Die Argumente und Antworten des Gutachtens zum Nationalpark haben viele Kommunalpolitiker im Nordschwarzwald überzeugt. Sie wollen die Chancen für ihre Region wahren. Die Gegner kämpfen dagegen um das Votum der Bürger – mit Pamphleten.

Baiersbronn - Sieben von 19 Gemeinden im Suchraum des Nationalparks befragen derzeit ihre Bürger, ob sie für oder gegen einen Nationalpark sind. Am Sonntag, 12. Mai, sollen wie bei einer Wahl von 18 Uhr an die Stimmen ausgezählt werden. Es handelt sich um „Meinungsbilder“ – denn die Entscheidung trifft letztlich der Landtag. Der Baiersbronner Bürgermeister Michael Ruf hat bereits versichert, dieses Votum „als Auftrag“ zu verstehen, ebenso sein Kollege in Bad Wildbad, Klaus Mack. Gleichwohl sehen beide nach der Vorstellung des Nationalparkgutachtens die Chancen für ihre Gemeinden. Vor allem Mack wirbt intensiv um das Projekt, er hat bereits detaillierte Pläne für ein touristisches Erlebnis- und Informationszentrum und Gebäude für eine Nationalparkverwaltung vorgesehen.

 

Die Aufbruchstimmung in der Region ist groß: Nach dem Landkreis Calw und der Stadt Baden-Baden will auch Freudenstadt zusätzliche Waldflächen anbieten und somit sicherstellen, am Nationalpark beteiligt zu werden. Jetzt haben 77 Gastronomiebetriebe ihre Zurückhaltung aufgegeben, darunter 14 aus der Gemeinde Baiersbronn, die die Nationalparkgegner wegen ihrer touristischen Bedeutung besonders ins Visier genommen habe. Die weltweit bekannte Marke Nationalpark eröffne Chancen, regional und international mehr Gäste anzusprechen und für den Nordschwarzwald zu interessieren, heißt es in der Mitteilung, die Andreas Braun, der Chef der Landestouristik TMBW, mit unterzeichnet hat.

Naturpark-Mitglieder sind für einen Nationalpark

Die Mitglieder des mit 375 000 Hektar größten deutschen Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord, in dessen Gebiet der rund 10 000 Hektar große Nationalpark liegen wird, sehen keine Konkurrenz mehr. „Bei entsprechender personeller und finanzieller Ausstattung kann der Naturpark mithelfen, dass die gesamte Region von der Nationalparkausweisung profitiert“, sagt der Vorsitzende und Landrat des Kreises Freudenstadt, Klaus Michael Rückert.

Der Verein der Nationalparkgegner aber lässt sich nicht blenden von dem Gutachten, das eine „ einzige große Täuschung“ sei, sagt der Vereinsvorsitzende Andreas Fischer. Eine Woche vor Abstimmungsende geht der Verein nochmals in die Offensive. Mit einem bunten Pamphlet macht der Verein nun auf die fatalen Folgen eines Nationalparks aufmerksam – allerdings gezielt nur in den Gemeinden, in denen die Bürger befragt werden. Alles andere, sagt Fischer, mache ja keinen Sinn. „Und niemand kann sagen, er habe von nichts gewusst“, heißt es auf dem Titelblatt, auf dem eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern in einen Wald mit fahlen Baumskeletten marschiert. Auch die Bauern werden gezielt mobilisiert: Wenn der Nationalpark kommt, werde die Bevormundung durch die Naturschutzorganisationen zunehmen. „In Zukunft wird uns auch vorgeschrieben, was wir auf unseren Äckern zu tun und zu lassen haben.“ Die Aufregung in den betreffenden Gemeinden ist groß ob dieser Polemik und Stimmungsmache. Zur Mäßigung und zum Respekt ruft Hermann Bareiss, der Patron des Baiersbronner Luxushotels auf. Seit Monaten bemüht er sich mit Bürgern und Verantwortlichen im „Forum der Mitte“ um mehr Fairness. „Lassen Sie sich nicht beeinflussen oder beirren von unsachlichen Auseinandersetzungen, die jeden von uns verletzen und die unsere großartige Gemeinde, die so vieles eint und zusammenhält, nicht verdient hat.“