Ein Gutachten zeigt auf, wie die Nahversorgung in den Stadtbezirken verbessert werden kann. Nach der Sommerpause werden in den Bezirksbeiräten Pilotprojekte diskutiert.
Stuttgarter Norden - Der Feuerbacher Stadtteil Lemberg/Föhrich, Wolfbusch und Bergheim in Weilimdorf sowie das zu Zuffenhausen gehörende Zazenhausen sind Gebiete, „deren Versorgungssituation als prekär bezeichnet werden kann“. So steht es in einem Gutachten, das im Auftrag der Stadt erstellt wurde und das nach der Sommerpause dem Gemeinderat und den betreffenden Bezirksbeiräten vorgestellt wird. Untersucht wurde, wie die Nahversorgung in den Bezirken verbessert werden kann. Erste Befunde wurden bereits vergangenes Jahr bekannt, nun liegen auch die entsprechenden Handlungsempfehlungen vor.
Im Bereich Lemberg/Föhrich wäre laut Gutachten genügend Kaufkraft vorhanden, so dass sich ein Lebensmittelmarkt dort rentieren würde. So könne von einem Jahresumsatz von ungefähr 3,6 Millionen Euro und einem Netto-Gewinn von rund 130 000 Euro ausgegangen werden. Das Problem ist allerdings, dass es in dem Gebiet keine geeigneten Räume gibt, zwischen 650 und 900 Quadratmetern Verkaufsfläche wären notwendig. Immerhin ist der Stadtteil an den Ortsbus angebunden, so dass die teils großen Entfernungen zum nächsten Nahversorger nicht zu Fuß oder mit dem eigenen Auto bewältigt werden müssen.
Lebensmittel im Stadtteilcafé bestellen
An geeigneten Verkaufsräumen mangelt es auch in Zazenhausen. Nachdem sich die einst angedachte Ansiedlung eines Supermarkts im Neubaugebiet Hohlgrabenäcker zerschlagen hat, wurde dort an der Sauerkirschenstraße in einem Wohnblock der SWSG ein 145 Quadratmeter großer Verkaufsraum errichtet, der jedoch bis heute leer steht. Der Pressesprecher des Wohnbauunternehmens sagt, dass es immer wieder Gespräche mit Interessenten gebe, darunter seien aber nicht nur Nahversorger: „Momentan gibt es von zwei Seiten Interesse an dem Ladengeschäft.“ Details dazu könne er momentan aber noch nicht nennen.
Dem Gutachten zufolge ist diese Fläche für einen Nahversorger ungeeignet. Zudem sei die Kaufkraft in dem Gebiet zu gering, so dass in Zazenhausen wohl kein Lebensmittelmarkt angesiedelt werden könne. Um die Nahversorgungssituation zu verbessern, wird empfohlen, das Sortiment der Bäckerei im alten Ortskern auszuweiten oder ein mobiles Angebot wie etwa einen Wochenmarkt zu schaffen.
Pilotprojekte können Abhilfe schaffen
Als dritte Option wird nach der Sommerpause im Gemeinderat und den jeweiligen Bezirksbeiräten ein Pilotprojekt diskutiert, das für Zazenhausen und das Gebiet Birkenäcker in Cannstatt in Frage kommt: In Kooperation mit dem Sozialunternehmen Neue Arbeit soll ein Stadtteilcafé eingerichtet werden, das nicht nur als sozialer Treffpunkt fungieren, sondern auch die Möglichkeit bieten soll, Lebensmittel zu bestellen, die dann entweder ins Stadtteilcafé oder nach Hause geliefert werden.
Ein zweites Pilotprojekt ist in Wolfbusch angedacht. Die Gutachter haben den Weilimdorfer Stadtteil zusammen mit dem benachbarten Bergheim betrachtet. Sie gehen davon aus, dass in dem Gebiet das Kaufkraftpotenzial für einen kleinen Lebensmittelhandel ausreichen würde: So seien ein Umsatz von etwa 425 000 Euro und ein Netto-Gewinn von knapp 20 000 Euro im Jahr zu erwarten. Jedoch heißt es im Gutachten auch, dass „die Realisierung eines privatwirtschaftlichen Betriebes nur mit einem hohen persönlichen Engagement des Betreibers und einer bescheidenen Gewinnerwartung möglich sein“ wird. Dennoch wird empfohlen, dort einen sogenannten Integrationsmarkt anzusiedeln.
„Bonusmarkt-Light“ in Wolfbusch geplant
Diese Empfehlung wird in der Beschlussvorlage der Verwaltung aufgegriffen: In Wolfbusch soll ein Bonusmarkt mit einem etwas geringeren Sortiment angesiedelt werden. Im Gegensatz zu den CAP-Märkten, wo die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist, liegt der Schwerpunkt bei Bonus auf der Integration von Arbeitslosen. Dabei könnte das im Juli dieses Jahres vom Gemeinderat beschlossene kommunale Beschäftigungsprogramm zur Verbesserung der Nahversorgung zum Tragen kommen. Insgesamt 705 000 Euro wurden für die kommenden vier Jahre dafür bewilligt.
Weitere 60 000 Euro beantragt die Verwaltung nun, um die Handlungsempfehlungen des Gutachtens umsetzen zu können. Damit sollen Machbarkeitsstudien zur Ortsbussen – unter anderem in Zuffenhausen – erstellt sowie Beratungsangebote für bestehende, kleine Lebensmittelläden finanziert werden. Außerdem sollen mit dem Geld die Pläne zu den beiden Pilotprojekten vorangetrieben werden – für deren Umsetzung indes müsste die Stadt dann weitere Mittel bereitstellen, um die Ladeneinrichtungen zu bezuschussen oder zumindest vorzufinanzieren.