Der diesjährige Super Bowl gilt als historisch. In dem bevorstehenden Finale der National Football League kommen erstmals zwei schwarze Spieler als Quarterbacks zum Einsatz.

Als im Januar die Super-Bowl-Teilnehmer für das Endspiel feststanden und klar war, dass mit Patrick Mahomes von den Kansas City Chiefs und Philadelphia Eagles-Spielmacher Jalen Hurts erstmals zwei schwarze Quarterbacks im Finale der National Football League (NFL) stehen würden, wurde Doug Williams emotional.

 

Der 67-Jährige hatte die Halbfinalpartien zwischen Philadelphia und San Francisco sowie Kansas City gegen Cincinnati vor dem heimischen Fernseher verfolgt und konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten. „Ich musste daran denken, welch langen Weg wir gegangen sind“, sagte Williams einen Tag später im Fernsehen. „Zwei schwarze Quarterbacks im Super Bowl – davon hätte ich nicht einmal geträumt.“

57 Finalpartien, nur acht schwarze Spielmacher

Williams hatte am 31. Januar 1988 Geschichte geschrieben. Er kam als erster afro-amerikanischer Spielmacher in einem NFL-Endspiel zum Einsatz und wurde nach einer starken Leistung zudem als „wertvollster Spieler“ (MVP) des Finals gekürt, nachdem er die Washington Redskins zu einem 42:10-Sieg gegen die Denver Broncos geführt hatte. Natürlich habe er gewusst, sagt Williams mit Inbrunst, „welchen Einfluss“ sein Erfolg damals auf das schwarze Amerika gehabt habe.

Nach ihm schafften es sechs weitere schwarze Quarterbacks ins Endspiel. Der bislang letzte war Patrick Mahomes. Jalen Hurts wird am Sonntag der nächste sein. Acht afro-amerikanische Spielmacher in 57 Finalpartien. In einer Liga, in der rund sieben von zehn Profis Schwarze sind. Warum? „Wahrscheinlich aus verschiedenen Gründen“, blaffte NFL-Boss Roger Goodell vor dem Super Bowl. Er ergänzte, dass „wahrscheinlich keiner der Gründe“ ein guter gewesen sei. Denn es gebe auf dieser Position nun einmal „großartige Talente“.

„Abscheuliches Stigma“

Die Geschichte schwarzer Spieler in der NFL ist seit Ligabeginn 1920 zugleich eine voller Vorurteile, Arroganz und Rassismus. Doch besonders schwer war es auf der Position des Quarterbacks. Von den frühen 50er bis in die 70er Jahre hinein habe es ein „abscheuliches Stigma“ gegeben, wonach „schwarzen Männern einfach aufgrund ihrer Hautfarbe Instinkt, Intelligenz und Führungsfähigkeiten“ fehlten, um eine „thinking position“ wie die des Quarterbacks spielen und ausfüllen zu können, heißt es auf Sports.yahoo.com..

Es gibt viele Beispiele von Spielern, die am College herausragende Quarterbacks waren, in der NFL dann aber umgeschult wurden, weil auf anderen Positionen „ihre Athletik“ besser zum Tragen komme.

Marlin Briscoe wurde der erste schwarze Quarterback der NFL-Historie überhaupt. Das hatte er seiner Hartnäckigkeit zu verdanken – und seinen Verhandlungsfähigkeiten. Die Denver Broncos hatten den Spielmacher 1968 verpflichtet – aber vor, ihn zum Passverteidiger umzufunktionieren. Briscoe überzeugte die Verantwortlichen jedoch, ihn in der Saisonvorbereitung drei Tage lang mit den Quarterbacks trainieren zu lassen.

Ungleiche Wettbewerbsbedingungen

Diese Position hatte er vier Jahre lang erfolgreich an der Omaha University gespielt. „Denver hatte acht Quarterbacks im Trainingscamp. Die anderen durften jeweils zehn Pässe über verschiedene Distanzen werfen. Ich nicht“, sagte der im Vorjahr verstorbene Briscoe in einer NFL-Dokumentation. Aber er habe gewusst, so Briscoe, dass es „keine gleichen Wettbewerbsbedingungen“ sein würden. Deshalb habe er sich physisch und psychisch darauf vorbereitet.

Als sich dann der etatmäßige Spielmacher Steve Tensi am 29. September 1968 gegen die Boston Patriots verletzte, brachte Trainer Lou Saban im Schlussviertel Briscoe in Spiel. Eine Woche später spielte Briscoe gegen Cincinnati von Beginn an – und wurde somit der erste schwarze „starting Quarterback“ der NFL-Geschichte.

„Das ist was Historisches“

Mit 14 Touchdowns stellte er in jener Saison einen Vereinsrekord für Liganeulinge auf seiner Position auf. Dennoch spielte Briscoe anschließend nie wieder als Quarterback. „Der aufregende, nur schwer zu fassende Spieler musste sich mit der vererbten Voreingenommenheit gegenüber schwarzen Quarterbacks auseinandersetzen“, heißt es in einer NFL-Dokumentation. Um weiterhin in der Eliteliga spielen zu können, hatte Briscoe nur eine Chance – indem er auf eine andere Position wechselte. Er wurde Wide Receiver und gewann mit den Miami Dolphins 1973 und 1974 den Super Bowl.

In den Tagen vor dem Finale in Glendale wurden Patrick Mahomes und Jalen Hurts ständig auf ihre besondere Rolle angesprochen. „Das ist was Historisches“, betonte Hurts. Seine vielen schwarzen Vorgänger – wie etwa Doug Williams –, sagte Mahomes, hätten die Voraussetzungen für Hurts und ihn geschaffen, um auf dieser Bühne zu stehen. Genau das wolle er nun auch für die nächste Generation tun.