Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft setzt bei ihrem Quartier in der Nähe von Danzig auf Ruhe und Abgeschiedenheit. Auch die Engländer zeigten sich interessiert – doch die Deutschen waren früher dran.

Danzig - Sanft und pünktlich landet das Ungetüm mit Namen Brandenburg um kurz nach drei am Nachmittag auf dem Rollfeld des Danziger Flughafens. Dann öffnen sich die Türen der Boeing 747-8, in der nur 83 der 362 Plätze belegt waren, dann kommen sie heraus, die 23 Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, freudig begrüßt von der Lokalprominenz und den Schaulustigen mit schwarz-rot-goldenen Fähnchen. Und dann hat sie also begonnen, die EM-Mission der DFB-Auswahl in Polen und der Ukraine, an deren Ende am 1. Juli der Titelgewinn stehen soll.

 

Sehr zügig geht anschließend die Fahrt in das Mannschaftsquartier. Nur zehn Minuten sind es vom Flughafen bis zum Hotel Dwór Oliwski vor den Toren der Stadt. Den ehemaligen Gutshof aus dem 17. Jahrhundert mit seinen 70 Zimmern und dem ansonsten von gut betuchten Touristen sehr geschätzten Wellnessbereich hat der DFB schon vor Monaten exklusiv gebucht. Auch die Engländer zeigten sich interessiert – doch wie immer in solchen Fällen galt auch diesmal: die Deutschen waren früher dran.

Ein eigens angelegter Trainingsplatz für 250 000 Euro

Jetzt hoffen sie beim DFB (und bestimmt auch in der Hoteldirektion), dass das Dwór Oliwski, zu deutsch: Olivenhof, einen würdigen Platz bekommt in der Reihe früherer und inzwischen fast legendärer Basisquartiere. Das Belvédère in Spiez (1954), das Castello di Casiglio in Erba (1990), Mottrom Hall in Prestbury (1996) – sie sind eng verknüpft mit den Triumphen deutscher Mannschaften bei vergangenen Turnieren. Und wenn die Leute später vom Titelgewinn bei der Europameisterschaft 2012 reden, dann sollen sie sich an den reetgedeckten früheren Fürstensitz im Danziger Vorort Oliwski erinnern.

Sollte es doch nicht klappen, wird dafür zumindest niemand den fehlenden Komfort verantwortlich machen können. Im Garten warten Hollywoodschaukeln, die Spielerlounge ist wie üblich reichhaltig bestückt, ein eigener Koch steht hinterm Herd, und höchstens drei Fahrradminuten benötigt man zum doppelt eingezäunten Trainingsplatz, den der DFB zur Verwunderung der Anwohner eigens hat anlegen lassen. Rund 250 000 Euro, so heißt es im Dorf, habe dieser Spaß gekostet, und niemand weiß so genau, wozu der Platz gut sein soll, wenn die Deutschen wieder weg sind. Immerhin haben sich die Gäste aus Deutschland mit einer Spielfeldbreite von nur knapp mehr als 60 Metern begnügt. Andernfalls hätte ein Bachlauf verlegt werden müssen.

Die Ruhe dürfte garantiert sein

„Unsere Gäste werden sich hier sehr wohlfühlen“, sagt die Hotelmanagerin Maja Lubomanska-Palarczyk. Davon kann man ausgehen, zumal keiner fürchten muss, um den verdienten Schlaf gebracht zu werden. Ganz und gar ruhig liegt das Hotel in der pommerschen Dorfidylle, die einzige Zufahrtstraße, eine holprige Pflastersteinpiste, ist schon seit vergangenen Samstag gesperrt und nur für Anwohner mit Spezialausweis passierbar. Wenn hier überhaupt einmal ein Laut durchdringt, dann könnte er von den Elefanten aus dem benachbarten Zoo kommen.

„Wir wollen kein Fort Knox“, sagt der DFB-Organisationschef Georg Behlau, „aber wir wollen Ruhe.“ Die dürfte garantiert sein. Laut wird es für die Deutschen nur am Abend der Ankunft, als sie im Legia-Stadion vor 10 000 Zuschauern ihr einziges öffentliches Training absolvieren. Denn die Spieler um das Geburtstagskind Lukas Podolski (27) werden gefeiert – und das soll sich dann am Ende der EM-Mission im deutschen Quartier wiederholen.