Die deutsche Mannschaft will im WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich am Freitag in der Defensive sicherer stehen als zuletzt. Deshalb war die Abwehrarbeit für den Bundestrainer Joachim Löw im Training auch das Thema Nummer eins.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

München - Am Mittwoch um 13.10 Uhr präsentiert sich München zur Abwechslung einmal nicht in Weiß-, sondern in Azurblau. Kein Wölkchen am Himmel – ein Wetter, das auch Joachim Löw Spaß zu machen scheint. Also biegt der Bundestrainer in seinen weißen Turnschuhen ziemlich federnden Schrittes um die Ecke. Die Aussicht ist ja auch herrlich hier ganz oben im 14. Stock, in der gläsernen Chefetage am Münchner Sitz eines namhaften schwäbischen Autoherstellers.

 

Die Fragen – und es sind zu einem gehörigen Teil freundlich verpackte Vorwürfe –, die den 53-Jährigen anschließend auf dem Pressepodium erreichen, hat der gut gelaunte Coach recht weitsichtig erahnt: Schließlich war Löw klar, was da kurz vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich am Freitagabend (20.45 Uhr/ZDF) in der Allianz-Arena auf ihn zukommen würde. Hatte doch das glückliche 3:3 gegen die allenfalls zweitklassigen Albirrojas aus Paraguay Mitte August in Kaiserslautern schon einige Besorgnis beim Publikum, aber auch bei den eigenen Spielern erzeugt.

Löws Credo lautet: „Nur wer agiert, kann gewinnen“

„Wir dürfen nicht nur spektakulär offensiv spielen, sondern müssen zurück zu den alten Tugenden“, fand etwa Sami Khedira. „Wir können nicht immer drei oder mehr Tore schießen, um ein Spiel zu gewinnen“, sagte Miroslav Klose. Darf es also angesichts des löchrigen Abwehrverbundes bei allem offensiven Jugendstil der Fußball-Nationalelf doch auch ein bisschen mehr defensive Sicherheit sein? Immerhin haben Deutschlands Elitekicker in den letzten drei Länderspielen nicht gegen die internationale Haute-Volée, sondern gegen Ecuador, die USA und eben Paraguay neun Gegentore kassiert.

Joachim Löw nimmt die jüngsten Irritationen durchaus ernst. „Ich bin aber nicht bereit, mich hinten rein fallen zu lassen, in der eigenen Hälfte zu verschanzen und auf Konter zu spielen“, setzt der DFB-Cheftrainer dennoch zur verbalen Gegenoffensive an. Wohlwissend, dass von ihm und seinem Team niemand ernsthaft einen Catenaccio erwartet.

„Nur wer agiert, kann ein Spiel gewinnen“, lautet das oberste Credo des Bundestrainers, der das Defensivproblem aber erkannt hat – und es auch nicht kleinreden will. So hat auch Joachim Löw zuletzt „die nötige Kompaktheit“ vermisst, die einzelnen Mannschaftsteile hätten nicht genug miteinander kooperiert: „Immer wenn wir eng zusammengespielt haben, dann haben wir auch gewonnen“, sagt Löw: „Wir müssen wieder in beide Richtungen aggressiv sein. Das erfordert auch eine Wachsamkeit beim Umschaltverhalten.“

Götze, Podolski und Schweinsteiger fehlen

Tatsächlich hatten auch individuelle Fehler durch Mats Hummels (schlechtes Stellungsspiel beim ersten Gegentor) und Sami Khedira (Fehlpass vor dem zweiten Treffer) Paraguay beim 3:3 in die Karten gespielt. „Wir haben uns zuerst über die Defensive unterhalten“, sagt Joachim Löw, der seine Nationalspieler erstmals seit März wieder länger um sich scharen kann. Schließlich folgt der Partie am Freitag gegen Österreich in München, wo der Nationalelf in der gesamten Länderspielgeschichte noch nie ein Sieg in einem Qualifikationsspiel gelang, noch die Reise zum Auswärtsspiel auf die Färöer, wo nächsten Dienstag in Torshavn angepfiffen wird.

Während außer dem langzeitverletzten Bayern-Innenverteidiger Holger Badstuber sämtliches Abwehrpersonal zur Verfügung steht und auf Rehabilitation sinnt, müssen die Deutschen gegen Österreich (vergangenen November siegte die DFB-Elf im Hinspiel in Wien glücklich mit 2:1) neben Mario Götze und Lukas Podolski auf die ebenfalls verletzten Sechser Bastian Schweinsteiger und Ilkay Gündogan verzichten. Weil auch der Leverkusener Lars Bender mit Problemen an der Hüfte angeschlagen ist, wird entweder dessen Bruder Sven oder Toni Kroos neben Sami Khedira in der Mittelfeldzentrale spielen. Kroos wäre die offensivere Variante, mit der Löw – seinem Naturell entsprechend – wohl eher liebäugelt.

Sicher mit dabei ist Mesut Özil in der deutschen Kreativzentrale. Dass Real Madrid ihn an Arsenal London abgegeben hat, ist für den Bundestrainer „ein Stück weit unverständlich. Wie man hört, sind ja auch viele Madrider Kollegen sehr traurig, dass Mesut weg ist.“ Bei der Nationalelf ist man dagegen froh, in Özil „einen absoluten Weltklassespieler zu haben“, sagt Manager Oliver Bierhoff. Und einen, der es im Angriff versteht, mögliche Defensivpatzer jederzeit auszubügeln.