Die Qualifikation für das Turnier in Russland ist fix, bis zur Fußball-WM 2018 bleibt aber viel zu tun – vor allem für die Spieler. Bundestrainer Joachim Löw erwartet von allen Kandidaten eine Steigerung.

Belfast - Die Fußballfreunde in Kaiserslautern sind Kummer gewohnt. Der FCK, der einstige Stolz der Stadt, ist Tabellenvorletzter der zweiten Liga und könnte bald vollends in der Versenkung zu verschwinden. Und dem Fritz-Walter-Stadion, der einst legendären Festung auf dem Betzenberg, droht in diesem Fall der Abriss, weil der Unterhalt in Liga drei zu teuer wäre. Gut also, dass die Pfalz an diesem Sonntag (20.45 Uhr/RTL) noch einmal den Weltmeister begrüßen darf.

 

Dummerweise ist aber auch das letzte WM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Aserbaidschan so bedeutungslos geworden wie der FCK. Es geht nur noch um die Frage, ob es der DFB-Auswahl gelingt, auch das zehnte Spiel zu gewinnen, was bislang nur die Spanier vor der WM 2010 geschafft haben.

Der Blick richtet sich nun auf die WM im nächsten Sommer

Das Ticket für die WM in Russland hat sich das deutsche Team schon am Donnerstag mit dem souveränen 3:1 gegen Nordirland gesichert. Daher richtet sich der Blick nun endgültig nicht mehr auf den Betzenberg, sondern auf dem nächsten Sommer, wenn es das Team von Joachim Löw den Spaniern nachmachen und eine makellose Qualifikation mit dem WM-Titel krönen will. Die Beteiligten haben bis dahin unterschiedliche Aufgaben zu bewältigen.

Der Präsident

Als früherer Politiker spürte Reinhard Grindel instinktiv, dass die Gelegenheit günstig war. Während die Spieler noch unter der Dusche standen, eilte er in die Interviewzone des Windsor-Parks und war sich uneingeschränkter Aufmerksamkeit sicher. Er wolle „nicht arrogant klingen“, sagte der DFB-Chef, „aber wir dürfen durchaus mit dem Anspruch nach Russland fahren, Weltmeister werden zu wollen“. Als Fan der Mannschaft sieht sich Grindel, als Unterstützer des Bundestrainers („Er weiß, dass er im Verband das größtmögliche Vertrauen genießt“) – und neuerdings auch als Kämpfer für die Interessen der Liga. Die jüngsten Pleiten im Europapokal jedenfalls nimmt er zum Anlass, der weiteren Kommerzialisierung das Wort zu reden. Was Anstoßzeiten oder Internationalisierung betreffe, gelte es genau zu prüfen, „was an notwendig ist, um international wettbewerbsfähig zu bleiben“. Schließlich wolle man „diese wunderbaren Nationalspieler“ auch künftig in der Bundesliga sehen.

Der Bundestrainer

Seine Sorgen um den deutschen Vereinsfußball hatte Joachim Löw schon vor dem Sieg in Nordirland zum Ausdruck gebracht – jetzt kümmert er sich wieder um sein Kerngeschäft, die Weiterentwicklung der Nationalmannschaft. Die Titelverteidigung sei „das Allerschwerste überhaupt“, sagt Löw und will daher künftig noch genauer hinschauen, was seine Spieler treiben – auch abseits des Platzes: „Jedem muss klar sein, dass die Vorbereitung auf die WM bereits begonnen hat. Entsprechend muss sich jeder in seinem gesamten Tagesablauf verhalten.“ Bis zur Nominierung des erweiterten WM-Kaders bleiben nach Sonntag noch je zwei Testspiele im November (gegen England und voraussichtlich Frankreich) und im März gegen Spanien und Brasilien. Vier Duelle, die dem Bundestrainer Aufschluss darüber geben sollen, welche seiner nachrückenden Spieler in der Lage sind, nicht nur gegen Nordirland zu überzeugen.

Die Mannschaft

Zwischen 35 und 40 Spieler umfasst der erweiterte Kreis, der in Löws Blickpunkt steht und am Ende auf 23 WM-Fahrer reduziert wird. Besonders groß ist die Auswahl in der Innenverteidigung, wo hinter Mats Hummels und Jerome Boateng in Antonio Rüdiger, Shkodran Mustafi, Niklas Süle und Matthias Ginter vier weitere Spieler Ansprüche anmelden. „An einer guten zentralen Defensive sollte es in Russland nicht scheitern“, sagt Hummels und ergänzt: „Wir haben auch in der Offensive sehr viele Möglichkeiten.“ In Abwesenheit von Timo Werner und Mario Gomez hat in Nordirland vor allem Sandro Wagner gezeigt, warum ihm Löw schon vor den Verletzungen der beiden anderen Stürmer die erstmalige Nominierung seit dem Confed-Cup versprochen hatte. Insgesamt haben 19 verschiedene Spieler die bisher 37 Tore in der Qualifikation erzielt (ein Eigentor) – auch das ein Ausweis dafür, dass die Auslese bis zum Turnier eine strenge wird. Weltmeister, U-21-Europameister, Confed-Cup-Sieger – Profis mit Ansprüchen und Erfolgen gibt es in Hülle und Fülle.

Sorgen bereiten dem Bundestrainer hingegen auch weiterhin zwei Positionen, „auf denen wir nicht mehrfach besetzt sind“: die rechte und die linke Außenverteidigung. Auf rechts ist für Joshua Kimmich weit und breit kein Ersatz in Sicht. Und links demonstrierte in Abwesenheit des verletzten Jonas Hector in Belfast Marvin Plattenhardt, dass er noch eher zur Kategorie Notlösung gehört.

Der Manager

Mit der feststehenden Qualifikation durfte Oliver Bierhoff in seiner Eigenschaft als Chef-Reiseplaner endlich Fakten schaffen. Das WM-Trainingslager schlägt die Nationalelf zum vierten Mal in Südtirol auf, genauer: im Hotel Weinegg in Eppan an der Weinstraße – wie 2010. Weit fortgeschritten ist auch die Suche nach einem Basislager in Russland, doch will er mit der Entscheidung noch bis zur Gruppenauslosung am 1. Dezember warten. Als einzige Alternative zum Großraum Moskau ist Sotschi verblieben.

Erst einmal geht es aber nach Kaiserslautern. Womöglich zum letzten Mal.