Der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat in der Sache recht: Deutschland braucht eine mutige Industriestrategie, meint Thorsten Knuf.

Berlin - Eigentlich hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gehofft, dass sein Konzept für eine nationale Industriestrategie ein Befreiungsschlag werden würde. Politisch steht dem Minister das Wasser bis zum Hals. Die Wirtschaft ist von seinem Wirken enttäuscht. Seitdem klar ist, dass Kanzlerin Angela Merkel ihren Abgang vorbereitet, gilt auch ihr Vertrauter Altmaier als Auslaufmodell.

 

Der Saarländer wollte mit seinem Konzept endlich ein Thema setzen und sich als Anwalt der Industrie profilieren. Doch das ging nach hinten los. Altmaier setze zu stark auf den Staat und habe zu wenig die Belange des Mittelstandes im Blick, lautet die vernichtende Kritik der Verbände. Sie verlangen von der Regierung keine theoretischen Überlegungen, sondern konkrete Taten in Sachen Steuern, Energiepreise, Infrastruktur und Bürokratie-Abbau. Dabei hat der Minister in der Sache durchaus recht. Es ist höchste Zeit, dass hierzulande und in der Europäischen Union ernsthaft darüber diskutiert wird, wie sich Wertschöpfung, Jobs und Wohlstand auf Dauer verteidigen lassen.

Europa muss sich auch wehren können

Europa hat ein herausragendes Interesse an fairem Wettbewerb und offenen Märkten. Dafür muss es einstehen. Aber es muss sich auch wehren können. Notfalls mit Maßnahmen, die nicht der reinen Lehre des Marktes entsprechen. China, Russland und die USA sind wenig zimperlich, wenn es darum geht, ihre politischen und ökonomischen Interessen durchzusetzen. Das ist der Rahmen, in dem sich Wirtschaftspolitik abspielt. Um es mit den Worten von Altmaiers Amtsvorgänger Sigmar Gabriel zu sagen: Als einziger Vegetarier wird es Europa in der Welt der Fleischfresser verdammt schwer haben.