Ein seltener Gast ist jüngst am Horizont überm Nationalpark Schwarzwald aufgetaucht: Vermutlich aus den Alpen hat sich ein junger Steinadler zum Erkundungsflug aufgemacht. Im Nationalpark hofft man nun, dass der Greifvogel hier eines Tages wieder heimisch wird.

Seebach/Ruhestein - Äußerst selten werden die „Könige der Lüfte“ im Schwarzwald oder auf der Schwäbischen Alb gesichtet. Im Südwesten brütet seit mehr als 200 Jahren kein Steinadler mehr. Die großen Greifvögel mit einer Flügelspannweite von bis zu 230 Zentimetern haben sich in entlegene Gebiete im Alpenraum zurückgezogen. Pures Glück war es deshalb, dass jüngst ein junger Steinadler bei seinem Erkundungsflug über dem Nationalpark entdeckt und zudem fotografiert werden konnte.

 

„Zufällig habe ich zum Himmel hochgeschaut“, erzählt Achim Klumpp, der seit über 30 Jahren eine Greifvogel- und Eulenschutzstation für verletzte Vögel in Baiersbronn-Mitteltal unterhält. Ihm sei sofort klar gewesen, dass in 50 bis 100 Meter über der Vogelstation ein junger Adler kreiste. Zwei Kolkraben attackierten und vertrieben den Greifvogel. Sofort habe er sich ins Auto gesetzt, drei Kilometer weiter gelangen dem passionierten Tierfotografen im Nationalopark die vermutlich ersten „Beweisfotos“ eines Steinadlers im Südwesten. Der Jungvogel sei dann weiter Richtung Bärenfelsen ins Ellbachtal geflogen. Ein paar Tage später sei dieser nochmals auf einer Fichte hockend an der Schwarzwaldhochstraße gesichtet worden. Jetzt hofft man im Nationalpark Schwarzwald, dass der Steinadler eines Tages zurückkehrt und dort wieder brütet, sagt Marc Förschler, der den Fachbereich Ökologisches Monitoring, Forschung und Artenschutz leitet.

Stromleitung beendet Ausflug

2006 hatte Klumpp am Lotharpfad an der Schwarzwaldhochstraße schon einmal einen Steinadler gesehen. Und 2009 konnte ein verletzter junger Steinadler spektakulär gerettet werden. Der Jungvogel war wohl mit einer Stromleitung kollidiert. Mit einem Flugzeug wurde der schwer verletzte Patient in eine Vogelklinik nach München geflogen, ein Teil seines Flügels musste amputiert werden. Das flugunfähige Tier lebt seither im Waldshuter Wildgehege.

Als Brutgebiet sei der Schwarzwald mit seinen Wäldern und dem Offenland zwar geeignet, dass ein vagabundierender Steinadler hier heimisch werde, sei aber wenig wahrscheinlich, meint Daniel Schmidt-Rothmund vom Nabu-Vogelschutzzentrum Mössingen (Kreis Tübingen). Die Chance, hier auf eine akzeptierte Partnerin zu treffen, sei minimal. Erschwerend komme hinzu, dass es keine verlassenen Horste gebe. Denn Jungvögel zögen es vor, solche „leer stehenden Einfamilienhäuser“ zu beziehen. So kehren die Ausflügler meist schnell wieder in die Alpen zurück.