Exklusiv Im Nationalpark Schwarzwald geht es voran: es gibt bereits ein Konzept zum Schutz angrenzender Wirtschaftswälder vor dem dort gefürchteten Buchdrucker. Im Mai wird über ein attraktives Besucherzentrum entschieden.

Ruhestein/Seebach - An der Protestfront in den Anrainergemeinden des Nationalparks Schwarzwald herrscht derzeit Ruhe. Vielerorts, insbesondere im ausgeschiedenen Gebiet rund um den Kaltenbronn (Kreis Rastatt) und Enzklösterle (Kreis Freudenstadt) verblassen die Protestschilder allmählich. Aber mancherorts, etwa in Forbach (Kreis Rastatt), dessen Bürger im Mai vorigen Jahres noch mit 82 Prozent gegen den Nationalpark votiert hatten, herrscht geradezu Aufbruchstimmung. Der Bürgermeister Kuno Kußmann will nun die Schwarzenbachtalsperre als Standort für ein Besucherzentrum ins Gespräch bringen. Das hat der naturschutzpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Markus Rösler, jüngst bei einem Besuch dort erfahren. „Der Nationalpark ist da, die Menschen versuchen das Beste daraus zu machen“, so bewertet Rösler die Lage.

 

Ziel ist ein attraktives Besucherzentrum und kleinere Infopunkte

Nach dieser Devise wolle auch der Nationalparkrat handeln, sagt dessen Vorsitzender, der Freudenstädter Landrat Klaus Michael Rückert (CDU). Das 24-köpfige, paritätisch mit Vertretern der Kommunen und des Landes besetzte Gremium wird sich Anfang April zu einer Klausurtagung treffen. Dort soll insbesondere über ein neues Besucherzentrum debattiert werden, so ist zu hören. Und zwar über einen „echten Anziehungsmagneten“ für die Besucher, eine „richtige Attraktion“. Das wäre eine bemerkenswerte und weitsichtige Einigung im Vorfeld, wenngleich die Standortfrage noch strittig ist. Eine Entscheidung darüber soll Mitte Mai in der nächsten Sitzung des Nationalparkrats getroffen werden. Doch schon jetzt scheint klar, dass es in dem 10 000 Hektar großen und zwei geteilten Gebiet rund um den Ruhestein und Hohen Ochsenkopf weitere Info-Punkte geben muss.

Ruhig ist die Lage derzeit auch im Wald, doch dort könnte sich unter bestimmten Witterungsverhältnissen schnell ein großes Konfliktpotenzial aufbauen, wenn der Borkenkäfer ausschwärmt. Die Förster und Waldarbeiter seien jedenfalls vorbereitet und geschult, sagt der für den Forst zuständige Nationalparkdirektor Thomas Waldenspuhl. Sie sollen den unscheinbaren, dunkelbraunen und nur knapp 4,5 Millimeter große Ips typographus in einem 500 Meter breiten Pufferstreifen zu den angrenzenden Wirtschaftswäldern engmaschig überwachen. Im Staatswald übernehmen dies die staatlichen Förster. Der als Schädling gefürchtete kleine Käfer befällt vor allem die mehr als 60 Jahre alten Fichten. „Im Nationalpark gehört der Borkenkäfer zum Ökosystem“, betont Waldenspuhl. Im Schutzgebiet wird der Winzling deshalb auch nicht bekämpft. Vielmehr hat er dort als „Strukturgestalter“ eine besondere Aufgabe: die toten Bäume bieten den erwünschten Lebensraum für seltene und bedrohte Pilze, Insekten und Vögel.

Borkenkäfermanagement: Beobachten und Bekämpfen

Damit es rund um den Nationalpark weiterhin ruhig bleibt, ist ein effektives Borkenkäfermanagement von immenser Bedeutung. Mit Hochdruck hat die Verwaltung deshalb ein Konzept erstellt. Jörg Ziegler, der Leiter des Fachbereichs Wald und Naturschutz, erläutert dessen Bestandteile: Anhand eines Systems von Fallen, die im Nationalpark und in der Pufferzone in drei Gebieten – Tonbachtal, Ortenau, Schönmünztal – aufgestellt werden, wird das Vorkommen des Borkenkäfers beobachtet. Diese Ergebnisse sollen jedem Interessierten über das Internet zugänglich sein. Darüber hinaus wird die gesamte Pufferzone, immerhin eine Fläche von 1300 Hektar, in verschiedenen Gebiete – „Claims“ – aufgeteilt. Ein Team von zwölf Waldarbeitern kümmert sich um diese Claims, ein Arbeiter betreut jeweils zwei Abschnitte. „Von April bis September wird dort jede Fichte einmal in der Woche kontrolliert“, betont Ziegler. Gesucht wird zum einen nach Klopfspuren von Spechten, zum anderen nach dem Auswurf, den die Käfer hinterlassen. Diese Bohrmehlhäufchen sind ein Zeichen für einen frühen Befall, bei dem die Baumkrone noch grün ist.

Solche „Käferbäume“ werden gekennzeichnet und in einem GPS-System markiert. Im letzten Schritt soll dann am nächsten Tag ein Erntetrupp anrücken und den Baum fällen, spätestens nach 14 Tagen soll das Käferholz aus der Pufferzone entfernt sein. Mit der Forstbehörde Freudenstadt gebe es einen entsprechenden Abnahmevertrag, sagt Ziegler.

Dieses System sei sehr aufwendig, erläutert der Nationalparkdirektor. Eine solch engmaschige Kontrolle gebe es in keinem Wirtschaftswald, das könnte dort auch niemand leisten. Deshalb würden Käferbäume dort meist erst entdeckt, wenn die Kronen der Bäume sich schon rot verfärbt hätten.

Nationalpark sichert sich mit Luftbild-Dokumentation ab

Trotz dieser Anstrengungen, so Waldenspuhls Vorahnung, werde das Großschutzgebiet am Pranger stehen: „Der Nationalpark wird immer schuld sein, wenn der Borkenkäfer sich ausbreitet.“ Doch die Verwaltung will sich wappnen: Einmal jährlich werden Luftbilder mit einer Infrarotkamera gemacht. Entlang der Nationalparkgrenze sollen auf einem jeweils fünf Kilometer breiten Streifen innerhalb und außerhalb des Parks die Käferbäume erfasst und deren Verbreitung dokumentiert werden. Die Borkenkäferbeobachtung werde zudem wissenschaftlich begleitet. „So können wir unsere Arbeit ständig optimieren“, sagt der Nationalparkdirektor.