Gegen Irland besetzen Erik Durm und Antonio Rüdiger die Problemzonen in der Außenverteidigung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Etabliert sind sie damit jedoch noch nicht.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Essen - Philipp Lahm macht jetzt häufiger in Familie. Zum Höhepunkt der Wiesn-Zeit, da hat der aus der Nationalelf zurückgetretene Kapitän des Weltmeisters erstmals in der Käfer-Schänke gemeinsam mit seinem Sohn eine gute Zeit gehabt. An der Seite der Mama Claudia war der zweijährige Julian im weißen Trachtenhemd, seiner Krachledernen und dem grauen Hut auf dem Kopf auch gleich der neue Star der Bayern-Familie. Die Paparazzi wie den Vater Philipp hat das gefreut.

 

Während sich Lahm am Montag über das verlängerte freie Wochenende freuen durfte, das der Trainer Pep Guardiola ihm und dem Restkader der Bayern spendierte, machte sich Joachim Löw zeitgleich in einem Essener Autohaus daran, die Hinterlassenschaften des 30-Jährigen in der DFB-Elf neu zu sortieren.

Zwei Schwachstellen in der deutschen Elf

„Es ist nicht möglich, den Philipp 1:1 zu ersetzen. Diesen Traum müssen wir uns abschminken“, sagte der Bundestrainer, weil nach der am Samstag mit 0:2 in Polen verloren gegangenen EM-Qualifikationspartie vor allem zwei Schwachstellen in der deutschen Elf diagnostiziert worden waren: Angemahnt hat der Bundestrainer zunächst die „mangelnde Konsequenz im Abschluss“ – doch die lasse sich am Dienstag auf Schalke gegen die mit zwei Siegen gestarteten Iren schon beheben. „Diese eine Niederlage ist kein Beinbruch. Aber wir wissen, dass wir nun in der Pflicht stehen“, sagte etwa der S04-Mittelfeldspieler Julian Draxler vor seinem Heimspiel auf dem Berger Feld: „Wir wollen wieder nahe an den Status der Unschlagbarkeit herankommen.“

Während der nach dem Ausfall von Christoph Kramer (Magen-Darm-Grippe) auf 18 Spieler zusammengeschrumpfte Kader also mit ein wenig Wut im Bauch gegen die Boys in Green auf sportliche Rehabilitation aus ist, schleppt das Viersterneteam zusätzlich aber noch ein zweites Problem mit sich, an dem es nach den Erkenntnissen von Warschau auch noch ein Weilchen zu tragen haben wird: Denn dem Weltmeister mangelt es an starken Außenverteidigern. Hatte Philipp Lahm nach dem knappen Achtelfinalerfolg über Algerien und der Verletzung des Neulings Shkodran Mustafi bei der WM die rechte Seite wieder stabilisiert, gilt es jetzt, zwei Defensivposten im Außendienst neu zu besetzen.

Durm und Rüdiger bekommen Zeit für ihre Entwicklung

„Den beiden Außenverteidigern gebe ich für ihre Entwicklung besonders viel Zeit“, sagt Löw mit Blick auf seinen Linksverteidiger Erik Durm, 22 Jahre, von Borussia Dortmund (einen gelernten Stürmer) und seinen rechten Gegenpart Antonio Rüdiger, 21, vom VfB (einen etatmäßigen Innenverteidiger): „Denn die beiden sind wie auch Sebastian Rudy noch sehr jung und entwicklungsfähig.“ Dabei schaltete sich Durm gegen Polen häufiger in die Offensivaktionen ein als Rüdiger, der im Verlauf des Spiels das Flanken komplett einstellte. Dafür stand der Stuttgarter defensiv besser – ohnehin ist Löw von der „körperlichen Präsenz und der Zweikampfstärke“ des VfB-Profis sehr angetan.

Doch bei allen Zukunftsperspektiven sollte sich keiner der beiden als etablierter Nationalspieler begreifen in Zeiten, in denen der Terminus „Außenverteidiger-Casting“ Hochkonjunktur hat. Reichten dem Bundestrainer in Brasilien, wo er seine Abwehrkette zunächst mit den Innenverteidigern Benedikt Höwedes, Mats Hummels, Per Mertesacker und Jérôme Boateng bestückte, allein Defensivqualitäten aus, darf es nun schon ein bisschen mehr Angriffslust und Flankenkunst sein.

Sorg ist ein Kandidat für die Zukunft

Also deutet Löw bereits an, dass es im November, wenn nach der Pflichtpartie gegen Gibraltar ein Test in Spanien ansteht, „ganz neue Kandidaten zu sehen gibt.“ Während der neue Sportdirektor Hansi Flick das Problem angeht, „dass in den U-Teams oft die besten Spieler auf die Zehn gestellt werden“, sind bereits getestete Kräfte wie Marcell Jansen oder Dennis Aogo durch das Raster gefallen. Derweil ist für Löw etwa der Freiburger Oliver Sorg, der im Mai gegen Polen debütierte, ein Kandidat mit Zukunft.