubaus auch eine Ladenfläche zu realisieren. Sehr zur Freude von Sigrid Beckmann, der Vorsitzenden des Bürgervereins Dachswald: „Es kann einfach nicht sein, dass es hier keine Nahversorgung mehr gibt“, sagt Beckmann. Türck ließ einen Plan ausarbeiten: einen Flachdachbau vor den Wohnhäusern mit 100 Quadratmetern Verkaufs- und 40 Quadratmetern Lagerfläche. Aber: „Diese Umplanung war nicht genehmigungsfähig“, sagt Kirsten Rickes, die Leiterin des Baurechtsamts. Der Laden sei auf einer Fläche geplant gewesen, die laut Bebauungsplan nicht bebaut werden dürfe. Zudem sei er zu nah an der Grundstücksgrenze gewesen und der Parkplatz-Nachweis habe gefehlt.

Darüber hinaus sei das im Bebauungsplan festgeschriebene Maß der Nutzung überschritten gewesen, erklärt Rickes. Letzteres kann man mit einer sogenannten Befreiungsgebühr zwar „umgehen“. Das ist aber nicht billig. Gut 60 000 Euro seien im Gespräch gewesen, sagt Türck. Ebenso sei im Raum gestanden, ob es nicht eine finanzielle Erleichterung für ihn geben könnte. Schließlich ist es das erklärte Ziel der Stadt Stuttgart, den Einzelhandel in unterversorgten Stadtteilen zu fördern. Eine Minderung der Summe wird es aber nicht geben: „Es gibt eine städtische Gebührenordnung. An die sind wir gebunden. Wir können nicht einfach sagen, in diesem Einzelfall verzichten wir auf einen Teil der Gebühr“, sagt Rickes.

Einzig denkbare Lösung ist der Flachdachbau

Wie Türck berichtet, habe der Wirtschaftsförderer von Appen ihn darauf angesprochen, ob die Ladenfläche im Erdgeschoss eines der Wohnhäuser denkbar sei. „Eine der Wohnungen aufzugeben, kommt für mich aber nicht in Frage“, sagt Türck. Denn dies rentiert sich für den Investor nicht. Die einzig denkbare Lösung sei der Flachdachbau gewesen. Nun ist die Sache für Türck erledigt. „Ich habe es probiert. Es scheitert nicht an meinem Willen, sondern an der Bürokratie“, sagt er.

Sigrid Beckmann macht aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl. „Herr von Appen hat mich angerufen und mitgeteilt, dass es nichts wird. Man habe sich intern in kleiner Runde an den Tisch gesetzt und das entschieden. Das finde ich sehr befremdlich“, sagt sie. Was sei aus seinem Versprechen geworden, sich noch einmal in großer Runde mit allen Beteiligten zusammenzusetzen? „Herr von Appen hat vollmundig zelebriert, dass man mit allen Beteiligten eine Lösung findet. Und nun ist die Sache im stillen Kämmerlein entschieden“, sagt sie.

Nun ist ein mobiler Laden im Gespräch

Wer an dieser kleinen Runde teilgenommen hat, ist indes nicht zu erfahren. Von Appen war bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Wie Rickes bestätigt, hat von Appen sich kürzlich in ihrem Amt über die rechtliche Grundlage informieren lassen – und im Anschluss wohl den Vorschlag gemacht, die Ladenfläche im Wohngebäude einzurichten.

„Ich habe den Eindruck, dass seitens der Wirtschaftsförderung das Wollen fehlte, in dieser Sache wirklich etwas zu tun“, kritisiert Beckmann. Eine Ankündigung seitens von Appen ihr gegenüber, nun nach einer Lösung in Form von mobiler Nahversorgung schauen zu wollen, hält sie für fragwürdig. Für die Bewohner des Dachswalds jedenfalls bedeutet der gescheiterte Bau, dass sie für alltägliche Besorgungen weiterhin deutlich längere Wege auf sich nehmen müssen – auf unabsehbare Zeit. Das Ziel ist weiter entfernt denn je.