Die Entscheidung über einen Nationalpark im Nordschwarzwald rückt näher, die Spannung steigt in der Region. Am 8. April wird die Landesregierung das große Gutachten vorstellen, das Antworten geben soll auf etwa 1200 Fragen.

Stuttgart - Die Entscheidung über einen Nationalpark im Nordschwarzwald rückt näher, die Spannung steigt in der Region. Am 8. April wird die Landesregierung das große Gutachten vorstellen, das Antworten geben soll auf die rund 1200 Fragen von Bürgern, Verbänden, Wirtschaft und Politik, aber auch die Folgen für Tourismus, Forst- und Holzwirtschaft, Naturschutz und Handel aufzeigen soll. Die Studie gilt als Grundlage für die Abstimmung im Landtag über einen Nationalpark.

 

Das unabhängige Gutachten, nach einer EU-weiten Ausschreibung vor einem Jahr vergeben, ist aber auch Basis für die Bürgerbefragungen in betroffenen Gemeinden und für die Abstimmungen in den Gemeinderäten und Kreisparlamenten. Auf diese Weise wollen Bürgermeister und Landräte den Bürgern in der Region Gehör verschaffen bei der Landesregierung – zumal formal ein örtliches Bürgervotum bei einem Landesgesetz nicht vorgesehen ist.

Die offiziellen Vertreter, darunter auch die CDU-Landtagsfraktion, hatten sozusagen ein Stillhalteabkommen geschlossen: bis zur Präsentation des Gutachtens wollte man sich nicht für oder gegen einen Nationalpark positionieren, so lautet die vereinbarte Sprachregelung. Die Entscheidung sollte aufgrund objektiver Daten und Fakten getroffen werden.

Kampf um die Meinungshoheit in der Region

Der Kampf um die Meinungshoheit in der Region tobt jedoch schon lange. Weder Gegner noch Befürworter wollten die Studie abwarten. Die Gegner schüren Ängste – vor dem Borkenkäfer, der ganze Wälder kahl fresse und dürre Baumskelette hinterlasse, vor gesperrten Loipen und Wanderwegen. Die Befürworter hoffen dagegen, dass der darniederliegende Tourismus belebt werde. Sie verweisen auch auf den Naturschutz und die Pflicht zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Ökodiktatur oder Artenvielfalt – die Debatte hat Familien, Stammtische, Ortschaften entzweit.

Wenige Wochen vor der Vorstellung der Regierungsstudie bringen Gegner und Befürworter selbst Gutachter in Stellung. Die Gegner misstrauen schon jetzt dem „Obergutachten“ der Regierung, und unterstellen ein vorhersehbares Ergebnis nach dem Motto „Wer zahlt, schafft an“. Das hinderte die Säge- und Holzindustrie jedoch nicht, selbst ein Gutachten bei der Universität Hamburg über die wirtschaftlichen Folgen in Auftrag zu geben. Demnach seien in der Region 670 Jobs in Gefahr, die Einnahmen der lokalen Holz- und Sägeindustrie würden um 46 Millionen Euro zurück gehen. Von „unseriösen Schätzungen“ sprach der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel und verwies auf Zahlen des Statistischen Landesamtes: Demnach erwirtschafteten 2011 35 Betriebe im Nordschwarzwald mit 800 Beschäftigten einen Umsatz von 186 Millionen Euro. Durch einen Nationalpark würden aber nur 50 000 Kubikmeter Holz jährlich weniger zur Verfügung stehen.

Auswirkung auf Sägeindustrie noch nicht konkret

„Stimmungsmache“, kritisiert der Nabu-Landeschef Andre Baumann. Die Studie samt Datengrundlage sei nicht einsehbar. Nicht ein Nationalpark, sondern der anhaltende Strukturwandel in der Branche bedrohe viele Sägewerke im Nordschwarzwald. Konkrete Auswirkungen auf die Sägeindustrie ließen sich erst dann abschätzen, wenn die genaue Gebietsabgrenzung des Nationalparks fest stehe, teilte das zuständige Ministerium für den Ländlichen Raum dem CDU-Abgeordneten Patrick Rapp auf dessen Anfrage mit.

Die Thesen des Freudenstädter Forstwissenschaftler Wolfgang Tschupke, der weder überzeugende naturschutzfachliche Argumente noch regionalwirtschaftliche oder touristische Argumente für einen Nationalpark findet, haben in einer Veröffentlich zwei Wissenschaftler widerlegt. Der Nabu hat nun in einer Br oschüre die Expertisen von gleich sechs führenden Naturwissenschaftlern aufgeführt, die positive Auswirkungen eines solchen Großschutzgebiets für die Artenvielfalt erkennen, darunter ist der Träger des Alternativen Nobelpreises, Michael Succow.