Nationalmannschaft Bierhoff: EM als Gradmesser für Löws Zukunft

Oliver Bierhoff sieht bei einem frühen EM-Scheitern die Zukunft von Joachim Löw als Bundestrainer in Gefahr.
Leipzig - Oliver Bierhoff sieht bei einem frühen EM-Scheitern die Zukunft von Joachim Löw als Bundestrainer in Gefahr.
"Am Ende des Tages müssen wir alle uns an Ergebnissen messen lassen. Das weiß Jogi auch. Jetzt ist aber noch nicht der Zeitpunkt für eine Entscheidung - das Turnier kommt noch", sagte der DFB-Direktor in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
An Unterstützung für Löw will es Bierhoff nicht mangeln lassen, allerdings vorerst nur bis zum kommenden Sommer. "Wir müssen nun auch die Stimmung ins Positive drehen. Den Weg, den der Bundestrainer eingeschlagen hat, gehe ich bis einschließlich der EM mit", sagte Bierhoff. Löw hat noch einen Vertrag als Chefcoach der Fußball-Nationalmannschaft bis zur WM 2022. In den DFB-Strukturen ist Bierhoff sein Vorgesetzter. Zweifel an den Fähigkeiten des 60-Jährigen äußert Bierhoff aber nicht.
"Ich bin auch der Überzeugung, dass er der beste Bundestrainer ist, den wir haben können. Er hat sein Können in all den Jahren gezeigt und wir wissen, was wir an ihm haben. Jetzt hat er mit einer jungen Mannschaft und trotz der grauen Stimmung positive Ergebnisse für den Neuaufbau erzielt. Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass er der richtige Mann ist", sagte Bierhoff in einem Interview von Sport1.
Als möglichen Nachfolger Löws hält Bierhoff dessen einstigen Assistenten und jetzigen Bayern-Erfolgscoach Hansi Flick für geeignet - allerdings nicht zum jetzigen Zeitpunkt. "Ob ich ihm das zutraue? Absolut. Ob es aktuell ein Thema ist? Nein.", sagte Bierhoff. "Hansi kennt den DFB in- und auswendig. Er hat seine Qualität und hat immer gesagt, wie er den Verband schätzt. Aber sowohl für uns, als auch für ihn, ist das aktuell kein Thema."
Die von Bierhoff als "dunkle Wolke" bezeichnete schlechte Stimmung um die Nationalmannschaft wird sich nach Ansicht des 52-Jährigen nicht so schnell vertreiben lassen. Bis zur EM werde es dauern, "die Herzen der Fans" zurückzugewinnen, meinte er. "Es braucht seine Zeit. Wir haben Vertrauen verspielt. Und das zurückzugewinnen geht nicht von heute auf morgen. Die großen Chancen liegen in einer erfolgreichen EM. Dort müssen wir überzeugen", forderte Bierhoff.
Gleichzeitig verwies der DFB-Direktor auch auf die ersten Erfolge beim Imagewandel zu mehr Fannähe und den jüngsten sportlichen Aufschwung. "In 15 Spielen gab es eine Niederlage, fünf Unentschieden und neun Siege. Und das in einer Phase des Neuaufbaus. Das spricht absolut für den Trainer", sagte Bierhoff.
Der DFB-Direktor sieht in der Corona-Krise keine Bereitschaft für grundlegende Änderungen im Profi-Fußball. "Ich hatte die Hoffnung, dass man sich im Fußball nach dem ersten Corona-Schock im Frühjahr konkrete Gedanken darüber macht, wie man den Terminplan modifizieren kann, um die Anzahl der Spiele zu verringern. Aber danach sieht es leider nicht aus", sagte Bierhoff der "FAZ". Es bestehe die Gefahr, dass sich die Menschen vom Fußball abwenden, "wenn wir so weitermachen", sagte der 52-Jährige.
Bierhoff vermisst eine "ordnende Hand" die "von oben" Reformen leitet. "Das wissen zwar alle Verantwortlichen im Fußball, aber jede Partei fürchtet, wenn sie zurücksteckt, dass die anderen zugreifen und man selbst zurückfällt", sagte der einstige Stürmer. Es fehle immer noch an der Bereitschaft, das Rad zurückzudrehen. Als mögliches Vorbild nannte er die amerikanische Football-Liga NFL. "Sie absolviert jedoch nur 17 Meisterschaftsspiele. Das heißt: Qualität schlägt Quantität", sagte Bierhoff.
© dpa-infocom, dpa:201115-99-342595/4
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